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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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irgend jemandem zu reden. Alles war so verwirrend. Was genau war eigentlich mit Charles geschehen? Sie bedauerte ihn, jetzt da sie seinen Tod endlich begriffen hatte. Anfangs war es ihr unwirklich erschienen. Selbst jetzt war es schwer vorstellbar, daß er nicht mehr da war. Fort. Ausgelöscht. Und als er an seinem letzten Tag aufgewacht war – wann war das gewesen? – hatte er nicht geahnt, daß dies sein letzter Tag sein würde. Ganz plötzlich aus dem Leben gerissen. Wie Großvater.
            Ein Stein brach klirrend durch die Fensterscheibe, ein richtiger Gesteinsbrocken eigentlich, und plötzlich war der Wohnzimmerfußboden voller Glassplitter. Erschrocken sprang Regal auf und stürzte dann an das zerbrochene Fenster, um zu sehen, was passiert war. Spielende Kinder vielleicht.
            Sie standen unten am Tor, eine Menschenmenge, Fremde, Männer und Frauen. Noch während Regal sie verwirrt anstarrte, begannen sie zu rufen, zu schreien, ihre Gesichter zu häßlichen Fratzen verzerrt, und es dauerte eine Weile, bis Regal begriff, daß sie ihr Beschimpfungen zuschrien. Etwas klatschte gegen ein zweites Fenster, eine Tomate, dann folgten weitere Wurfgeschosse: Eier, noch mehr Steine.
            »Mörderin!« schrien sie. »Hure!« Ein widerwärtiger Gestank erfüllte die Luft, während das Geschrei anschwoll und ein paar Männer das Tor eindrückten. Schäumend vor Haß trampelten sie alles im Garten nieder. »Du dreckiges Miststück! Verschwinde! Wir wollen dich hier nicht! Verdammte Hure!«
            Regal blieb am Fenster stehen. Sie wollte ins Hausinnere flüchten und sich verbergen, die Türen verschließen und sie aussperren, aber dazu war es jetzt zu spät. Das Schlimmste hatte sie ohnehin schon gehört. Sie würden schon wieder verschwinden, und Regal hatte nicht die Absicht, vor dem Straßenpöbel zu weichen. Sie stand hoch aufgerichtet und war sogar ein wenig amüsiert. Sie hatte immer geglaubt, der schlimmste Tag ihres Lebens sei ihr erster Schultag gewesen, als Großmutter sie zu Miss Pringle gebracht hatte. Und so war es noch. Kinder waren so verwundbar. Sie hatten keine Waffen, um sich zu verteidigen …
             
            Als Bonnie vom Markt kam, saß Regal in einem Sessel am zersplitterten Fenster. Der Mob hatte sich zerstreut, nur ein paar Frauen standen noch in sicherer Entfernung auf der anderen Straßenseite, starrten herüber und tuschelten. Regal beobachtete sie, sie hatte ohnehin nichts Besseres zu tun. Sie machten sie also für Charles’ Tod verantwortlich, für seine Ermordung. Als die Steine gegen die Haustür prasselten, hatte sie geglaubt, sie höre ihre Großmutter an die Tür hämmern, die ihr vorwerfen wollte, sie habe Schande über die Familie gebracht.
            Aber die Dinge hatten sich geändert. Sie würde sich nicht mehr ducken. Aus dem Kind war eine erwachsene Frau geworden, und diese Frau kümmerte es nicht, was die Leute redeten. Das Haus war gemietet, wenn es nach ihr ging, konnten sie es ruhig einreißen.
            Bonnie lief mit dem Kaminbesen umher und fegte Glassplitter zusammen. »Diese schrecklichen Menschen, Madam. Sie hätten die Stadtwache alarmieren sollen. Die Köchin sagt, sie dachte, die würden das Haus niederbrennen. Sie sollten hier nicht bleiben. Sehen Sie sich nur das Fenster an. Ich lasse es reparieren und den Garten in Ordnung bringen. Verdammtes Pack! Grämen Sie sich nicht. Was wissen die schon? Nur was sie auf der Straße aufschnappen. Wenn der Captain hier wäre, er würde denen schon Bescheid stoßen!«
            Aber der Captain war nicht hier. Er war verschwunden. Ohne ein Wort. Das Gefühl der Verlassenheit hatte Regal betäubt, hatte sie unempfindlich gemacht gegen die Beleidigungen, die diese Fremden ihr entgegengeschleudert hatten. Nun war sie wieder allein, mit niemandem als nur den Dienstboten zur Gesellschaft.
            Ein Tag lief ab wie der nächste. Mechanisch ließ Regal alles über sich ergehen: aufstehen, anziehen, warten. Bonnie überredete sie zu essen, sich die Haare waschen zu lassen, eine Runde durch den Garten zu gehen, sich in ihr leeres, kaltes Zimmer zurückzuziehen.
            Zeitungsschreiber kamen an ihre Tür, aber sie empfing sie nicht. Der Sheriff kam noch einmal, stellte fast dieselben Fragen wie bei seinem letzten Besuch und gab seiner Verwunderung über das plötzliche Auslaufen der Aeolus Ausdruck.
            »Es ist Sache des

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