Salomos letzte Geliebte
die Zauberin lachen. »Ja, ich weiß, was du meinst. Aber es ist kein Name. Es ist so etwas wie eine Aufforderung und zugleich ein Wissen. She-ba«, buchstabierte sie. »Das ist ein Kunstwort, und es ist auch nicht alt. Ich habe es gehört, wenn die Anhänger der Königin in späteren Zeiten zusammen waren. Es besteht aus einem englischen und aus einem hebräischen Wort. She ist gleich she . Das englische Sie . Und ba heißt im Hebräischen kommt . Also heißt She-ba nichts anderes als sie kommt . Das ist des Rätsels Lösung.«
Ich sah keinen Grund, Zippa nicht zu glauben. Wieder mal musste ich erleben, dass Dinge, die so kompliziert wirkten, plötzlich als Lösung so einfach waren.
»Galt es wirklich der Königin von Saba?«
»Gute Frage. Es galt nicht der Königin. Die Anhänger der Amira haben es übernommen. Sie wollen ja, dass sie kommt und haben sich von der Königin abgewendet.«
Jetzt war mir auch das klar geworden, aber ich hatte trotzdem gewisse Probleme, denn mir wollte nicht in den Kopf, dass man mich ebenfalls mit in diese Zeit genommen hatte. Es wäre viel einfacher gewesen, es bei dem Schwert bewenden zu lassen.
Als ich Zippa auf dieses Thema hin ansprach, konnte sie das nächste Lachen nicht unterdrücken. »Natürlich hast du Recht, John. Aber du unterschätzt dich. Mein Eingreifen war zugleich die Möglichkeit, dich für immer verschwinden zu lassen. Verschollen, verbrannt, getötet und schließlich vergessen. Die Göttin kann manchmal grausam sein, denn sie hat viele Gesichter, wie du weißt.«
»Das ist allerdings wahr.«
»Salomos letzte Geliebte wirst du als letzte Person in deinem Leben kennen lernen. Wir beide haben bisher nur über Amira gesprochen. Jetzt ist es Zeit für dich, sie kennen zu lernen.«
»Moment noch«, sagte ich, »denn ich habe noch eine Frage an dich.«
»Ich höre.«
»Wann soll die Königin durch das Schwert des Salomo getötet werden?«
»Bald, John, sehr bald. Noch in dieser Nacht. Wenn die Dunkelheit ihre Schatten über das Land geworfen hat, wird der Zeitpunkt eintreten, an dem Amira ihre Aufgabe beendet. Ich habe ihr die Waffe bereits übergeben. Sie wird sie behalten wie eine beste Freundin, aber sie will auch denjenigen sehen, der die Waffe bisher besessen hat. Das heißt, du wirst ihr bald gegenübertreten.«
Damit hatte ich fast gerechnet. Ich war auch froh, dass es so gekommen war. Hätte sie sich anders entschieden, wäre ich wertlos gewesen, und sicherlich hätte Zippa mich getötet. So aber musste sie Amira den Gefallen tun, denn sie wollte sich nicht mit ihr anlegen, weil sie sich auch eine gewisse Macht zusätzlich versprach, wenn Amira die Stelle der Königin von Saba übernahm.
Die Beretta hatte sie längst wieder sinken lassen und weggesteckt. Ich spielte auch nicht mit dem Gedanken, sie anzugreifen und niederzuschlagen. Da war mir das Risiko einfach zu groß, denn als ich mich vorsichtig umschaute und dieses Inseldasein, das aus Zippa und mir bestand, verließ, da sah ich schon, dass sich in der unmittelbaren Umgebung etwas verändert hatte.
Wir wurden von bewaffneten Kriegern beobachtet, und wie zufällig zielten auch Waffen auf mich. Nicht nur Schwerter oder Lanzen, sondern auch gespannte Bögen, auf denen Pfeile lagen. Da war es schon besser, wenn ich mich ruhig verhielt. Außerdem war ich selbst gespannt darauf, wie es weitergehen würde. Und eine Chance würde für mich zurückkommen. Zumindest rechnete ich fest damit.
Zippa nickte mir zu. »Bist du bereit?«, fragte sie.
»Wozu?«
»Dass wir gehen. Du bist sicherlich gespannt darauf, Amira kennen zu lernen.«
»Ja«, erwiderte ich ehrlich, »das bin ich...«
***
Erst jetzt, als wir das Feldlager durchquerten, nahm ich dessen immense Größe wahr. Man hatte hier wirklich alles aufgeboten, was einer Königin würdig war. Man hatte auch verschieden große Zelte aufgebaut, und das größte und prächtigste musste einfach der Königin von Saba gehören.
Dort gingen wir nicht hin. Ich sah es nur rechts von mir stehen, und wenn ich es betrachtete, sah ich an seinem Dach die Ansätze einer Pagode. Es sollte auffallen, und auch die drei Fahnen auf dem Dach flatterten im leichten Nachtwind.
Es war eine besondere Zeit. Noch nicht dunkel, aber auch nicht völlig hell, so dass ein gewisses Zwielicht entstanden war, das sich zwischen den Zelten und den Wagen als Schatten ausbreitete. Ich sah auch eine recht große Wasserstelle, in die der Bach hineinfloss und sich dort zu einem kleinen See
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