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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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ausrücken, solange auch nur eine Schraube noch an den Kriegsmaschinen fehlte. Er verlor allein drei Monate mit der Ausrüstung der hundertundzwölf Elefanten, die in Kasematten untergebracht waren. Es waren die Überwinder des Regulus. Das Volk liebte sie. Man konnte diese alten Freunde gar nicht gut genug behandeln. Hanno ließ die Erzplatten umschmelzen, mit denen man ihre Brust panzerte, ihre Stoßzähne vergolden, ihre Türme vergrößern und die schönsten Purpurdecken mit schweren Fransen für sie anfertigen. Zu guter Letzt befahl er, ihre Führer, die man Indier nannte, alle nach fremder Sitte zu kleiden, mit weißen Turbanen und baumwollenen Pumphosen, die sich ihnen wie Austerschalen um die Hüften bauschten.
    Autarits Heer lagerte noch immer vor Tunis, gedeckt durch einen Wall, der aus dem Schlamm des Haffs aufgeworfen und auf seinem Kamm mit Hecken als Hindernis versehen worden war. Hier und da hatten die Neger hohe Stangen oben aufgepflanzt und Popanze mit Menschenfratzen, Vogelfedern und Schakal- oder Schlangenköpfen daran gehängt, die dem Feind entgegengrinsten und ihn erschrecken sollten. Dadurch dachten die Barbaren, sie seien unbesiegbar. Sie tanzten und rangen miteinander und machten Gauklerkunststücke, fest überzeugt, dass Karthago dem baldigen Untergang geweiht sei. Jeder andere als Hanno hätte diese Soldateska, die durch einen Vieh- und Weibertross in ihrer Bewegungsfreiheit behindert war, mit einem Schlage vernichtet. Davon abgesehen, war sie taktisch völlig ungeschult. Autarit verlor alle Lust und verlangte schließlich gar nichts mehr von seinen Leuten.
    Man wich ihm aus, wenn er, seine großen blauen Augen rollend, vorüber schritt. Am Ufer des Haffs angelangt, zog er seinen Waffenrock aus Robbenhaar aus, löste das Band, das seine langen roten Haare zusammenhielt, und tauchte sie ins Wasser. Es tat ihm jetzt leid, dass er damals nicht mit den zweitausend Galliern im Tempel auf dem Eryx zu den Römern übergegangen war.
    Oft verlor die Sonne mitten am Tage ihren Strahlenglanz. Dann brütete der Golf und das offene Meer unbeweglich wie geschmolzenes Blei. Eine braune lotrecht aufsteigende Staubwolke trieb wirbelnd heran. Die Palmen bogen sich, der Himmel schwand. Man hörte Steine gegen die Rücken der Tiere schlagen. Dann röchelte der Gallier, die Lippen an die Löcher seines Zeltes pressend, vor Erschöpfung und Schwermut. Er träumte vom Herbstmorgenduft der Weiden, von Schneeflocken, vom Gebrüll der im Nebel umherirrenden Auerochsen; und indem er die Augen schloss, glaubte er in länglichen strohgedeckten Hütten im Waldesgrunde Herdfeuer glimmen und ihren Schein über das Moor hinhuschen zu sehen.
    Noch andere als er sehnten sich nach ihrer Heimat, obwohl sie ihnen nicht so fern lag. Die gefangenen Karthager konnten nämlich jenseits des Golfes an den Hängen des Burgberges die über die Höfe gespannten Zeltdächer ihrer Häuser sehen. Aber sie wurden ständig von Wachen umkreist. Man hatte sie alle an eine gemeinsame Kette geschmiedet. Jeder trug ein Halseisen. Die Menge wurde nicht müde, sie anzugaffen. Die Weiber zeigten den kleinen Kindern ihre einstmals schönen Gewänder, die nun längst zerfetzt um ihre abgemagerten Glieder hingen.
    Jedes Mal, wenn Autarit den Gisco erblickte, ergriff ihn von neuem Wut über die ihm angetane Beschimpfung. Ohne den Schwur, den er Naravas geleistet, hätte er ihn getötet. In solcher Stimmung kehrte der Gallier in sein Zelt zurück, trank ein Gemisch aus Gerste und Kümmel, bis er sinnlos betrunken war, und erwachte erst wieder am hellen Tage, mit einem furchtbaren Durst.
    *
    Matho belagerte zur gleichen Zeit Hippo-Diarrhyt.
    Die Stadt war durch einen See geschützt, der mit dem Meer in Verbindung stand. Sie besaß drei Wälle, und auf den Höhen, die sie beherrschten, zog sich überdies eine mit Türmen verstärkte Mauer hin. Matho hatte noch niemals eine derartige Belagerung geleitet. Dazu peinigte ihn immerfort der Gedanke an Salambo. Er träumte von ihrer Schönheit. In Wonnen wollte sich sein Stolz an ihr rächen. Es war ein qualvolles, wildes, endloses Begehren. Er dachte sogar daran, sich als Unterhändler anzubieten, in der Hoffnung, wenn er erst in Karthago wäre, auch bis zu ihr zu gelangen. Mehrfach ließ er zum Sturm blasen und rannte, ohne abzuwarten, auf den Damm, den man im Meer

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