Salamitaktik
Irgendwann, meistens ganz plötzlich, bildete sich nach dem Genuss von zwei oder mehr Tassen ein Druck in seiner Blase, der keinen Aufschub zu dulden schien.
»Wir gehen jetzt rein«, sagte er bestimmt, doch genau in dem Moment öffnete sich das Garagentor von Brockmanns Anwesen. Ein weinroter Maserati setzte rückwärts heraus und hielt sich dann rechts.
Man konnte aus der Entfernung nur erkennen, dass da tatsächlich noch eine Person auf der Beifahrerseite saÃ. Schlageter fluchte, dass Brockmann ausgerechnet jetzt kam, lieà aber den Motor an und fuhr dem Maserati in gebührender Entfernung nach.
Brockmann fuhr recht schnell in Richtung Innenstadt, sodass Schlageter etwas mehr Gas gab, um ihn nicht zu verlieren. Helbach lieà es sich nicht nehmen, die Verfolgung sachlicher zu kommentieren: »Von der Teich- nach rechts in die Gugelheimer StraÃe, das Fahrzeug beschleunigt.«
»Helbach, das sehe ich auch«, sagte Schlageter.
»Ich glaube, es war eine Frau.«
»Im Wagen?«
»Ja, es war zu weit weg, aber ich glaube, es war eine Frau.«
Als Schlageter der Zielort klar wurde â sie näherten sich immer eindeutiger dem Gebäude, in dem die Praxis untergebracht war â, hielt er wieder etwas mehr Abstand.
»Von der SpitalstraÃe fährt die Zielperson nach rechts in die StraÃe Senser Platz, der Fahrtrichtungsanzeiger bleibt angeschaltet«, schnarrte Helbach trotz Schlageters Mahnung weiter. »Biegt ab in die â¦Â« Er hielt nach einem StraÃenschild Ausschau. »Aha, ins Riesgässchen«, murmelte er. Schlageter fuhr nur noch Schrittgeschwindigkeit. Vorne endete die StraÃe, und er wusste bereits, wohin Brockmann mit dieser Frau unterwegs war. Es musste in seine Praxis gehen.
Als sie den Parkplatz erreichten, stand der Maserati direkt an einer Hauswand. Ein paar Meter entfernt führte eine Tür in eines der Häuser. Das war die Rückseite des Ãrztehauses. Die Tür fiel gerade hinter Brockmann zu.
»Helbach, sie bewachen diese Tür. Ich werde Brockmann und der mysteriösen Frau vom Haupteingang aus einen Besuch abstatten«, sagte Schlageter und stellte den Wagen auf einem Schattenplatz ab.
*Â *Â *
»Jetzt sag endlich, was mit dir los ist. Freust du dich nicht? Du wirst Papa!«
»Wenn wir nicht im Visier der Polizei wären, würde ich mich wahrscheinlich mehr freuen, Vater zu werden«, sagte Brockmann. »Aber jetzt müssen wir dafür sorgen, dass das konzentrierte Botulinumtoxin verschwindet. Und auch der normal dosierte Rest von dem illegalen Zeug.«
»Ich hätte es dir besser etwas später sagen sollen mit dem Baby, oder?«, fragte Franziska.
Was hatte sie erwartet? Dass er bei der Nachricht, einen Bastard untergeschoben zu bekommen, freudig aufsprang?
»Wahrscheinlich wäre es besser gewesen«, log er. »Es tut mir leid. Ich freue mich, dass du mein Kind in dir trägst.« Er schaute ihr tief in die Augen. Sie lächelte schüchtern. »Darum hast du vorhin nicht von dem Whisky getrunken und auch keine Nase genommen?«, fragte er.
»Ja.«
»WeiÃt du was, wir müssen in Zukunft etwas vorsichtiger sein, wenn wir miteinander schlafen.« In besorgtem Tonfall fügte er hinzu: »Und du musst dich mehr ausruhen. Aufregung ist gar nicht gut für dich.«
Jetzt strahlte Franziska doch. »Du bist süÃ, aber ich muss mich noch nicht ausruhen.«
»Keine Widerworte. Ich werde schon dafür sorgen, dass du dich schonst. Ich kümmere mich jetzt um das bulgarische Zeug, während du dich hier auf die Liege legst und es dir gemütlich machst. Du wirst ganz sanft ruhen.«
*Â *Â *
Er war da. Schlageter hatte noch schnell beim Eiscafé in der FuÃgängerzone Station gemacht, die Toilette aufgesucht und sich als kleine Belohnung seines wahrscheinlich gleich folgenden Triumphs zwei Bällchen in der Waffel gegönnt: Schokolade und Joghurt. Eins für den Geschmack und eins für die Gesundheit. Er knabberte den letzten Rest seiner Waffel weg, als er am Ãrztehaus ankam. Gerade als er auf den Klingelknopf drücken wollte, läutete sein Handy.
»Schlageter hier. Wer da?«
»Chef? Sind Sie schon drin?«
»Helbach! Wenn Sie mich nicht dauernd anrufen würden, wäre ich wahrscheinlich längst drin«, grollte er.
»Aber ich habe Sie doch bis jetzt gar nicht angerufen«, meinte Helbach
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