Salon der Lüste - 3
»Und vielen Dank, dass Sie uns Ihre Zeit geopfert haben.«
Die Frau hielt sie am Arm fest. »Das Geld gebe ich nicht zurück.«
Ivy wich vor Beatrices strengem Whisky-Atem zurück. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
Nun stemmte die andere ihre Fäuste in die Hüften und streckte provozierend die Schultern durch. »Das Geld, das ich gekriegt habe, damit Beatrice zu mir kommt.«
Hatte Beatrices eigene Schwester sie genötigt, ihr Geld für den Besuch zu zahlen?
Niemals könnte Ivy sich vorstellen, ihre Schwester für das Vergnügen ihrer Gesellschaft bezahlen zu lassen. Vielmehr würde sie mit Freuden zahlen, um ein paar Stunden mit Rose zu verbringen.
»Behalten Sie es«, gab sie angewidert zurück. Falls Beatrice etwas bezahlt hatte, würde Ivy ihr das Geld erstatten.
Es dauerte nicht lange, bis Beatrice zu ihnen in die Kutsche stieg, und Minuten später befanden sie sich auf dem Rückweg zum Maison Rouge. Der sanfte Riese George bemühte sich geradezu übertrieben um Beatrices Bequemlichkeit. Immerhin war alles recht zügig und ohne größere Schwierigkeiten verlaufen. Hoffentlich war es Saint bei Eliza ebenso ergangen.
Als sie im Maison Rouge ankamen, brachte George Beatrice auf ihr Zimmer, während Ivy im Salon auf Saint wartete.
Lange musste sie sich nicht gedulden, nur war es nicht ihr Vampir, der zur Tür hereinstürzte.
»Mr. Saint! «, keuchte Eliza, deren Gesicht kreidebleich war.
Ivy blieb das Herz stehen. »Was ist mit ihm?«
»Sie haben ihn mitgenommen.« Das Mädchen brach in Tränen aus. » Oh, Ivy, ich glaube, sie wollen ihn umbringen! «
Wenn sein mobiles Gefängnis das Ziel erreichte, würde Samt keinen nächsten Sonnenuntergang mehr erleben. Er war nicht wie Chapel oder Bishop, die in jeder Situation erst einmal abwarteten, was geschah. Saint neigte eher dazu, in jeder Lage zu befürchten, dass sie auf seinen Tod hinauslief.
Deshalb lag er mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden der Kutsche und versuchte, nicht ängstlich wie ein kleines Mädchen zu sein, während er sich in Stellung brachte. Sein Haar und die Kleidung schützten ihn vor den Silberverbrennungen, doch das Edelmetall schwächte ihn spürbar. Exakt zwei Dinge konnten einem Vampir helfen, Silber zu überwinden, und das waren Blutdurst oder rasender Zorn.
Er setzte auf Zorn. Sein Hass auf enge Räume befeuerte ihn. Den nutzte er.
Und er dachte an die Nacht, in der Marta starb. Die Erinnerung an jenes Erlebnis vor zweieinhalb Jahrzehnten erhitzte sein Blut ein wenig, weckte allerdings eher Reue als Wut in ihm. Als er indessen seine Gedanken auf das Untier richtete, das Ivys Freundinnen ermordet hatte, wurde die Hitze stärker.
Er stellte sich vor, wie Ivy der Gnade eines solchen Monstrums ausgeliefert wäre, sollte er aufgeben und sterben, wor-, auf ein Inferno in ihm losbrach. Um keinen Preis würde er sie im Stich lassen! Er ließ nicht zu, dass sie starb oder, schlimmer noch, mit dem Wissen lebte, dass er sie enttäuscht hatte.
Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, schwang er seine Faust, wobei er das stechende Silber fühlte. Er rammte die Hand durch die Bodenbretter der Kutsche, zweimal hintereinander.
Da er nicht sicher war, ob seine Entführer das Krachen gehört hatten, beeilte er sich. Das Loch war groß genug für seine Schultern, doch durch die, Bewegung hatte sich das Netz enger um seinen Oberkörper gelegt. Die feinen Fäden drückten gegen seine Stirn und oben auf seine linke Wange. Anfangs stach es, dann folgte das Brennen.
Er griff durch die Öffnung und schob sich so weit hindurch, wie er konnte. Von seiner versengten Haut stieg ein entsetzlicher Gestank auf, süßlichschwer. Ihm wurde übel, während der Schmerz ihm beinahe den Schädel sprengte. Trotzdem streckte er seine Arme weiter aus, so dass das Feuer sich auf seiner Haut bis zu seiner Hand ausbreitete, die durch das Netz nach dem Kutschenrad langte.
Er ertrug den Schmerz, kämpfte gegen seine Schwäche. Derweil galt sein Denken allein Ivy, als er schließlich seine brennenden Finger um eine Speiche des Vorderrads schloss.
Es kostete ihn seine gesamte Kraft, doch die Kutsche holperte, sowie das Rad sich nicht mehr mitdrehte. Schweiß rann ihm ü‘ber die Stirn, und Blut lief ihm in die Augen, doch mit zusammengebissenen Zähnen zog er weiter.
Das Rad brach.
Im nächsten Moment kippte die Kutsche um, und Saint nahm nichts mehr als Dunkelheit und Feuer wahr.
Niemand konnte Saint »umbringen«. Der Mann war unbesiegbar. Oder
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