Salon der Lüste - 3
kannte, aussteigen würde.
»n’ Abend, Mr. Saint.«
»Jackson?« Es war Madelines Kutscher. »Was tun Sie hier?«
»Miss Ivy hat mich geschickt. Sie dachte, Miss Eliza würde vielleicht nach Hause gefahren werden wollen.«
»Wie aufmerksam von ihr!« Allerdings fragte Saint sich, ob Ivy den Mann geschickt hatte, weil sie an Elizas Bequemlichkeit dachte oder schlicht nicht wollte, dass er das Mädchen in den Armen hielt, während er mit ihr zum Maison Rouge flog. Arrogant, wie er war, vermutete er Letzteres. Denn alle im Maison Rouge wussten, dass er ein Vampir war. Ihm bereitwillig ihr Blut zu geben war eine der Pflichten eines Rouge-Mädchen.
Ivy war besitzergreifend. Das gefiel ihm.
Er lächelte noch, als er an die Tür klopfte. Eliza öffnete, und als sie bei seinem Anblick bleich wurde, verflog Saints gute Laune.
»Verzeih die Störung, Eliza.«
»Mr. Samt. Ist etwas passiert? Geht es den anderen im Haus gut?«
Er hob eine Hand, um ihre Fragen zu unterbrechen. »Allen geht es gut. Aber wenn du so weit alles mit deiner Mutter besprochen hast, möchte ich, dass du mit mir zum Maison Rouge zurückkommst.«
Sie betrachtete ihn stumm. Mit ihren blauen Augen, dem dunkelbraunen Haar und den rosigen Wangen war sie ein süßes kleines Ding. »Warum?«
Er wollte sie nicht belügen. »Weil ich glaube, dass du in Gefahr bist. «
»In Gefahr?«, wiederholte sie leise, schaute sich über die Schulter um und bedeutete ihm zurückzutreten, worauf sie zu ihm auf die Vorderstufe kam und die Tür hinter sich schloss. »Sie meinen den Mörder?«
»Ja. « Saint stieg auf den Gehweg hinunter und gab Jackson ein Zeichen. »Pack deine Sachen, dann bringe ich dich zurück.«
»Woher weiß ich, dass Sie nicht der Mörder sind?«
»Wäre ich es, würdest du nicht mehr leben.«
Die Erklärung schien sie zu überzeugen. »Ich kann meine Mutter nicht allein lassen.
Sie braucht mich hier. Deshalb hat sie nach mir geschickt.«
»Dann nimm sie mit.«
Das war offensichtlich keine Lösung für sie. »Ich kann nicht.«
»Du hast keine Wahl, meine Liebe. Du gehst mit mir! Also, wenn deine Mutter dich so dringend braucht, muss sie ebenfalls mitkommen.«
Bildete er es sich ein, oder fluchte sie leise? Wieder schaute sie über ihre Schulter, die in einen bunten Schal gehüllt war - der einzige Hinweis, dass sie keine gewöhnliche Tochter armer Leute war.
»In die Seitengasse! «, murmelte sie und huschte voraus in die Dunkelheit, ohne abzuwarten, ob er ihr folgte.
Das tat er. Sicherheitshalber blieb er dicht hinter ihr, so dicht, dass sie fast gegen seine Brust prallte, als sie stehen blieb und sich zu ihm drehte.
»Ach, Mr. Samt! «, rief sie und krallte ihre kleinen Hände an seine Arme. »Ich fühle mich furchtbar! «
Er blickte auf ihre Hände, die sie prompt wieder herunternahm, und fasste ihre Schultern. Er selbst fühlte sich nie besonders wohl, wenn er festgehalten wurde.
»Weshalb, Eliza?«
»Ich habe Sie angelogen.« Ihr schlechtes Gewissen stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Ich erhielt die Anweisung, zu meiner Mutter zu gehen und auf Sie zu warten.«
Mist! Das konnte gar nicht gut sein. »Wer hat dir das befohlen?«
»Mein Bruder.«
Saint stutzte. »Kenne ich deinen Bruder?«
»Ich glaube nicht, Sir. Er hat behauptet, ein anderer Mann habe es ihm gesagt. Und dieser Mann hat meinem Bruder sehr viel Geld bezahlt - sogar noch mehr, als ich in einem ganzen Monat im Maison Rouge verdiene! Meine Mutter konnte neue Schuhe für meine kleine Schwester kaufen … und einen neuen Schal für sich.«
Saint war nicht böse. Wie könnte er es Eliza oder ihrem Bruder sein? Den beiden bedeutete er nichts, wohingegen ihre Familie alles war, was sie hatten. An ihrer Stelle hätte er sich nicht anders verhalten.
»Na gut, du solltest mich herlocken. Wozu?« Seit Jahren war er nicht in London gewesen, und abgesehen davon, dass er den Maison-Rouge-Mörder suchte, war er hier niemandem zu nahe getreten, soweit er wusste.
»Ich weiß es nicht, Sir. Ach, es tut mir so schrecklich leid! « Sie war den Tränen nahe. »Ivy wird mich hassen! «
»Ist das eine Falle, Eliza? Oder ging es bloß darum, dass ich das Maison Rouge verlasse?«
Sie schüttelte den Kopf und wischte sich die Tränen ab. »Ehrlich, Mr. Saint, ich weiß gar nichts! Ich habe doch nur den Brief, den der Mann meinem Bruder gegeben hat.«
Sie reichte ihm einen gefalteten Zettel, den sie aus ihrer Rocktasche geholt hatte.
Saint klappte das Blatt auseinander. Es
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