Salamitaktik
aber nach wie vor Schlaichers Pflicht. Bei dem heutigen Wetter â die Sonne strahlte angenehm wärmend an einem mit kleinen Schäfchenwolken gesprenkelten Himmel â wurde die Pflicht zum Vergnügen. Der Basset freute sich mächtig, als sein Herrchen ihm nach dem Wegräumen des Frühstücks das Halsband anlegte und sie in Richtung Friedhof marschierten. Für Schlaicher waren die Spaziergänge stets auch eine Möglichkeit nachzudenken. Als seine Gedanken sofort wieder zu Martina schweiften, zwang er sich, erst einmal geschäftlich zu bleiben.
Etwas Gutes hatte die Ladies Night gebracht. Die Kameras funktionierten, und die Bewegungserkennung war grundsätzlich in Ordnung. Es gab sicher eine ganze Menge Kaufhäuser, die Interesse an dem Ãberwachungssystem zeigen würden. Natürlich mussten er und die Jungs sich die Erfindung noch patentieren lassen. Lars, seine Freunde und Schlaicher selbst würden damit vermutlich eine schöne Stange Geld verdienen.
Dr. Watson, den er nach dem Bauernhof von der Leine gelassen hatte, marschierte plötzlich unter einem Elektrozaun für die Rinder durch, und Schlaicher musste laut brüllen, damit er langsam, aber sicher wieder zurückkam.
Eine der Kühe war auf den Besucher aufmerksam geworden und trottete ihm nun gemütlich hinterher, bis sie am Zaun halten musste. Mit einem lauten Muhen machte sie ihrem Ãrger Luft, dem Hund nicht weiter folgen zu können. Schlaicher und Dr. Watson setzten ihren Weg nach oben fort, und kurz bevor sie am Friedhof ankamen, überlegte Schlaicher wieder konzentriert, was man sonst noch mit den Kameras anfangen könnte. Würde man Gewalthandlungen vielleicht irgendwann auf dieselbe Weise festhalten können? Lars und die Jungs waren gut. Wenn sie dem Computer beibringen konnten, dass eine schnelle Bewegung mit der Hand oder dem Fuà in Richtung einer zweiten Person ein Schlag war, könnte das System die GroÃaufnahmen liefern, wenn es in einer U-Bahn-Station zu einer Prügelei käme. Vielleicht sogar inklusive einer automatischen Information an die Polizei, die den Täter damit schneller festsetzen konnte.
Dann überlegte er, was solche Kameras überhaupt alles können sollten â und durften. Installierte man sein Ãberwachungssystem, stellte man damit im Kaufhaus alle Kunden unter Generalverdacht, mögliche Diebe zu sein. Wobei â das machte man mit dem bisherigen Einsatz von Kaufhausdetektiven und gewöhnlicher Technik ja auch. Auch im öffentlichen Raum wurden Kameras heutzutage an ziemlich vielen Orten eingesetzt, ob die Menschen, die sich dort aufhielten, es wollten oder nicht. Der Unterschied war, dass man die bisherigen Systeme sehen konnte, zumindest wenn man darauf achtete. Die Technik war noch recht klobig, was durch die Motoren noch verstärkt wurde, die es brauchte, um die Kameras steuern zu können. Der Einsatz der winzigen Webcams, die Lars und seine Freunde aus Laptops ausgebaut und modifiziert hatten, ermöglichte eine deutlich kleinere, geradezu unsichtbare Form der Ãberwachung. Doch egal, ob sie es selbst machen würden oder darauf warteten, dass ihnen jemand anderes das Geschäft vor der Nase wegschnappte: In Zukunft würde man bald gar keine Chance mehr haben, zu wissen, ob man beobachtet wurde oder nicht, da war Schlaicher sicher. Wirklich glücklich machte ihn das nicht. Zu viel Ãberwachung war auch nicht gut für eine Gesellschaft. Allerdings brachte es ihn auf eine Idee, wie er in seinen Ermittlungen weiterkommen könnte. Von dem Gedanken elektrisiert, wollte er sofort anfangen, diese Idee umzusetzen.
Schlaicher drehte sich um und lief wieder in Richtung der immer noch am Zaun stehenden und wiederkäuenden Kuh. Dr. Watson folgte ihm etwas widerwillig, er wäre wohl gern noch etwas weiter den Berg hochgegangen. Das könnte er aber später noch mit Trefzer machen.
Samstagvormittags waren die StraÃen in Grenznähe oft voller als an Werktagen. Neben dem normalen Verkehr gab es Ausflügler und natürlich ziemlich viele Einkäufer, die nicht nur aus der direkten Nachbarschaft stammten, sondern seit der Stärke des Frankens gegenüber dem Euro zu einem groÃen Teil auch aus der Schweiz kamen. Je weiter man sich der Grenze näherte, umso mehr Autos mit CH -Kennzeichen sah man. Denn zum einen waren die Preise in Deutschland sowieso niedriger als die der Eidgenossen,
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