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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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marschbereit, und dennoch rückte Hamilkar nicht aus.
    Oft verließ er Karthago nachts ganz allein und wagte sich über die Lagune hinaus bis zur Mündung des Makar. Suchte er mit den Söldnern Fühlung? Die Ligurer, die in der Straße der Mappalier lagen, schützten sein Haus.
    Die Befürchtungen der Patrizier schienen gerechtfertigt, als man eines Tages dreihundert Barbaren den Mauern näher kommen sah. Der Sufet öffnete ihnen die Tore. Es waren Überläufer. Sie kehrten zu ihrem General zurück, von Furcht oder Treue getrieben.
    Hamilkars Rückkehr hatte die Söldner keineswegs überrascht. Dieser Mann konnte in ihrer Vorstellung überhaupt nicht sterben. Er kehrte endlich zurück, um sein Versprechen zu erfüllen. Das war eine Hoffnung, die nichts Widersinniges für sie hatte. So tief war die Kluft zwischen Volk und Heer. Überdies war man sich keiner Schuld bewusst. Das Gelage hatte man vergessen.
    Aufgegriffene Spione belehrten die Barbaren eines anderen. Das war ein Triumph für die Unzufriedenen, und sogar die Halbherzigen wurden wütend. Dazu kam, dass die beiden Belagerungen höchst langweilig wurden. Man kam nicht vorwärts. Eine Schlacht war unumgänglich. Viele hatten sich vom Heer getrennt und durchstreiften das Land. Bei der Kunde von der Aufrüstung der Karthager kehrten sie zurück. Matho tanzte vor Freude. „Endlich! endlich!“ rief er aus.
    Der Groll, den er gegen Salambo hegte, wandte sich nun gegen Hamilkar. Jetzt sah sein Hass ein bestimmtes Opfer vor sich. Und da seine Rachgier vielleicht doch Befriedigung finden konnte, so wähnte er die Beute schon in seinen Händen und weidete sich bereits an ihr. Gleichzeitig wurde er von immer größerer Sehnsucht ergriffen, von immer heftigerer Begierde verzehrt. Bald sah er sich inmitten seiner Soldaten, wie er den Kopf des Sufeten auf einer Pike durch die Luft schwenkte, bald im Schlafgemach auf dem Purpurbett, wo er die Jungfrau an sich drückte, ihr Gesicht mit Küssen bedeckte und mit den Händen über ihr langes schwarzes Haar strich. Er wusste, dass dieser Traum nie Wirklichkeit werden konnte. Das peinigte ihn. Seine Kameraden hatten ihn zum Schalischim ernannt, und so schwor er sich, den Krieg auf das Beste zu leiten. Die Überzeugung, dass er daraus nicht zurückkehren würde, reizte ihn dazu, ihn erbarmungslos führen zu wollen.
    Er kam zu Spendius und sprach zu ihm: „Hole deine Leute zusammen! Ich werde die meinen herbeiführen! Benachrichtige Autarit! Wir sind verloren, wenn Hamilkar uns angreift! Verstehst du mich? Steh auf!“
    Spendius war über dieses gebieterische Gebaren verblüfft. Matho ließ sich gewöhnlich leicht leiten, und wenn er zuweilen auch heftig erregt gewesen war, so war dieser Zustand stets schnell wieder vergangen. Jetzt erschien er ruhig, aber doch unheimlich. Aus seinen Augen loderte ein stolzer Wille, gleich der Flamme eines Opferfeuers.
    Der Grieche hörte nicht auf seine Anweisungen. Er wohnte jetzt in einem perlenbesetzten Punier-Zelt, trank kühle Getränke aus Silberbechern, spielte Kottabos, ließ sein Haar wachsen und leitete die Belagerung mit Muße. Übrigens hatte er geheime Verbindungen in der Stadt angeknüpft. Er dachte gar nicht daran, auszurücken, überzeugt, dass man ihm in wenigen Tagen die Tore öffnen würde.
    Naravas, der zwischen den drei Heeren Streifzüge machte, befand sich gerade bei ihm. Er unterstützte seine Meinung, ja, er tadelte den Libyer, dass er den bisherigen Plan aus Tollkühnheit aufgeben wolle.
    â€žGeh nur wieder, wenn du Furcht hast!“ schrie ihn Matho an. „Du hast uns Pech, Schwefel, Elefanten, Fußvolk und Pferde versprochen! Wo sind sie?“
    Naravas erinnerte ihn daran, dass er Hannos letzte Kompanien vernichtet hatte. Was die Elefanten anbelange, so jage man zurzeit in den Wäldern danach. Das Fußvolk würde mobil gemacht. Die Pferde seien unterwegs.
    Dabei rollte der Numidier seine Augen wie ein Weib, streichelte die Straußenfedern, die ihm auf die Schultern herab wallten, und lächelte in verletzender Weise. Matho wusste ihm nichts zu antworten.
    Da trat ein unbekannter Mann in das Zelt, schweißbedeckt, mit verstörter Miene, blutenden Füßen und offenem Gürtel, ganz außer Atem. In unverständlicher Mundart berichtete er etwas. Dabei riss er die Augen weit auf, als ob er von einer Schlacht

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