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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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bleiben!
    Plötzlich tauchte Spendius auf, ohne dass man hätte erraten können, aus welcher Richtung.
    Der einstige Sklave hatte sich einen seiner Schenkel mit zwei Bruchstücke einer Lanze geschient. Er hinkte jämmerlich und stieß Klagelaute aus.
    Matho sah ihn an. „Ich weiß schon, dass du ein Held bist!“ Die Ungerechtigkeit des Schicksals hatte ihn so niedergebeugt, dass er nicht mehr die Kraft hatte, sich über Menschen zu entrüsten.
    Spendius winkte ihm und führte ihn zu einer Höhle im Hang, wo sich Zarzas und Autarit verborgen hielten.
    Sie waren beide wie der Sklave geflohen, der eine trotz seiner Blutgier, der andere trotz seiner Tapferkeit. Wer hätte denn, meinten sie, den Verrat des Naravas, den Brand im Lager der Libyer, den Verlust des Zaimphs, Hamilkars plötzlichen Angriff und vor allem seine geschickten Manöver ahnen können, durch die er die Söldner in den Kessel hinab gelockt hatte, um sie dann über den Haufen zu rennen? Spendius gestand seine Feigheit nicht ein und beharrte darauf, dass er ein zerschmettertes Bein habe.
    Schließlich begannen die drei Führer und der Schalischim eine Beratung, was nunmehr zu tun sei.
    Hamilkar verlegte ihnen den Weg nach Karthago. Sie waren zwischen seinem Heer und dem Gebiet des Naravas eingeschlossen. Die tyrischen Städte würden sich zweifellos dem Sieger anschließen. Dadurch drängte man die Söldner gegen die Küste, um sie mit vereinten Kräften zu vernichten.
    Es gab kein Mittel, einen Kampf zu vermeiden. Folglich mussten sie ihn bis aufs Äußerste fortsetzen. Aber wie sollten sie die Notwendigkeit eines endlosen Krieges ihren entmutigten, aus frischen Wunden blutenden Leuten begreiflich machen?
    â€žIch übernehme es!“ rief Spendius.
    Zwei Stunden später kam ein Mann aus der Richtung von Hippo-Diarrhyt in raschem Lauf den Berg herauf. Hoch in der Hand schwenkte er eine Schreibtafel. Da er laut schrie, umringten ihn die Barbaren sofort.
    Die Tafel kam von den griechischen Söldnern in Sardinien. Sie empfahlen ihren Kameraden in Afrika, Gisco und die anderen Gefangenen gut zu bewachen. Ein Kaufmann aus Samos, ein gewisser Hipponax, der von Karthago gekommen sei, habe ihnen mitgeteilt, dass ein Handstreich in Vorbereitung sei, um sie zu befreien. Man rate deshalb den Barbaren, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Die Republik sei allmächtig.
    Das war nur eine List des Spendius, und sie glückte zunächst nicht in dem Maße, wie er gehofft hatte. Die Aussicht auf neue Gefahr erregte nur Schrecken, anstatt Wut zu entfachen. Man erinnerte sich der Drohung, die Hamilkar vor kurzem mitten unter sie geworfen hatte, und erwartete etwas Unvorhergesehenes, Entsetzliches. Die Nacht verlief in lauter Angst. Viele warfen sogar ihre Waffen ab, um den Sufeten mild zu stimmen, wenn er erscheinen würde.
    Am nächsten Tage um die dritte Wache erschien ein zweiter Bote, noch atemloser und mit noch mehr Staub bedeckt. Der Grieche riss ihm eine Papyrusrolle mit phönizischen Schriftzeichen aus der Hand. Man beschwor darin die Söldner, den Mut nicht zu verlieren. Die Tapfern von Tunis würden ihnen mit großer Verstärkung zu Hilfe kommen.
    Spendius las den Brief an Ort und Stelle dreimal hintereinander vor. Dann ließ er sich von zwei Kappadokiern auf den Schultern herumtragen und verlas ihn überall. Sieben Stunden lang hielt er Ansprachen. Er erinnerte die Söldner an die Versprechungen des Großen Rates, die Afrikaner an die Grausamkeiten der Statthalter, alle Barbaren an die Unredlichkeit Karthagos. Die Milde des Sufeten sei ein Köder, um sie zu fangen. Wer sich freiwillig ergäbe, der würde als Sklave verkauft, im Gefecht Besiegte aber unter Martern hingerichtet. Man rede von Flucht? Auf welchem Weg denn? Kein Stamm würde sie durchmarschieren lassen. Dagegen könnten sie bei Fortsetzung des Krieges Freiheit, Rache und Reichtum erringen! Lange brauchten sie darauf nicht zu warten, denn schon eile ihnen Tunis und ganz Libyen zu Hilfe. Er hielt den aufgerollten Papyrus hoch.
    â€žSeht her! Lest! Hier sind ihre Versprechungen! Ich lüge nicht!“
    Hunde mit blutbefleckten schwarzen Schnauzen schwärmten umher. Die Mittagssonne brannte auf die bloßen Köpfe. Widriger Geruch stieg von den ungenügend verscharrten Leichen auf. Einige ragten bis zur Hälfte aus der Erde empor. Spendius rief sie zu Zeugen für die Wahrheit seiner

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