Salambo
Worte an. Sodann streckte er die Fäuste gegen Hamilkar aus.
Er wusste, dass ihn Matho beobachtete, und so trug er, um seine Feigheit zu bemänteln, eine Begeisterung zur Schau, in die er sich nach und nach wirklich hineinredete. Er weihte sich den Göttern und häufte Flüche auf Karthago. Die Hinrichtung der Gefangenen sei nicht schlimm. Warum sie schonen und dieses unnütze Pack immer mit sich herumschleppen? âAuf keinen Fall! Man muss ihnen den Garaus machen! Wir wissen ja, was sie vorhaben! Ein einziger kann uns verderben! Kein Mitleid! Wer ein ganzer Kerl ist, der renne, was er kann, und haue nach Leibeskräften auf sie ein!â
Da stürzte man sich abermals auf die Gefangenen. Mehrere röchelten noch. Man gab ihnen den Rest, indem man ihnen mit dem Absatz in den Mund trat oder sie mit Lanzenspitzen abstach.
Gisco fiel ihnen ein. Man erblickte ihn nirgends. Unruhe und Verwirrung nahmen überhand. Man wollte sich von seinem Tod überzeugen und zugleich daran teilhaben. Endlich entdeckten ihn drei samnitische Hirten fünfzehn Schritt von der Stelle, wo Mathos Zelt gestanden hatte. Sie erkannten ihn an seinem langen Bart und riefen die anderen.
Er lag auf dem Rücken, die Arme an den Körper gedrückt und die Beine geschlossen, wie ein Toter, der begraben werden soll. Doch seine mageren Seiten hoben und senkten sich noch und seine weit geöffneten Augen starrten aus dem totenbleichen Antlitz in grässlicher Weise immerfort geradeaus.
Die Barbaren betrachteten ihn zuerst mit groÃem Erstaunen. Seit er in der Grube lebte, hatte man ihn fast vergessen. Jetzt, im Banne alter Erinnerungen, blieb man in einiger Entfernung von ihm stehen und wagte nicht, Hand an ihn zu legen.
Doch die Hintenstehenden murrten und drängten vorwärts, bis ein Garamant die Menge durchschritt. Er schwang eine Sichel. Alle verstanden seine Absicht. Die Gesichter röteten sich, und voll Scham über ihre eigene Feigheit brüllten alle: âJa! ja!â
Der Mann mit dem krummen Eisen näherte sich Gisco. Er ergriff den Kopf des Greises, legte ihn auf sein Knie und hackte ihn mit raschen Schnitten ab. Giscos Haupt fiel zu Boden. Zwei groÃe Blutströme bohrten ein Loch in den Staub. Zarzas stürzte sich auf den abgeschnittenen Kopf und sprang damit leichtfüÃiger als ein Leopard auf das Lager der Karthager zu.
Als er zwei Drittel des Berghanges hinter sich hatte, zog er Giscos Kopf am Barte hervor, kreiste mit seinem Arm mehrmals durch die Luft und lieà dann den Kopf fliegen. Er beschrieb einen weiten Bogen und verschwand hinter der punischen Verschanzung. Bald darauf erhoben sich über den Pfählen des Walles zwei gekreuzte Fahnen, das übliche Zeichen, dass man die Toten zurückfordere.
Da zogen vier besonders ausgewählte hünenhafte Herolde der Karthager mit groÃen Trompeten hinaus und erklärten, durch die ehernen Tuben sprechend, dass es fortan zwischen Karthagern und Barbaren weder Treu und Glauben, noch Mitleid, noch Götter gäbe, dass man im voraus alle Unterhandlungen ablehne und jeden Unterhändler mit abgeschnittenen Händen zurückschicken würde.
Unmittelbar darauf schickte man Spendius nach Hippo-Diarrhyt, um Lebensmittel zu holen. Die tyrische Stadt sandte diese noch am selben Abend. Man aà gierig. Dann, als sich alle gestärkt hatten, rafften die Söldner eilends die Reste ihres Gepäcks und ihre zerbrochenen Waffen zusammen. Die Weiber in die Mitte genommen und ohne Erbarmen gegen die Verwundeten, die ihnen nachschrien, marschierten sie in flottem Tempo dem Meer zu, wie ein Rudel abziehender Wölfe.
Sie gingen auf Hippo-Diarrhyt los, fest entschlossen, es einzunehmen, denn sie brauchten eine Stadt.
*
Als Hamilkar Berichte von dem Abmarsch hörte, war er sehr ärgerlich, trotz des stolzen Gefühls, das ihm diese Flucht bereitete. Er hätte auf der Stelle mit frischen Truppen angreifen wollen. Noch ein solcher Tag und der Krieg wäre zu Ende! Zog er sich aber noch länger hin, so würden die Barbaren verstärkt zurückkommen. Auch konnten sich die tyrischen Städte ihnen anschlieÃen. Seine Milde gegen die Besiegten hatte nichts genutzt. Er fasste den Entschluss, fortan unbarmherzig zu sein. Noch am gleichen Abend sandte er dem GroÃen Rate ein Dromedar, das mit den Armbändern der Gefallenen beladen war, und befahl unter den fürchterlichsten Drohungen, ihm Verstärkung zu
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