Salz und Asche - Roman
Martins und ihre Base, ließ ihre Schwägerin dieses Vorhaben fallen.
Susanne fühlte Dorotheas kalten Blick oft genug auf sich, doch noch ließ ihre Schwägerin sie in Ruhe.
Es fiel ihr nicht so schwer, die Macht über den Haushalt loszulassen, wie sie befürchtet hatte. Da sich für sie ohnehin alles verändert hatte, konnte sie auch diese Veränderung hinnehmen. Schwierig wurde die Sache mit einem Schlag, als Lene verkündete, dass ihre Mutter für sie eine Stellung in einem Patrizierhause gefunden hatte. Susanne hatte den Schreck noch kaum verdaut, da war Lene schon fort, und gleich darauf wurde die Muhme bettlägerig und siechte innerhalb weniger Tage dahin. Ihr Tod kam für niemanden überraschend. Es waren nur Susanne und Liebhild, die über ihren Verlust ehrlich trauerten.
Dorothea schien sich über die neuen Umstände zu freuen. Mit kaum verhohlener Genugtuung begann sie, Susanne Anweisungen zu geben, damit die Arbeit weiterhin nach ihrem Gutdünken erledigt wurde.
Nun zeigte sich, dass es Susanne sehr wohl etwas ausmachte, sich Dorothea unterzuordnen. Jeden Auftrag, mit dem ihre Schwägerin sie zwang, Dinge auf den Kopf zu stellen, die sie selbst stets für völlig in Ordnung befunden hatte, empfand sie wie eine Ohrfeige. Was sie für sauber, gut und tauglich gehalten hatte, wurde nun als schmutzig, schadhaft und unwürdig bezeichnet, musste geschrubbt oder ersetzt werden. Wo Blumen wuchsen, musste Kohl wachsen, und sogar ihre Hühner gehörten auf einmal einer legefaulen Rasse an. Obwohl Susanne sich fest vorgenommen hatte, den Frieden zu wahren, wuchs ihr Unmut, bis sie sich Dorothea schließlich widersetzte.
Die Folge war nicht etwa, dass Dorothea sich darauf einließ, mit ihr zu streiten. Scheinheilig wandte sie sich an Martin und ihren Schwiegervater und behauptete, sie fühle
sich nicht wohl dabei, Susanne Anweisungen zu geben, und überhaupt sei die Arbeit nicht zu schaffen.
Kurz darauf zogen zwei neue, junge Mägde ein, die ihr aufs Wort gehorchten. Es blieb Susanne gerade noch genug Zeit, einige der alten Dinge zu retten, an denen Liebhild, Till und sie immer am meisten gehangen hatten: den mit Vögeln bestickten, ausgeblichenen Vorhangstoff von Tills Bett, den kleinen Korb mit Schätzen, die sie als Kinder ihrer Mutter geschenkt hatten, Liebhilds erste Schuhe. Sorgsam verstaute sie alles in der Truhe ihrer Mutter. Diese hatte sie längst in ihre Kammer geschafft und auf den Fleck gestellt, wo früher die von Regine gestanden hatte. Ihr Vater hatte die große, elterliche Kammer an Martin und Dorothea abgegeben und war in Martins Kammer gezogen.
Was sich in den nächsten Wochen im Haus abspielte, konnte Susanne nur ertragen, indem sie sich aus allen Arbeiten so weit wie möglich zurückzog. Dorothea eignete sich ihr Heim nun vollends an und zerstörte damit das von Susanne und Liebhild. Immer häufiger fragte Liebhild bedrückt, warum Dorothea alles anders machen wollte und ob man nichts dagegen tun konnte. Da Susanne sie in dieser Hinsicht nicht trösten konnte, schenkte sie ihr stattdessen viel Zeit. Sie spielte mit ihr und den Jungen, suchte ihr altes Abecedarium heraus und unterrichtete die Kinder im Lesen und Rechnen. Sie gingen zu viert spazieren und unternahmen Ausflüge, für die Susanne früher nie Zeit gehabt hatte. Sogar die Saline ließen sie sich eines Tages von Sülfmeister Lossius zeigen, nachdem Liebhild einmal neugierig nachgefragt hatte, ob das möglich sei. Er führte sie zwischen den dampfenden Siedehütten herum, von denen jede einen eigenen Namen hatte, und erklärte ihnen, wie
die Sole vom Brunnen aus über Rohre in die Siedepfannen geleitet wurde.
Am selben Tag machte Herr Lossius ihr einen Vorschlag, den sie nicht ablehnen konnte, der ihr aber ein wenig Kummer bereitete. Er hatte für Paul und Minna einen Hauslehrer eingestellt und wollte gern auch Liebhild und Jost am Unterricht teilnehmen lassen, damit der Aufwand sich lohnte.
Susanne sagte ihm zu, dass sie ihren Vater von dem Plan überzeugen würde, und dachte dabei an die weiteren leeren Stunden, die das für sie bedeuten würde.
Ihr Vater war schnell überredet. »Jost kann bis zum Frühjahr mit unterrichtet werden. Dann fängt der Junge als Laufbursche in der Werkstatt an, damit er sich schon auskennt, wenn seine Lehrzeit beginnt. Und Liebhild ist ja ohnehin ständig in Hinriks Haus.«
Er sagte es in stolzem Tonfall. Susanne musste lächeln, weil ihn seine Verbindung mit dem noblen Haus so glücklich
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