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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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die zigarettenschachtelgroße Box schon nicht auffallen.
    Schlaicher holte sein Handy heraus und startete die App der Jungs, die nach dem Laden feststellte, dass eine Kamera online war. Schlaicher wählte sie an und sah wenig später auf seinem Handy das Bild vom Inneren des Lagerhauses. Allerdings wirkte alles ziemlich unscharf. Er reckte sich noch einmal hoch und wischte die schmutzige Scheibe vor der Linse sauber. Der Kontrollblick auf das Handy zeigte, dass es etwas besser geworden war. Allerdings hätte man die Scheibe auch von innen putzen müssen, um das Bild wirklich klar zu bekommen. Schlaicher aktivierte testweise den Zoom und erreichte ein annehmbares Ergebnis. Genaue Gesichtszüge würde man wahrscheinlich nicht erkennen, aber Bewegungen sollte die Kamera registrieren, sich scharf stellen und die Bilder versenden. Schlaicher hatte zu Hause seinen Computer angelassen. Er sollte ab der Aktivierung speichern, was die Kamera aufnahm. Gab es für mehr als eine Minute keine für die Sensoren erkennbare Bewegung, schaltete sich der Aufnahmemodus ab, nur der Bewegungsmelder blieb aktiv in Suchposition. Unter Volllast funktionierten die Batterien bis zu vier Stunden. An einem Ort mit wenig Bewegung – wozu das Lager an den Wochenenden offensichtlich gehörte, würden sie zwei bis drei Tage halten.
    Schlaicher wollte nicht länger als nötig bleiben. Vor allem nicht hier, in der Nähe dieses Wagens. Den Besitzern würde er nur ungern begegnen. Auf der anderen Seite hatte er noch eine zweite Kamera dabei und fragte sich, ob er diese nicht auch noch anbringen könnte. Vielleicht an einem Ort, wo kein Schmutz die Aufnahmen vermasseln konnte.
    Schlaicher ging fest davon aus, dass Emanuelle Lefèvre und die Typen aus dem BMW gerade oben im Büro zusammensaßen. Wenn er doch nur wüsste, was sie da besprachen. Er verspürte eine Regung, die er mittlerweile gut einordnen konnte. Es war dieser Druck im Hinterkopf, verbunden mit einem heftigen Herzschlag und beschleunigter Atmung. Das bedeutete bei Schlaicher große Aufregung, wenn er beschloss, etwas zu tun, was er besser nicht tun sollte.
    Das Lager schien leer zu sein. Sicherlich gingen die Lefèvre und die BMW -Typen nicht davon aus, dass heute jemand kommen und sie stören würde. Warum also nicht versuchen, einzusteigen und vielleicht ein Geheimnis zu lüften? Er musste nur irgendwie in den Bau kommen und einen guten Platz für die zweite Kamera finden …
    Â»Doppelt gemoppelt hält besser«, hatte seine Großmutter immer gesagt. Die letzten Jahre ihres Lebens hatte sie fast ausschließlich in Form von Sprichwörtern und Redensarten mit anderen kommuniziert.
    Â»Guten Morgen, Oma.«
    Â»Morgenstund hat Gold im Mund.«
    Â»Wie geht’s dir?«
    Â»Was muss, das muss.«
    Â»Also gut?«
    Â»Es könnte besser sein.«
    Â»Ich muss mich beeilen. Die Schule wartet.«
    Â»Ja, Lehrjahre sind keine Herrenjahre.«
    So waren die meisten Gespräche abgelaufen. Schlaicher hatte die alte Dame geliebt, aber damals nur sehr wenig mit ihr anfangen können. Es hatte zwei Jahrzehnte gedauert, bis er begann, sich selbst dabei zu erwischen, dass er sich an ihre Sprüche erinnerte und sie oft besser und richtiger fand als während seiner Pubertät.
    Ja, ein bisschen pubertär kam er sich vor, als er wieder nach vorne schlich. Er nahm die paar Stufen zu der Tür, die er gestern benutzt hatte, doch die war erwartungsgemäß geschlossen. Also ging er auf der Rampe nach links und näherte sich den herabgelassenen Rollläden an der Laderampe. Alles dicht. Am Ende der Rampe befand sich noch eine Tür. Schlaicher vermutete, dass auch sie verschlossen war, und behielt recht. Allerdings sah er dem Schloss auf den ersten Blick an, dass es nicht so sicher gebaut war wie das an der Haupttür. Seinen elektronischen Dietrich hatte er schon geraume Zeit nicht mehr eingesetzt. Er kramte ihn aus dem Rucksack und hoffte, dass er nach langer Zeit ohne Üben noch das notwendige Fingerspitzengefühl dafür hatte, auch wenn das bei der elektronischen Variante nicht ganz so entscheidend war wie beim traditionellen Modell.
    Schlaicher schaute sich verstohlen um. In der Halle nebenan wurde gearbeitet. Das Rolltor dort stand offen, und ab und zu war das Dröhnen eines Gabelstaplers in unterschiedlichen Lautstärken zu hören. Menschen waren jedoch keine zu sehen. Er setzte

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