Salz der Hoffnung
mir?«
»Ich glaube, diese Arbeit wird Ihnen liegen.«
Jorge war immer noch verwirrt über diesen unerwarteten Glücksfall und sah Mulgrave scharf an. »Ich gehe nach Lissabon, aber ich will Ihre Hand darauf.«
Sie schüttelten sich die Hände, und damit war es abgemacht.
»Ehe Sie gehen, Sir, ich habe ebenfalls noch ein paar Fragen«, sagte Jorge. »Ist es wahr, daß Mrs. Howth Major Reynolds erschossen hat?«
»Ich fürchte, ja.«
»Gütiger Jesus … Warum?«
»Das scheint niemand zu wissen.« Reynolds’ Schicksal schien Mulgrave nicht sonderlich zu erschüttern.
»Ich hörte, sie sei im Gefängnis. Welches?«
»Sie war in Bridewell, aber wie ich höre, ist sie erkrankt und wurde ins Christ’s Hospital verlegt.«
»Ich will sie sehen.«
»Es spricht nichts dagegen. Captain Carrington wird das arrangieren.«
Mulgrave stand auf, um zu gehen, aber Jorge hielt ihn zurück. »Eins noch. Warum ich? Wer hat mich für diese Aufgabe empfohlen?«
»Ich.«
»Sie? Aber Sie kennen mich doch überhaupt nicht.« Jorge war so verwundert, daß er beinah noch einmal die Scottish Prince erwähnt hätte, aber im letzten Moment besann er sich.
»Aber Regal Howth kennt Sie«, erwiderte Mulgrave.
»Ich hoffe, Sie erholt sich schnell. Sie sind ein glücklicher Mann, Jorgensen, daß Sie eine Verbündete wie Regal haben.« An der Tür wandte er sich nochmals um und grinste. »Ich denke, daß Major Reynolds sich so sehr auf den Feind, auf Sie nämlich, konzentriert hat, daß er nicht erkannte, daß ihm noch aus anderer Richtung Gefahr drohte. Er war einfach kein guter Soldat.«
Der Direktor des Colchester tat sein Bestes, um die Journalisten von dem amerikanischen Gentleman fernzuhalten. Es rührte ihn, wie sehr er sich bemühte, diese unglückselige Frau zu retten, und er hatte ihm versichert, sie sei in guten Händen. »Flaherty mag ein exzentrischer irischer Kauz sein, Sir, aber er ist ein guter Arzt.«
Ein Angestellter hastete auf ihn zu. »Mr. Saladin, da ist ein Gentleman in Uniform in der Halle, der darauf besteht, Mr. Rosonom zu sprechen. Soll ich ihn hineinführen?«
»Ganz sicher nicht. Mr. Rosonom ruht sich aus. Er darf nicht gestört werden.«
»Aber er läßt sich nicht abweisen.«
Saladin grunzte verstimmt, strich vor dem Spiegel ein geöltes Haar glatt und betrat die Halle, wo er einen ehrfurchtgebietenden Gentleman in der Uniform eines Colonel der englischen Handelsmarine antraf. »Sie wünschen Mr. Rosonom zu sprechen, Sir?«
»Ich muß Mr. Rosonom sprechen.«
»Dann schlage ich vor, daß Sie einen Termin vereinbaren.«
»Ich habe keine Zeit. Ich muß auf der Stelle zu ihm.«
»Und Ihr Name, Sir? Ich werde nachsehen, ob Mr. Rosonom hier ist.«
»Mein Name wird ihm nichts sagen.«
»Nun, ich fürchte, dann kann ich Ihnen nicht helfen …«
Genau in diesem Moment kam Leonard die Treppe herunter, einen schweren Mantel überziehend. Der Direktor versuchte, den Fremden beiseite zu ziehen, aber es war zu spät. Der Colonel war seinem Blick gefolgt und stürmte zum Fuß der Treppe. »Verzeihen Sie, Sir, sind Sie Mr. Rosonom?«
»Ja«, antwortete Leonard unwirsch. Er wirkte übernächtigt und sorgenvoll. Der Direktor versuchte, sich zwischen sie zu drängen; er fürchtete, daß weitere Belästigungen zu einer neuerlichen Herzattacke führen könnten. »Ich bin untröstlich, Mr. Rosonom«, flüsterte er, keineswegs beeindruckt von der Uniform des Fremden.
»Ich bin ein Freund von Regal«, unterbrach der Eindringling.
»Tatsächlich?« brummte Leonard. »Ich bin nicht verpflichtet, Fragen der Militärbehörden zu beantworten.«
»Verflucht, Mann, ich will ihr helfen. Mein Name ist Colonel William Sorell, und wie ich hörte, brauche ich Ihre Erlaubnis, um die Dame zu besuchen.«
Einen Augenblick starrte Leonard ihn ausdruckslos an, dann erinnerte er sich an den Namen. Regal hatte ihn in ihren Briefen erwähnt. »Sorell? Ja, sie hat von Ihnen gesprochen. Natürlich!« Er streckte die Hand aus.
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