Salomos letzte Geliebte
gesammelt hatte. Dort standen die Ochsen als schwere Zugtiere und soffen sich satt. Innerhalb einer Umzäunung sah ich auch Pferde über eine Wiese laufen und Gras fressen.
Auch das Zelt der Amira unterschied sich von den anderen. Es war größer als die Behausungen der Krieger, aber nicht so groß wie das der Königin von Saba.
Vor dem Eingang waren Stangen in den Boden gerammt worden. Nur zwei, aber es reichte aus, um die beiden Laternen zu bilden, denn auf den Oberseiten der Stangen sah ich die flachen Schalen, die mit einer brennbaren Flüssigkeit gefüllt waren und durchsichtige Flammen produzierten, die im Wind tanzten, aber nicht gelöscht wurden.
Ich hatte mich nur einmal umgesehen. Dabei war mir die Eskorte der Krieger aufgefallen, die sich auf unsere Fährte gesetzt hatte. Vier bewaffnete Männer, die uns nicht aus den Augen ließen, aber auch ohne sie hätte ich Zippa nicht angegriffen, denn ich war viel zu gespannt, wie es weitergehen würde.
Die Zauberin blieb stehen und drehte sich so um, dass sie mich anschauen konnte. Auf ihren Lippen lag wieder das rätselhafte Lächeln, das mir nicht gefiel, weil ich immer das Gefühl hatte, dass sie mehr wusste als sie zugeben wollte.
Sie tippte mich an. »Es ist nicht gut, wenn wir ihr bewaffnet gegenübertreten.«
Sie meinte die Lanze, die ich in der letzten Zeit als Gehstock benutzt hatte.
»Willst du sie haben?«
»Nein, wirf sie einfach weg.«
Ich ließ sie los und schaute zu, wie sie auf den staubigen Boden fiel und dort liegen blieb, weil sich niemand darum kümmerte. Es wurde sehr still in unserer unmittelbaren Umgebung, und erst jetzt hörte ich, dass das Zelt vor mir besetzt war.
Es war der Klang der Stimmen, der auch durch die Wand drang. Für mich gab es nichts zu unterscheiden, denn sie bestanden aus einem Singsang, dessen Sinn ich sowieso nicht verstand.
Zippa hatte meinen Blick bemerkt und nickte zum Eingang hin, bevor sie sagte: »Sie sind da!«
»Wer ist da?«
»Amira’s Freunde. Amira’s Diener. Ihr zu Ehren haben sie sich im Zelt versammelt.«
»Und was tun sie dort?«
»Sie beten für den Erfolg. Sie wollen die Göttin Astarte gnädig und wohl wollend stimmen.«
»Müssen sie das?«
»Ja, denn sie soll ihnen dabei helfen, Amira zur Königin zu machen. Sie allein ist wichtig. Sie zählt. Salomos letzte Geliebte wird die Zukunft sein, nicht die Königin von Saba. Und deine Waffe wird dabei die entscheidende Rolle spielen.«
Zippa hatte ihren Spaß. In ihr steckte eine wilde Vorfreude. Ich erkannte es am Glanz ihrer Augen. Mit einer voll einstudierten Bewegung hob sie ihre Hand an und presste für einen Moment ihre Lippen auf den Ring.
Mir kam es dabei vor, als sollte ihr der fahle Totenkopf Kraft für die nächsten Aktionen geben. Sie saugte aus ihm etwas hervor, und der Augenblick, in dem ihr Gesicht grünlich schimmerte, blieb mir ebenfalls nicht verborgen.
War Zippa noch ein Mensch?
Ich konnte die Antwort nicht geben. Ja, sie sah so aus, aber ob sie noch so reagierte wie jeder andere Mensch? Da hatte ich meine Zweifel. Sie war in der Lage, Zeitreisen zu unternehmen, und ich konnte mir vorstellen, dass auch der Ring einiges dazu beitrug. Jedenfalls nahm ich mir vor, jetzt mehr auf ihn zu achten.
»Wir sollten jetzt gehen!«, erklärte sie flüsternd und fast ehrfurchtsvoll.
Weigern konnte und wollte ich mich nicht. Ich war immer dafür, die Höhle des Löwen zu betreten, und das tat ich auch in dieser Situation.
Die Eskorte war ziemlich nahe an uns herangerückt. Ich roch die Menschen, die einen Schweißgeruch absonderten, auf deren Kleidung aber auch der Staub klebte.
Zippa öffnete den Eingang. Auch bei diesem Zelt musste er zurückgeschlagen werden, aber er glich mehr einer Tür, und ich konnte den Raum dahinter bequemer betreten.
Es war alles anders. Es war eine fremde, eine helle und trotzdem düstere Umgebung für mich, in der sich Licht und Schatten vereinigten und eine Atmosphäre schufen, die mich an eine orientalische Märchenwelt erinnerte, die ich aus Büchern kannte oder aus Filmen, die ich als Jugendlicher gesehen hatte. Da spielten dann Sindbad oder Ali Baba eine Rolle, denn auch sie hatte ich in prächtig ausstaffierten Zelten gesehen. Dieses stand dem eines Hollywood-Zeltes in nichts nach. Auch hier brannten die Feuer in den Öllampen und strahlten ihr blasses Licht ab.
Amira besaß zahlreiche Diener. Ich war überrascht, wie viele Menschen sie in ihren Bann gezogen hatte. Und das musste geschehen
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