Salz der Hoffnung
mußte eine Falle sein.
Zu seiner Verblüffung lehnte Mulgrave sich plötzlich mit einem breiten Lächeln zurück. »Wenn Sie die anderen Sprachen so gut beherrschen wie die englische, haben Sie sich soeben eine Stellung verschafft. Ich bin im Auftrag des Kriegsministeriums hier. Ich bin ermächtigt, Ihnen mitzuteilen, daß man bereit ist, Sie freizulassen. Unter gewissen Bedingungen natürlich.«
»Natürlich.« Jorge lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und verschränkte die Arme.
»Sie haben der britischen Regierung großen Ärger bereitet, Jorgensen, aber wir sind uns der Tatsache bewußt, daß Sie über Talente verfügen, die uns von Nutzen sein könnten.«
»Und weiter?«
»Sie haben eine seltsame Laufbahn hinter sich. Englische Marine, dänische Marine. Und ich hörte, Sie werden in Kopenhagen nicht mehr als Held gefeiert, seit Sie mit Ihren Eskapaden Island den Briten in die Hände gespielt haben. Es würde mich interessieren, nur aus persönlicher Neugier, auf wessen Seite Sie eigentlich stehen.«
Jorge trat ans Fenster. Er sah nichts als graue Mauern und ein Stück trüben Himmels. »Collins hat einmal zu mir gesagt, daß ein Mann, der etwas auf sich hält, der Welt seinen Stempel aufdrücken muß. Man muß ein Feuer entzünden, das Jahrhunderte hindurch leuchtet. Je größer die Ambition, um so heller leuchtet das Feuer. Das glaubten die Wikinger auch. Solange der Name ausgesprochen wird, lebt der Geist weiter. Er verläßt diese Gestade niemals, solange noch irgend jemand da ist, der seinen Namen kennt. Der Colonel hat für diese Ehre enorme Opfer gebracht, aber noch in hundert Jahren werden sie von ihm sprechen, also war er erfolgreich. Es ist ein Kampf gegen die Würmer der Zeit.« Er hob die Schultern. »Ich stehe auf keiner Seite, nur auf der meinen.«
Mulgrave gestattete sich ein kleines Nicken. »Also schön. Warten Sie hier.«
Er trat auf den Gang hinaus und sprach mit Captain Carrington über den Gefangenen. Jorge schwitzte trotz der Abendkälte. Er hoffte, er hatte den richtigen Kurs eingeschlagen. Mulgrave, so vermutete er, war weit mehr über Collins’ Tod betroffen, als er sich anmerken ließ. Darauf hatte er gesetzt. Und was er gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Collins war gestorben, während sein Stern noch hoch am Firmament stand, und dort würde er für immer bleiben, statt mit dem Alter zu verblassen, bis seine Taten in Vergessenheit gerieten. Eines Tages, wenn er und Regal zur Ruhe gefunden hatten, würde er vielleicht ein Buch darüber schreiben. Sobald er sein Werk über Navigation abgeschlossen hätte. Und dann konnten sie zusammen auf Reisen gehen, berühmte Entdecker werden. Van Diemens Land war nach wie vor unerforschtes Territorium.
Er lächelte, als er sich Collins’ Beerdigung vorstellte. Sein Staatsbegräbnis. Wäre er dort gewesen, hätte er es vorgezogen, Collins’ Leichnam auf einem brennenden Schiff auf die letzte Reise zu schicken, statt ihn in ein Erdloch zu legen und mit Dreck zu bedecken, zusammen mit den Überresten gewöhnlicher Sterblicher, denen die Ewigkeit nichts bedeutet hatte.
Und er fragte sich, was aus Collins’ unehelichen Kindern werden würde, die seinen Namen trugen und in Sydney lebten. Er hatte sich um sie gekümmert, solange er lebte, aber jetzt …
Mulgrave kam zurück, schloß beide Türhälften fest zu und senkte seine Stimme. »Wir haben uns entschlossen, Ihnen eine Stellung im Dienste der britischen Regierung anzubieten, und Ihr Einsatzort wird Lissabon sein.«
Jorge starrte ihn mit offenem Munde an. Er war sprachlos. Endlich einmal. Es hat eben alles ein erstes Mal, dachte er bei sich.
»Haben Sie mich verstanden?« fragte Mulgrave.
»Ja. Sie wollen, daß ich für England spioniere.«
»Wir wollen Sie als Agent provocateur einsetzen, das trifft es eher. Kennen Sie Lissabon?«
»Ich war schon dort.«
»Wenn Sie akzeptieren, wird man Sie in London einige Tage lang mit den Einzelheiten vertraut machen, und dann reisen Sie umgehend mit dem königlichen Paketschiff von Falmouth nach Lissabon.«
»Und die Bezahlung?«
»Die Einzelheiten wird ein Herr vom Kriegsministerium mit Ihnen erörtern.«
»Und Sie trauen
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