Salambo
Er antwortete mit einem Blick, der kälter und schwerer war als das Beil eines Henkers. Der Sklave sank ohnmächtig in den Staub. Hamilkar schritt über ihn hinweg.
Die drei schwarz gekleideten Männer erwarteten ihn stehend in der groÃen Halle des Verwaltungshauses. Sofort zerriss Hamilkar sein Gewand und sank mit einem schrillen Aufschrei auf die Steinfliesen.
âAch, armer kleiner Hannibal! O mein Sohn! Mein Trost! Meine Hoffnung! Mein Leben! Tötet mich mit! Nehmt auch mich! Wehe! Wehe!â
Er zerriss sich das Gesicht mit den Nägeln, raufte sich die Haare und heulte wie die Klageweiber bei einem Begräbnis.
âFührt ihn doch fort! Ich leide zu sehr! Geht! Fort! Tötet mich wie ihn!â
Die Schergen Molochs waren betroffen, den groÃen Hamilkar so schwach zu sehen. Sie wurden fast gerührt.
Da hörte man den Tritt nackter FüÃe und ein stoÃweises Röcheln, das dem Schnaufen eines heranjagenden wilden Tieres glich. Auf der Schwelle der Haupttür erschien der bleiche, verstörte Mensch, streckte die Arme aus und schrie: âMein Kind!â
Hamilkar warf sich mit einem Satz auf den Sklaven, verschloss ihm den Mund mit seinen Händen und überschrie ihn: âDas ist der alte Mann, der meinen Sohn erzogen hat! Er nennt ihn sein Kind! Er wird wohl nun seinen Verstand ganz verlieren! Machen wir ein Ende!â
Damit drängte er die drei Priester und ihr Opfer an den Schultern zum Ausgang, trat mit ihnen hinaus und warf die Tür hinter sich mit einem mächtigen FuÃtritt zu.
Eine Weile noch lauschte er aufmerksam, denn er fürchtete, die drei könnten zurückkommen. Dann dachte er daran, den Sklaven zu beseitigen, um seines Schweigens sicher zu sein. Die Gefahr war noch nicht völlig vorüber, aber ein Mord konnte durch den Zorn der Götter auf das Haupt seines Sohnes zurückfallen. Da änderte er seinen Plan und sandte dem Sklaven durch Taanach die besten Speisen aus der Küche: ein Stück Bockfleisch, Bohnen und eingemachte Granatäpfel. Der Unglückliche, der lange nichts gegessen hatte, stürzte sich darauf. Seine Tränen fielen in die Schüsseln.
Endlich kehrte Hamilkar zu Salambo zurück und löste Hannibals Fesseln. Der aufgeregte Knabe biss ihm die Hand blutig. Der Sufet wehrte ihn mit einer Liebkosung ab.
Damit er sich ruhig verhalte, wollte ihn Salambo einschüchtern, indem sie ihm von Lamia, einer Menschenfresserin aus Kyrene, erzählte.
âWo ist sie denn?â fragte der Knabe.
Nun erzählte man ihm, es seien Räuber da gewesen, um ihn einzukerkern. Er erwiderte: âMögen sie kommen! Ich töte sie!â
Da sagte ihm Hamilkar die furchtbare Wahrheit. Hannibal aber wurde gegen seinen eigenen Vater zornig und behauptete, als Karthagos Herr könne er doch das ganze Volk ausrotten.
SchlieÃlich fiel der Kleine, von Anstrengung und Aufregung erschöpft, in einen unruhigen Schlaf. Er redete im Traum. Mit dem Rücken auf einem Scharlachkissen, den Kopf etwas hintenüber, machte sein ausgestrecktes Ãrmchen eine gebieterische Gebärde.
Als es finstere Nacht geworden, hob ihn Hamilkar behutsam auf und stieg ohne Fackel die Galeerentreppe hinab. Er ging durch das Verwaltungshaus und nahm einen Korb Weintrauben und einen Krug klaren Wassers mit. Vor dem Standbild des Aletes erwachte das Kind im Edelsteingewölbe und lächelte â ganz wie das Kind des Sklaven â auf dem Arm seines Vaters beim Glanz der Pracht ringsumher.
Jetzt war Hamilkar sicher, dass man ihm seinen Sohn nicht rauben würde. Der Ort war unzugänglich und stand durch einen unterirdischen Gang, den er allein kannte, mit der Küste in Verbindung. Er blickte sich um und holte tief Atem. Dann setzte er den Knaben auf einen Schemel neben den goldenen Schilden.
Niemand sah ihn hier. Er brauchte nicht mehr besorgt zu sein. Das erleichterte ihm das Herz. Wie eine Mutter, die ihren verlorenen Erstgeborenen wieder findet, warf er sich auf seinen Sohn, drückte ihn an seine Brust, lachte und weinte zugleich, gab ihm die zärtlichsten Namen und bedeckte ihn mit Küssen. Der kleine Hannibal, von dieser wilden Zärtlichkeit erschreckt, blieb ganz still.
Mit Diebesschritten kehrte Hamilkar zurück, indem er sich an den Mauern entlang tastete. So gelangte er in die groÃe Halle, in die das Mondlicht durch einen Spalt in der Kuppel hereinfiel. In der Mitte lag der gesättigte Sklave
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