Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
diese Sachen aus der Politik sind Euch, Signior Padrone, gewiss bis zum Überdruss bekannt, grad so als wie mir die Art und Weise, wie Lionardo sich in den Ohren kratzt) alle christlichen Länder aufgerufen einen gemeinsamen Plan gegen die Türcken zu schmieden. Die Könige und die Fürsten haben aber nichtmal geantwortet, also hat der Papst ihre Botschafter zu sich gerufen, und die haben gehorcht, aber sie waren so lahm und unwillig dass sie lieber untereinander streiten wollten als gegen die Türcken, und so hat die Versammlung einen Dreck genützt. Da hat der Papst befohlen dass drei Jahre lang ein Zehntel von den Salären aller Kardinäle Prälaten und Kirchenleute einbehalten werden soll, wie’s schon seit langer Zeit in Ungarn und Polen geschieht, und so hat er einen schönen Berg Geld zusammengebracht um den Krieg gegen die Ungläubigen zu finanzirn. Und dann hat er zum teutschen Kaiser Maximilian gesagt, er soll auch mal seinen Hintern hochkriegen, und der Kaiser hat die teutschen Fürsten zusammengerufen, nemlich die wo jedes Mal den Kaiser wählen, und hat sie gefragt, nun, wollen wir denn gar nichts tun? Die Fürsten antworten, aber klar, warum nicht, jetzt unternehmen wir auch was, und haben ihm versprochen sie würden Soldaten anwerben und Geld sammeln etcetera, doch nach neun Monaten war noch immer nichts passirt. Letztes Jahr im September hat dann auch der Doge von Venedig den Kaiser Maximilian gebeten was für den Kampf gegen die Türcken zu tun, und der Kaiser hat geantwortet, jaja, natürlich, jetzt helfen wir Teutschen euch auch einmal, und hat viele Versprechungen gemacht, aber auch diesmal ist nichts dabei herausgekommen. Da hat der Papst befohlen dass vom Sonntag dem neunten August an jeden Tag um zwölf Uhr die Kirchenglocken geläutet werden und die Gläubigen für die Rettung der Christenheit beten müssen, und sieh mal einer an, zufällig haben die Türcken grad an dem Tag eine kleine Stadt erobert die den Venezianern gehört und liegt in Griechenland in einer Gegend die heißt Peloppones, oder so ähnlich, und haben Hunderte von Männern abgestochen und Hunderte von Frauen und Kindern vergewaltigt oder gefangen genommen, und von dem Tag an haben alle kapirt dass der Papst wirklich der einzige ist der ernsthaft was gegen die Türcken unternehmen will.
An der Stelle bin ich ganz aufgeregt geworden, Signior Padrone, denn schon wieder verbinden sich die beiden Nachforschungen (nemlich meine über die Verrätereien von Lionardo und die von Lionardo über die Verleumder vom Papst) zu einer einzigen Angelegenheit, wo zur Abwechselung schon wieder mal die Teutschen im Spiel sind, nemlich die Fucker. Dann hat der armenische Pater mir noch sowas in der Art gesagt wie, nun, mein Junge, du glaubst hoffentlich nicht dass ich dir diese Dinge nur aus Freundschaft erzähle, denn hier gibt’s massenweise Seelen zu versorgen, und wir müssen Opfer bringen, denn unter andrem haben die Türcken uns Armenier ja aus unsrer Heimat verjagt und darum sind wir alle geflohn, die einen nach Venedig die andren nach Rom. Kurzum der armenische Pater erwartet einen Lohn für die Sachen die er mir berichtet, doch ich verabschiede mich sofort und mach ein Gesicht wie wenn ich nichts verstanden hätt, denn inzwischen, Signior Padrone, hab ich kaum mehr Geld um mir was zu essen zu kaufen, und wo wir grad dabei sind erlaubt mir eine Frage, nemlich wann kommt der Vorschuss auf meinen Lohn um den ich Euch schon seit langer Zeit bitte?
Euer pflichtgetreuer
Salaì
44.
Hochwohlgeborener Padrone,
nehmt’s mir nicht übel die Art und Weise wie ich den letzten Brief beendet, aber ich dacht mir, wenn ich die wichtigste Frage an den Schluss setze erinnert Ihr Euch vielleicht eher und besser daran, und das hab ich für Euch getan, damit das klar ist, nicht für mich, weil ich würd mir niemals erlauben Euch dran zu erinnern dass mir das Geld fehlt wie dem Mann in der Wüste das Wasser, und wenn der Mensch mit den Beuleiern und all die andren denen ich Geld schuld mich totschlagen so werdet Ihr mächtig Scherereien und mich auf dem Gewissen haben, aber das hab ich Euch jetzt nicht gesagt, oh nein.
Nach dem Gespräch mit dem armenischen Pater bin ich in die Herberge zurück um meine Augen auszuspülen die mir immer noch saumäßig wehtun und kann sie fast nicht bewegen. Erst hab ich die Zeichnung von Lionardos Brücke in sein Zimmer gelegt wo sie vorher war, dann bin ich in meine Kammer gegangen, aber hab sie nur wie durch ein
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