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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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wie Schwertgeklirr.“
    Hamilkar neigte das Haupt, ergriffen von diesem Vorzeichen künftiger Größe.
    â€žAber seit einiger Zeit quält ihn Unruhe. Er schaut immer nach den Segeln, die in der Ferne vorüber ziehen. Er ist trübsinnig, will nicht essen, fragt nach den Göttern und will Karthago kennen lernen ...“
    â€žNein, nein! Noch nicht!“ rief der Sufet.
    Der alte Sklave schien die Gefahr zu kennen, die Hamilkar schreckte, und er fuhr fort: „Wie soll ich ihn zurückhalten? Schon muss ich ihm Versprechungen machen, und ich bin nur nach Karthago gekommen, um ihm einen Dolch mit einem silbernen perlenbesetzten Griff zu kaufen.“ Dann erzählte er noch, dass er den Sufeten auf der Terrasse erblickt und sich bei den Hafenwächtern für eine der Frauen Salambos ausgegeben hätte, um zu ihm zu gelangen.
    Lange blieb Hamilkar in Nachdenken versunken. Endlich sagte er: „Morgen bei Sonnenuntergang wirst du dich in Megara hinter der Purpurfabrik einfinden und dreimal den Schrei des Schakals nachahmen. Siehst du mich nicht, dann kehrst du am ersten Tage in jedem Mond nach Karthago zurück. Vergiss das nicht! Pass auf ihn auf! Jetzt darfst du ihm von Hamilkar erzählen.“
    Der Sklave legte seine Verkleidung wieder an, und sie verließen zusammen das Haus und den Hafen.
    Hamilkar schritt zu Fuß und ohne Begleitung weiter, denn die Versammlungen der Alten waren bei außergewöhnlichen Umständen stets geheim, und man begab sich möglichst unauffällig dahin.
    Zuerst schritt er an der Ostseite der Akropolis entlang, ging dann über den Gemüsemarkt, durch die Galerien von Kinisdo und das Stadtviertel der Spezereienhändler. Die wenigen Lichter erloschen, eins nach dem anderen. Die breiteren Straßen wurden still. Alsbald huschten Schatten durch die Dunkelheit. Sie folgten ihm. Andere kamen dazu, und alle schritten in der Richtung zu der Straße der Mappalier.
    Der Moloch-Tempel stand am Fuß einer steilen Schlucht, an einem unheimlichen Ort. Von unten erblickte man nur endlos emporsteigende Mauern, gleich den Wänden eines ungeheuren Grabmals. Die Nacht war dunkel. Grauer Nebel lastete auf dem Meer, das mit einem röchelnden, jammernden Geräusch gegen die Klippen schlug. Die Schatten verschwanden nach und nach, als seien sie in die Mauern hineingeschlüpft.
    Sobald man das Tor durchschritten, befand man sich in einem weiten viereckigen Hof, der rings von Säulengängen umgeben war. In der Mitte erhob sich ein großes achtseitiges Gebäude, von Kuppeln überragt, die ein zweites Stockwerk umschlossen. Auf ihm thronte eine Art von Rundbau, den ein Kegel mit einer Kugel auf der Spitze abschloss.
    In zylinderförmigen Silberdrahtkörben auf Stangen, die von Männern getragen wurden, brannten Feuer. Bei jähen Windstößen flackerten die Flammen und warfen roten Schein auf die goldenen Kämme, die das geflochtene Haar der Fackelträger im Nacken hielten. Sie liefen hin und her und riefen laut, um die Alten zu empfangen.
    In bestimmten Abständen hockten auf den Steinfliesen – wie Sphinxe – ungeheure Löwen, lebendige Symbole der verzehrenden Sonne. Sie schliefen mit halb geschlossenen Lidern. Die Schritte und Stimmen weckten sie auf. Sie erhoben sich gemächlich und trotteten den Alten entgegen. Sie erkannten sie an ihrer Tracht, rieben sich an ihren Beinen und krümmten unter lautem Gähnen den Rücken. Ihr Atem flog in das flackernde Fackellicht. Das Geräusch nahm zu. Türen schlossen sich.
    Kein Priester war mehr zu sehen. Auch die Alten verschwanden unter den Säulen, die eine tiefe Vorhalle rings um den Tempel bildeten.
    In konzentrischen Reihen angeordnet, stellten diese Säulen die saturnische Periode in der Weise dar, dass die Jahre die Monate und die Monate die Tage umschlossen. Der innerste Säulenkreis stieß an die Mauer des Allerheiligsten.
    Dort legten die Alten ihre Stöcke aus Narwalhorn ab. Ein nie außer acht gelassenes Gesetz bestrafte nämlich jeden mit dem Tod, der in der Sitzung mit irgendeiner Waffe erschien. Mehrere trugen am Saum ihres Gewandes einen Riss, zum Zeichen, dass sie bei der Trauer um den Tod ihrer Angehörigen ihre Kleider nicht geschont hatten. Doch verhinderte ein am Ende des Risses angesetzter Purpurstreifen, dass er größer wurde. Andere trugen ihren Bart in einem Beutel aus veilchenblauem Leder, der mit zwei Bändern an

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