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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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Ertrag der Seeräuberei durch Wuchergeschäfte noch vermehrten und den Grund und Boden, die Sklaven und Armen maßlos ausbeuteten, waren viele zu Reichtum gelangt. Nur Reiche konnten in die obersten Staatsämter kommen; und wiewohl sich die Macht in den Geschlechtern vererbte, beließ man es doch bei der Oligarchie, und ein jeder hoffte empor zu kommen.
    Es gab, entsprechend den dreihundert Geschlechtern, einen Großen Rat aus dreihundert Patriziern, von denen dreißig den Rat der Alten bildeten, die sogenannte Gerusia. Daneben existierte ein Staatsgerichtshof, das Kollegium der Hundertmänner. Auch diese waren Ratsmitglieder, repräsentierten aber eine Behörde für sich und war von beträchtlichem Einfluss auch auf den Rat. Die Hundertmänner wurden von den beiden Pentarchien gewählt, die aus je fünf Ratsmitgliedern bestanden. Die beiden alljährlich aus der Gerusia neugewählten Sufeten waren Schattenkönige, die weniger Macht hatten als die Konsuln in Rom. Man entzweite sie durch allerlei Niedertracht, damit sie sich gegenseitig schwächten. Sie durften nicht mit über den Krieg beraten. Erlitten sie aber Niederlagen, so ließ der Große Rat sie kreuzigen.
    Karthagos innerste Kraft ging von den Syssitien aus, das heißt von der Versammlung in einem großen Hof im Mittelpunkt von Malka, an der Stelle, wo nach der Überlieferung einst die erste Barke mit phönizischen Matrosen gelandet war. Seitdem war das Meer weit zurückgetreten. Dort gab es eine Reihe kleiner Blockhäuser von altertümlicher Bauart, aus Palmenholz mit steinernen Ecken. Sie waren voneinander getrennt, um die Einzelverbände separat aufzunehmen. Die Patrizier hielten sich dort massenweise den ganzen Tag über auf, um ihre Angelegenheiten und die der Regierung zu besprechen, vom Kurs des Pfeffers bis zur Vernichtung Roms. Dreimal im Monat ließen sie ihre Ruhebetten auf die Plattform hinaufschaffen, die entlang der Hofmauer hinlief. Von unten sah man sie dann hoch oben an der Tafel sitzen, ohne Stiefel und Mäntel, mit diamantgeschmückten Händen, die über die Leckereien glitten, mit großen Ohrgehängen, alle stark und wohlbeleibt, halbnackt, fröhlich, lachend und in freier blauer Luft schmausend, wie sich große Haifische im Meer ergötzen.
    Jetzt freilich konnten sie ihre Besorgnis nicht verhehlen: sie waren allzu bleich. Die Menge erwartete sie an den Pforten und begleitete sie bis zu ihren Palästen, um ihnen Neuigkeiten zu entlocken. Wie in Pestzeiten waren alle Häuser geschlossen. Die Straßen füllten und leerten sich stoßweise. Man stieg zur Akropolis hinauf. Man lief zum Hafen. Nacht für Nacht hielt der Große Rat Versammlungen ab. Schließlich wurde das Volk auf den Khamon-Platz berufen, und man beschloss, sich an Hanno zu wenden, den Eroberer von Hekatompylos.
    Er war ein bigotter, verschlagener Mann, schonungslos gegen die Afrikaner, ein Erzkarthager. Seine Einkünfte kamen denen der Barkiden gleich. Niemand besaß so viel Erfahrung in Verwaltungsangelegenheiten wie er.
    Er befahl die Aushebung aller waffenfähigen Bürger, ließ Schleudern auf den Türmen aufstellen und brachte große Waffenvorräte zusammen. Sogar den Bau von vierzehn Schlachtschiffen ordnete er an, die man in dieser Situation gar nicht nötig hatte. Er verlangte, dass alles sorgfältig verbucht und beurkundet wurde.
    Er ließ sich nach dem Arsenal, nach dem Leuchtturm, zu den Tempelschätzen tragen. Immerfort sah man seine große Sänfte die Treppen zur Akropolis Stufe um Stufe empor schwanken. Nachts in seinem Palast, wenn er nicht schlafen konnte, brüllte er mit furchtbarer Stimme Kommandos, um sich auf den Krieg vorzubereiten.
    Die übertriebene Furcht machte die ganze Stadt waffenlustig. Schon beim ersten Hahnenschrei versammelten sich die Patrizier längs der Straße der Mappalier und übten sich im Lanzenfechten. Doch da es an Exerziermeistern fehlte, gab es öfters Streitereien. Von Zeit zu Zeit setzte man sich erschöpft auf die Gräber, dann begann man von Neuem. Manche unterwarfen sich sogar einer bestimmten Lebensweise. Die einen bildeten sich ein, dass man viel essen müsse, um Kräfte zu bekommen, und aßen übermäßig. Andere, von ihrer Körperfülle belästigt, fasteten, um magerer zu werden.
    Utica hatte von Karthago schon mehrfach Hilfe erbeten. Aber Hanno wollte nicht

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