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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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blutigem Schlamm und bissen vor Wut in ihre verstümmelten Fäuste. Dreiundvierzig Samniter, ein ganzer „heiliger Frühling“, mordeten einander wie Gladiatoren. Bald fehlte Holz für die Scheiterhaufen. Die Flammen erloschen. Alle Gräber waren voll. Müde vom Schreien, erschöpft und schwach, schliefen die Lebendigen neben ihren toten Kameraden ein, die einen mit dem Wunsch, am Leben bleiben zu wollen, und sei es in Angst und Not, die anderen, um am liebsten nicht wieder zu erwachen.
    *
    Beim Morgengrauen erschienen in der Nähe der lagernden Barbaren Soldaten, die vorüber marschierten, ihre Helme auf den Spitzen ihrer Lanzen. Sie grüßten ihre Waffengenossen und fragten sie, ob sie nichts in ihrer Heimat zu bestellen hätten. Andere Trupps kamen näher heran. Man erkannte alte Gefährten.
    Der Sufet hatte allen Gefangenen angeboten, in sein Heer einzutreten. Manche hatten sich mutig geweigert, und da er fest entschlossen war, sie weder zu ernähren noch dem Großen Rat auszuliefern, so hatte er sie mit dem Befehl heimgeschickt, nicht mehr gegen Karthago zu kämpfen. An die aber, welche die Furcht vor dem Foltern gefügig machte, hatte man die Waffen der Besiegten verteilt, und nun zeigten sie sich ihren alten Kameraden, weniger um sie zum Abfall zu verleiten, als in einer Anwandlung von Übermut und Neugier.
    Zunächst erzählten sie von der guten Behandlung durch den Marschall. Die Rebellen hörten ihnen zu und beneideten sie, obwohl sie die Feiglinge verachteten. Doch bei den ersten Worten des Vorwurfs gerieten jene in Wut. Sie zeigten ihnen von weitem ihre eignen Schwerter, ihre Harnische und forderten sie unter Schmähungen auf, sie sich doch wieder zu holen. Die Rebellen griffen nach Steinen. Da entflohen die Spötter. Bald sah man nur noch die Lanzenspitzen über dem Höhenkamm.
    Jetzt ergriff die Barbaren ein Schmerz, der sie mehr niederdrückte als die Demütigung ihrer Niederlage. Sie vergegenwärtigten sich das Nutzlose ihres Mutes. Zähneknirschend starrten sie vor sich hin.
    Allen kam derselbe Gedanke. Sie stürzten sich in wilder Wut auf die gefangenen Karthager. Die Soldaten des Sufeten hatten sie durch Zufall nicht entdeckt, und als er das Schlachtfeld verließ, befanden sie sich noch immer in der Grube.
    Man legte sie auf einer ebenen Stelle platt auf den Boden. Posten bildeten einen Kreis um sie. Dann ließ man die Weiber kommen, je dreißig bis vierzig auf einmal. Sie wussten, dass man ihnen nicht viel Zeit gewährte, und so liefen sie erst unentschlossen und aufgeregt von einem zum anderen, dann aber beugten sie sich über die Gefangenen und schlugen sie aus Leibeskräften. Die Namen ihrer Männer heulend, zerrissen sie ihnen mit den Fingernägeln die Haut und stachen ihnen mit ihren Haarnadeln die Augen aus. Dann kamen die Männer und marterten die Unglücklichen von den Füßen, die sie ihnen an den Knöcheln abhieben, bis zur Stirn, aus der sie kranzartige Hautstücke herausschnitten, die sie sich um den Kopf schlangen. Insbesondere waren die Esser unreiner Speisen erfinderisch in Grausamkeiten. Sie vergifteten die Wunden, indem sie Staub, Essig und Topfscherben hineinpressten. Hinter ihnen standen schon wieder andere und warteten. Das Blut floss in Strömen, und die Peiniger ergötzten sich daran wie Winzer an ihren Keltern.
    Matho saß immer noch am Boden, an der gleichen Stelle, wo er sich nach der Schlacht hingesetzt hatte, die Ellbogen auf die Knie gestemmt, die Schläfen in den Händen. Er sah nichts, hörte nichts, dachte nichts.
    Bei dem Freudengeheul, das die Menge ausstieß, blickte er auf. Vor ihm, auf einer Stange, flatterte ein Stück Leinwand, dessen Ende die Erde streifte. Darunter lagen Körbe, Decken und ein Löwenfell in buntem Durcheinander. Er erkannte sein Zelt, und seine Augen bohrten sich in den Boden, als ob dort Hamilkars Tochter in die Erde versunken wäre.
    Die zerrissene Leinwand wehte im Wind, und zuweilen berührte der wehende Fetzen sein Gesicht. Da bemerkte er ein rotes Zeichen, offenbar den Abdruck einer Hand. Es war Naravas' Hand, das Zeichen ihres einstigen Bundes. Matho sprang auf. Er nahm ein glimmendes Stück Holz, das auf dem Boden lag, und warf es verächtlich in die Reste seines Zeltes. Dann stieß er mit der Spitze seines Stiefels allerlei verstreut umher liegende Gegenstände in die Flammen. Es sollte nichts übrig

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