Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
Lionardo von Stund an viel Glück haben wird (für die Zigeunerin ist es recht leicht solche Sachen zu sagen, denn bei Lionardo sieht man genau dass er alles glaubt). Dann hat das Weib auch die Zukunft des Papstes vorausgesehn und hat gesagt dass er alsbald viel Ungemach leiden und keinen guten Tod haben wird, und wird in allen kommenden Jahrhunderten verrufen sein.
Nach der Zigeunerin haben wir einen kleinen Rundgang nah bei der Herberge gemacht, und Lionardo hat einen Laden gesehen mit Büchern und Drucken und Karten von der Geografie und andren Dingen für Leute die gern lesen und hat was gekauft, aber ich hab nicht mal drauf geachtet was das war und bin draußen vor dem Laden geblieben, nemlich die Zigeunerin und ihre Vorhersagen hatten mir die Laune verdorben.
Wenn Lionardo nicht verschwunden wär würd ich sofort nach Fiorenza zurückgehn, und es ist nur mein nimmermüdes Bestreben Euch hier in Rom zu dienen was mich hält, aber ich frage mich trotzdem: War es wirklich nötig dass Lionardo sich in den Dienst vom Valentino gestellt? Wär’s nicht besser gewesen sich so gut wie möglich fernzuhalten von einem so grausamen Mann?
Und ich frag mich was zum Henker ich hier in Rom anstellen soll ohne Lionardo.
Euer ehrerbietigster
Salaì
13.
Inniggeliebter und verehrter Padrone,
eine Nacht mit gutem tiefem Schlafe und ein Spazirgang des Morgens in den Straßen des Viertels die voll sind von schönen Mädchen mit einem Lächeln auf dem Gesicht, das hat genügt um die böse Laune von gestern ganz zu vertreiben. Um es gleich zu sagen, Padrone, endlich hab ich kapiert was diese sonderbare Sprache ist die ich in den vergangnen Tagen sprechen gehört, aber lasst mich der Reihe nach erzählen, sonst geht mir alles durcheinander.
Kurz vor dem Mittagessen bin ich in einer kleinen Kirche nicht weit von der Herberge beten gegangen, und hab ich nach der Messe einen Schwatz mit einem jungen Pfaffen gehalten, und weil der blaue Augen hat und blondes Haar seh ich sofort dass er aus Teutschland kommt, und sag ihm wie’s mich Wunder nimmt dass so viele Teutsche in Rom sind, weil auch in Fiorenza gibt’s zwar viele, und sie arbeiten zum Beispiel als Tuchmacher oder im Wollhandwerk, aber hier in Rom hier wimmelt’s ja gradzu von Teutschen.
Der junge Pfaffe antwortet, na hör mal, mein Junge, siehst du denn nicht, dass ganz Rom teutsch ist? Das erkennt man doch schon an den Namen rings um San Pietro, was die Wohnstatt des Papstes ist, sagt er. Das große Hospital nah bei San Pietro zum Beispiel heißt Sancto Spirito in Saxia, also in Sachsen, denn es wurd gebaut für die Pilger die aus dieser teutschen Gegend kommen. Dort ist auch der Borgo, also das Viertel rund um San Pietro, und das heißt so nach dem deutschen Wort Burg. Die Notare vom Tribunal der Sacra Rota, die Bäcker und die Schuster sind auch alle mehr teutsch als italienisch, und die päpstlichen Medizi kommen ebenfalls oft aus Teutschland. Die Päpste möchten lieber teutsche Medizi haben wie Sixtus IV. sie hatte, Friede seiner Seele, und von uns Teutschen lassen sie sich auch ihre Stuckarbeiten in den Kirchen und in den päpstlichen Palazzi machen, oder die goldnen und silbernen Essbestecke und andre Kostbarkeiten von unsren Goldschmieden, wie dem Nikolaus von Straßburg welcher die herrliche Dekoration der Kapelle des heiligen Andreas in San Pietro gemacht, und ist vor genau drei Jahrn gestorben. Die Glasbläser wo die Fensterscheiben Kirchenfenster und Trinkgläser machen, die kommen auch aus unsren Landen, ja im Grund gibt’s hier in Rom gar keine italienischen Glasbläser nicht, und darum haben wir sogar an der Kirche San Pietro mitgearbeitet, die Fenster zum Beispiel die hat ein Augustinermönch gemacht der einer von uns war, und hieß Levinus, und die von der vatikanischen Bibliothek die haben drei Männer gemacht, Hermann Georg und Konrad geheißen, und außerdem gehören fast alle Wirtshäuser rings um San Pietro unsren Landsleuten. Und wollte man ganz genau sein, dann sag ich dir dass wir sogar die Glocken vom Kastell Sant’Angelo gemacht, und die Uhren in den Kirchen von Rom wie die von Sancta Maria in Aracoeli, und auch die im Turm vom Kapitol, und obendrein die Schlüssel von San Pietro, und die von vielen andren Kirchen und auch noch die von den Festungen des Papstes nahe bei Rom.
Dieweil das Pfäfflein spricht denk ich, verflucht, was er sagt muss wahr sein, zum Beispiel wann ich bei San Pietro gewesen bin, hab ich an der Straße zwei
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