SALVA (Sturmflut) (German Edition)
mir das an?
Konnte er nicht sehen, das Aljoscha sich auch nur Sorgen gemacht hatte? Zum
Glück verhielt sich Aljoscha so, wie ich es von ihm gewohnt war. Er grinste nur
und erwiderte nichts auf Radus Worte. Stattdessen kam er zu mir und legte die
Hände an meine Wangen, als wollte er überprüfen, dass ich auch unbeschadet zurückgekommen
war. Ich ließ ihn für einen Moment und schob seine Hände dann mit einem
weiteren, erzwungenen Lächeln bei Seite. Ich flüsterte ihm zu „Branko ist tot.“
Aus seinem Lächeln wurde ein fragender Gesichtsausdruck und ich nickte nur, um
meine Worte noch einmal zu bestätigen. Er lachte kurz auf und wir folgten Radu
zu den anderen. Veit schien von Radus Anblick nicht sehr begeistert. Der
Anblick seiner Uniform löste in ihm das gleiche aus, was er auch bei mir
auslöste. Misstrauen und Hass. Gry verzog keine Miene, ließ ihn aber auch nicht
aus den Augen.
„Es ist okay, Veit. Das ist mein
Stiefbruder Radu. Er gehört nicht wirklich zu den Schutztruppen.“ Veit grunzte
nur kurz verächtlich auf.
„Schön und gut, mir werden das hier
aber trotzdem langsam zu viele Uniformen. Von dem Anblick krieg' ich Plack.“
Gry legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. Ich war von Stunde zu
Stunde glücklicher, dass sie bei uns war. Sie wirkte mit ihrer ruhigen und
unerschütterlichen Art wie ein Puffer für diese Gruppe. Wäre ich alleine
gewesen mit diesen drei Männern, ich wüsste nicht, was ich getan hätte. Ich sah
den Ärger förmlich vor mir. Eins war schon mal klar, Radu war nicht gut auf
Aljoscha zu sprechen und wie ich langsam feststellen musste, kam Veit wohl mit
keinem anderen Mann so richtig gut klar. Ich hoffte nur, dass sich alle
zusammenreißen würden, bis wir von hier entkommen konnten. Eine unangenehme
Stille lag in der Luft, doch zum Glück wusste Gry etwas zu sagen.
„Bevor wir überhaupt daran denken uns
den Weg frei zu sprengen, sollten ich die Chips aus unseren Armen entfernen.
Wer will als Erster?“ Aljoschas und mein Chip waren sowieso nur eine Attrappe.
Damit blieben Radu, Veit und Gry selbst übrig. Radu kniete sich hin und
streckte ihr seinen Arm entgegen. Gry entfernte erst seinen Chip, dann den von
Veit. Am Ende ihren eigenen mit etwas Hilfe von Aljoscha. Glücklicherweise
wusste sie genau, wo sich die Chips befanden und wie man sie am leichtesten
entfernen konnte. Ihr Eingriff hinterließ kaum eine Wunde. Sie war wirklich
gut, selbst mit den beschränkten Mitteln, die ihr hier zur Verfügung standen.
„Was ist mit euch?“ Sie sah zu Aljoscha
und mir.
„Wir haben keine richtigen Chips mehr.
Es sind nur relativ funktionale Attrappen, die aber nicht im Zentralsystem
gespeichert sind.“ Sie wirkte sichtlich erstaunt über Aljoschas Erklärung. Radu
sah nach draußen in den Nachthimmel, als würde er nach etwas Ausschau halten.
Ich folgte seinem Blick, sah aber nichts.
„Wenn wir von hier verschwinden wollen,
dann sollten wir uns beeilen. Es wird bald wieder ziemlich voll hier und damit
auch schwerer zu entkommen.“ Er meinte die Ankunft der neusten Opfer und die
Rückkehr der Soldaten. Bei dem Gedanken, dass nach unserer Flucht noch
weiterhin Menschen hier ermordet würden, wurde mir ganz anders. Ich wollte das
nicht, aber ich sah auch nicht, was ich dagegen tun konnte. Zumindest in diesem
Moment.
„Also, wie weit ist diese Bombe, an der
ihr bastelt?“ Veit holte die Bombe hervor und präsentierte sein Ergebnis. Der
Rest von uns konnte nicht erkennen, ob sie fertig war oder nicht.
„Ich habe es nicht geschafft aus den
wenigen Teilen eine Fernzündvorrichtung zu basteln. Wir werden es wohl auf die
altmodische Tour machen müssen.“ Er sah zu Gry „Wie viel Faden ist im
Erste-Hilfe-Kit?“ Sie begann sofort das Kit abzusuchen und gab ihm alles, was
da war.
„Meinst du, das wird halten? Was ist,
wenn der Faden reißt?“
„Macht nichts. Ich bringe fünf separate
Fäden an. Das Funktioniert wie fünf voneinander getrennte Zünder. Es muss nur
eine Schnur bis zum Schluss halten. Ist eine der Granaten ausgelöst, dann gehen
sie alle hoch. Bum-Bum-Party.“ Gry sah nicht wirklich überzeugt aus und war von
seiner Wortwahl ebenso irritiert, wie ich es damals war.
„Und wenn sie alle reißen?“ Ihre Worte
waren voller Skepsis.
„Bei
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