Salz der Hoffnung
sie herumzuführen. Erfreut hörte er sich ihre Komplimente an, während sie ihm von der Halle in den Salon folgten und einen Blick in sein Arbeitszimmer warfen. In jedem einzelnen Raum brannte ein Feuer. Eine ziemliche Verschwendung, dachte Maria, aber sie sagte nichts. Im Speisezimmer waren die Diener dabei, eine sehr lange Tafel mit feinem Silber, schneeweißem Tischleinen und glitzernden Kristallgläsern zu decken.
»Meine Güte, Jack!« rief Maria aus. »Das ist wunderschön. Ich hatte ja keine Ahnung. Wie kannst du dir all das nur leisten?«
»Der Pelzhandel, mein Kind. Er ist ungeheuer lukrativ. Vater weiß davon, er verdient auch nicht schlecht daran, aber er spricht in Boston mit niemandem darüber, damit es kein böses Blut gibt. Wir verkaufen hauptsächlich an die britische Armee, können gar nicht schnell genug nachkommen.«
Maria sah Edwinas Augen aufleuchten, aber Polly wechselte das Thema. »Der Tisch ist für vierzehn gedeckt, Jack. Wen erwartest du noch zum Essen?«
»Ich habe einige Gäste eingeladen, um eure Ankunft zu feiern. Ihr müßt schließlich meine Freunde kennenlernen.«
»Aber wir sind in Trauer«, wandte Maria ein. »Ich denke nicht, daß es schicklich wäre.«
»Oh doch, das ist es«, erwiderte Jack barsch und geleitete sie zurück in die Halle. Dann brachte er sie hinauf und zeigte ihnen ihre Zimmer, die alle wunderschön möbliert und luxuriös ausgestattet waren, doch Maria war bekümmert. Es war nicht richtig. Er schien ihre Mutter völlig vergessen zu haben. Jack hatte sich sehr verändert, strahlte nun eine gewisse Arroganz aus.
Einige britische Offiziere mit ihren Damen kamen zum Essen, und für alle außer Maria wurde es ein fröhlicher, genußreicher Abend mit erlesenen Speisen und edlen Weinen, deren Nachschubquelle nie zu versiegen schien. Polly saß an Jacks Seite und war in ihrem Element. Nach dem Essen spielte eine der Damen ihnen etwas auf dem Pianoforte vor, und schließlich bestand Jack darauf, daß sie alle zusammen sangen. Die Feier wurde ziemlich geräuschvoll, Neckereien und Scherze flogen hin und her. Die Neuankömmlinge saßen etwas abseits von der fröhlichen Runde und warteten auf den richtigen Zeitpunkt, um sich unter einem Vorwand zurückziehen zu können. Edwina war nicht sonderlich beeindruckt von der Gesellschaft, denn alle Männer schienen ihr mehr als nur ein bißchen angetrunken. Polly mußte mit ansehen, wie Jack mit einer Frau namens Lily flirtete, und sie kochte vor Wut. Jede Sekunde rechnete Maria damit, daß Polly eine Szene machen würde, und auch Jack hatte es offenbar bemerkt, denn er ließ sich plötzlich neben Polly aufs Sofa fallen, zog sie in seine Arme und begann sie zu küssen.
Polly war völlig überrumpelt und wußte nicht, ob sie ihn wegstoßen oder glücklich über seine Aufmerksamkeiten sein sollte. Nervös blickte sie zu Maria hinüber.
»Ich denke, das reicht, Jack«, sagte seine Schwester.
»Wenn du nichts dagegen hast, würden wir jetzt gern zu Bett gehen.«
Edwina schloß sich ihr an, aber Polly, die ja immer gegenteiliger Meinung sein mußte und vielleicht auch befürchtete, Jack könne sich wieder Lily zuwenden, blieb noch.
Am nächsten Morgen war Polly ganz und gar mit ihrer Situation versöhnt. Sie sah sich selbst schon als Dame dieses feinen Hauses und fand nichts als Lob für Jack. »Es war eine wundervolle Willkommensfeier. Jack hat sich unseretwegen so viel Mühe gemacht. Ich finde, es war ziemlich häßlich von euch, so hochmütig auf seine Freunde herabzublicken.«
»Das haben wir keineswegs«, widersprach Edwina. »Ich habe einfach kein großes Vergnügen an Feiern, auf denen zuviel getrunken wird. Ich finde, es verdirbt alles.«
Maria wollte nicht über den vergangenen Abend reden. Sie hatte jetzt schon Heimweh und vermißte David.
An den Wochenenden lud Jack gerne Gäste in sein Haus ein, doch unter der Woche war er kaum je daheim. Seine Geschäfte nahmen ihn vollkommen in Anspruch, und die drei Mädchen blieben sich meist selbst überlassen, vertrieben sich die Zeit mit Nähen, Lesen oder Kartenspielen. Das Wetter blieb schlecht, so daß sie das Haus kaum verließen, höchstens eine kurze Ausfahrt in der Kutsche unternahmen, um etwas an die Luft zu kommen.
In Pollys
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