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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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nähern. Eine Weile war die ganze Stadt still wie ein Grab. Die Soldaten standen nachdenklich an ihre Lanzen gelehnt. Die Menschen in den Häusern seufzten. Bei Sonnenuntergang rückte das Heer durch das Westtor ab. Anstatt aber den Weg nach Tunis einzuschlagen oder in Richtung auf Utica gegen die Berge zu marschieren, zog man am Meeresufer hin. Bald erreichte man die Lagune, um die herum runde, über und über mit weißem Salz bedeckte Stellen wie riesige Silberschüsseln schimmerten, die man am Strande liegen gelassen hatte.
    Bald mehrten sich die Wasserlachen. Der Boden wurde immer sumpfiger. Hamilkar wandte sich nicht um. Er ritt stets bei der Vorhut, und sein Pferd, das gelb gescheckt war wie ein Drache und Schaum um sich warf, trat geräumigen Schritts immer tiefer in den Morast. Die Nacht sank herab, eine mondlose Nacht. Stimmen jammerten, man renne ins Verderben. Der Sufet entriss den Schreiern die Waffen und gab sie den Trossknechten. Der Schlamm wurde immer tiefer. Man musste die Lasttiere besteigen. Manche klammerten sich an die Schweife der Pferde. Die Starken zogen die Schwachen, und die ligurischen Schwadronen stießen das Fußvolk mit den Lanzenspitzen vorwärts. Die Dunkelheit nahm zu. Man hatte den Weg verloren. Alles machte Halt.
    Nun eilten die Ordonnanzen des Sufeten vor, um die Merkzeichen zu suchen, die vorher auf seinen Befehl in bestimmten Abständen eingerammt worden waren. Sie riefen durch die Dunkelheit, und das Heer folgte ihnen.
    Endlich fühlte man wieder festen Boden unter den Füßen. Bald ließ sich eine krumme, weißliche Linie deutlich erkennen. Man befand sich am Ufer des Makar. Trotz der Kälte wurden keine Feuer angezündet.
    Um Mitternacht erhoben sich Windstöße. Hamilkar alarmierte die Soldaten, doch ohne Trompetensignale: die Unteroffiziere klopften ihnen leise auf die Schultern.
    Ein besonders großer Mann stieg ins Wasser. Es reichte ihm nicht bis zum Gürtel. Man konnte also hindurch waten.
    Der Sufet befahl, zweiunddreißig Elefanten hundert Schritte oberhalb im Fluss aufzustellen, während die übrigen ein Stück unterhalb etwa vom Strom fortgerissene Leute aufhalten sollten. Derart durchschritt das ganze Heer, die Waffen über den Kopf hochhaltend, den Fluss wie zwischen zwei Mauern. Hamilkar hatte nämlich beobachtet, dass der Westwind den Sand vor sich hertrieb und den Fluss hemmte, so dass in seiner ganzen Breite eine natürliche Straße entstand, eine Barre.
    Nunmehr befand man sich am linken Ufer südöstlich von Utica, in einer weiten Ebene, – ein Vorteil für die Elefanten, die Hauptkraft des punischen Heeres.
    Der geniale Übergang begeisterte die Soldaten. Das volle Vertrauen kehrte zurück. Sie wollten sich unverzüglich auf die Barbaren werfen. Der Sufet ließ sie aber erst zwei Stunden rasten. Sobald die Sonne aufging, rückte man in der Ebene in drei Grupierungen vor: die Elefanten voran, dann das leichte Fußvolk mit der Reiterei und schließlich die Phalanx.
    Die Utica belagernden Barbaren und die fünfzehntausend an der Brücke nahmen voll Erstaunen wahr, dass sich der Boden in der Ferne bewegte. Der Wind blies sehr stark und trieb Sandwirbel vor sich her. Sie erhoben sich, wie vom Boden losgerissen, stiegen in breiten gelben Streifen empor, zerflatterten dann und wuchsen immer wieder von neuem, so dass sie das punische Heer verbargen. Da die Karthager hochragende Hörner an den Helmen trugen, glaubten manche von den Söldnern, eine Rinderherde zu sehen. Andere, durch das Wehen der Mäntel getäuscht, behaupteten, Flügel zu erkennen, und Wüstenkenner zuckten die Achseln und erklärten das Ganze für eine Luftspiegelung.
    Inzwischen aber rückte etwas Ungeheures immerfort näher. Kleine Wölkchen, dünn wie dampfender Atem, liefen über den Wüstenboden hin. Die höher steigende Sonne leuchtete stärker. Ein grelles zitterndes Licht rückte das Himmelsgewölbe scheinbar in die Höhe, durchleuchtete die Gegenstände und machte eine Schätzung der Entfernungen unmöglich. Die weite Ebene dehnte sich unabsehbar nach allen Seiten, und die kaum merklichen Bodenwellen zogen sich bis zum äußersten Himmelsrand, durch eine lange blaue Linie begrenzt: das Meer, wie man wusste. Die Heere hatten ihre Zeltlager verlassen und hielten Umschau. Die Einwohner von Utica standen, um besser zu sehen, in Scharen auf den

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