Salz und Asche - Roman
tut mir so leid. Aber es muss nichts verloren sein. Auch wenn du es jetzt nicht glauben kannst, aber ich liebe dich von Herzen. Wir heiraten, Regine bleibt bei uns, und das Kind auch. Wir werden doch einen Weg finden, alles in Ordnung zu bringen. Niemand außer uns muss erfahren, was geschehen ist. Ich wäre untröstlich, wenn ich Unglück über euch gebracht hätte und nichts dagegen tun dürfte.«
»Du liebst mich von Herzen? Und Regine liebst du nicht?« Susanne sah ihm in die Augen und entdeckte erstaunt, dass Tränen darin glänzten.
»Doch. Ich wollte es nicht, aber …«
»Und nun willst du sozusagen uns beide heiraten? Darauf steht der Tod, wenn man es genau betrachtet.«
»Nein. Natürlich nicht! Was glaubst du von mir? Regine wäre meine geliebte Schwägerin, und nie wieder würde ich mich so vergessen wie dieses eine Mal.« Die ersten Tränen lösten sich und rollten ihm über die Wangen.
»Es tut mir leid, Lenhardt, aber das geht nicht. Regine würde das nicht ertragen. Ich glaube, sie liebt dich ebenfalls, und sie wird dein Kind zur Welt bringen. Wenn du also recht handeln willst, dann heirate sie und nicht mich.«
»Aber … Wie sollte ich das erklären? Und was ist mit dir? Habe ich dich verloren? Ich liebe dich. Wie kann ich …«
»Wenn du dich weigerst, Regine zu heiraten, werde ich unsere Verlobung nicht lösen. Ich werde dich heiraten, um das Schlimmste für uns alle zu verhindern. Aber du sollst wissen, dass es nicht mehr das ist, was ich mir wünsche.«
Schwerfällig erhob er sich. »Wolltest du mich jemals?«
Susanne nickte. »Ja. Aber nicht so sehr, wie du Regine willst oder sie dich.«
Er ging zum Fenster, wo Regine blass und mit weit aufgerissenen Augen ihre Hände rang. »Stimmt das, was Susanne sagt, Regine? Willst du mich heiraten und mit mir zusammenleben wie Mann und Frau? Willst du jeden Tag mit mir am Tisch sitzen? Für mich singen? Mit mir in der Nacht das Bett teilen und mir meine Kinder zur Welt bringen?«
Nun wurde Regine rot und krampfte die Hände ineinander. »Ich werde nicht heiraten, das sagen alle. Mein Kopf ist nicht wie der von anderen. Anje sagt, ich bin verhext.«
Susanne schloss die Augen. Auch das war ihr entgangen. Ausgerechnet im eigenen Heim hatte Regine sich auch das noch anhören müssen.
Lenhardt ließ sich davon nicht ablenken. »Du bist nicht wie andere, aber der Rest ist Unsinn. Sag mir, liebst du mich so, wie eine Frau einen Mann liebt? Möchtest du mich heiraten?«
Regine senkte verschämt den Kopf und nickte.
»Dann heiraten wir also. Du und ich. Mein Leben lang habe ich dich aus der Ferne gesehen und bewundert. Vielleicht war ich schon immer in dich verliebt.« Er kniete sich zu ihr und nahm sie in die Arme, während sie über seine Schulter hinweg verwundert Susanne ansah.
Susanne nickte ihr ermutigend zu und wischte sich ärgerlich die Tränen fort.
Ohne Klopfen öffnete sich diesmal die Tür, und Lenhardts Mutter kam herein. »Mädchen, der Regen …« Verblüfft blieb sie stehen, als sie Lenhardt und Regine in ihrer Umarmung sah. »Was ist das? Lenhardt, das geziemt sich nicht. Bei aller …«
»Mutter, ich werde deine Hilfe brauchen«, sagte Lenhardt.
Susanne beobachtete das Mienenspiel der vornehmen Frau. Ihr Blick ruhte so liebevoll auf ihrem einzigen Sohn, dass Susanne keine Bedenken mehr hatte. Solange Lenhardt dazu stand, dass Regine sein Glück bedeutete, würde seine Mutter alles tun, um ihm dieses Glück zu ermöglichen und zu erhalten. »Es ist richtig so«, sagte sie daher leise, als Elisabeth Lossius ihr einen fragenden Blick zuwarf.
Und sie wiederholte es auch später, als ihr Vater sie wesentlich entsetzter anblickte.
23
Wohin, Susanne?
I nnerhalb der Familien Lossius und Büttner hatte man sich darauf geeinigt, denen gegenüber, die es noch nicht besser gewusst hatten, zu behaupten, dass Regine von Anfang an die Braut gewesen war. In dem weiteren Kreis, den die Neuigkeit der bevorstehenden Hochzeit erreicht hatte, war ohnehin nur vom »Junker Lossius und der Büttnertochter« die Rede gewesen. Die Leute wunderten sich zwar, doch sie alle wussten, dass Regine nicht nur seltsam, sondern auch auffallend schön war und dass der junge Mann sich manche Eigenwilligkeit erlauben durfte.
Im engeren Kreis war es schwieriger zu erklären. Niemand wollte glauben, dass es so gekommen war, weil Lenhardt und Regine ihre große Liebe füreinander entdeckt hatten, obgleich das im Grunde der Wahrheit entsprach.
Hartnäckig
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