Salz und Asche - Roman
versicherte Susanne wieder und wieder, dass es keinen Grund gab, sie zu bedauern, weil sie mit dieser Wendung völlig einverstanden sei. Besonders Lene konnte nicht fassen, dass Susanne nicht entsetzlich darunter litt, ihren Bräutigam und ihre Zukunftsaussichten an ihre Schwester verloren zu haben. Vor allem, da ihnen das Leben unter Dorotheas bedrückender Herrschaft bevorstand.
Susanne verdrängte den Gedanken an alles, was nach der Hochzeit kommen würde. Sie widmete sich den Vorbereitungen für das Fest mit größtem Eifer.
Weder Dorotheas Ermahnungen noch ihre eigene Vernunft konnten dabei verhindern, dass die Ausgaben schwindelerregend anwuchsen. Sülfmeister Lossius hatte in der Tat klare Vorstellungen davon, wie die Hochzeit seines einzigen Sohnes auszusehen hatte, und Susannes Vater hielt aus Stolz und Pflichtgefühl mit. Gerade weil der hochgestellte Bräutigam ihm nun zu denselben Bedingungen die schutzbedürftigere Tochter abnahm. Er hatte nie zu hoffen gewagt, dass Regine gut heiraten würde. Da konnte er sich auf keinen Fall lumpen lassen. Vierhundert Gäste erschienen Lossius nicht zu viel, also würde man vierhundert Gäste laden. Zwei Tage und Nächte sollte das Fest dauern. Am ersten Tag würde man gemeinsam im Haus des Sülfmeisters weilen, am zweiten Tag zöge die kleinere Gesellschaft um Martin und Dorothea in die Böttcherei um, wo Werkstatt und Hof zum Feiern hergerichtet wären.
Susanne arbeitete unermüdlich, und sie bemühte sich, Regine so oft wie möglich zur Seite zu haben und sie an den Vorbereitungen teilhaben zu lassen. Regine ging es dabei besser denn je. Ihre Übelkeit hatte sich gelegt, und auf ihre Müdigkeit nahm Susanne Rücksicht. Regine vergaß nie, dass es ihr Fest war, welches vorbereitet wurde, auch wenn sie nicht immer im Sinn behielt, welche Auswirkungen ihre Hochzeit haben würde. Susanne sprach viel mit ihr darüber, erklärte geduldig jeden Tag aufs Neue, warum sie bald nicht mehr im selben Haus leben würden.
Im Zuge der Vorbereitungen gelang es Susanne, sich eine Frage zu beantworten, die sie schon seit geraumer Zeit quälte. Sie schickte den neuen Gesellen, den ihr Vater als Ersatz für Till eingestellt hatte, zu Bertholds Haus, um bei Gisel Kerzen zu kaufen. Er berichtete ihr später, dass Gisels Tochter ihm geöffnet hatte. Gisel war im Kindbett gestorben.
Ihre Tochter bewohnte nun mit ihrem Bruder allein das Haus. Die Salinenverwaltung hatte es ihnen trotz der Schande um ihren Stiefvater gelassen, weil der junge Mann sich in seiner Siederlehre als redlich und vielversprechend erwiesen hatte.
Die Kerzen, die der Geselle mitbrachte, waren von mäßiger Güte. Susanne war es gleichgültig. Sie hatte für das Geld bekommen, was sie gewünscht hatte, auch wenn die Nachricht nicht erfreulich war.
Anfang August, eine Woche vor der Hochzeit, erreichten Neuigkeiten die Stadt, die Susanne ebenfalls bedrückten. Bei Warschau war eine große Schlacht geschlagen worden, deren Ausgang von vielen Lüneburgern bestaunt und bejubelt wurde. Der schwedische König Karl Gustav und sein Verbündeter Friedrich Wilhelm hatten mit einem Heer aus 9500 Schweden und 8500 Brandenburgern eine polnische Übermacht von 40.000 Mann geschlagen. Die ruhmreiche Kampfkraft des kurfürstlichen Heeres war in aller Munde. Von den Toten sprach niemand. Susanne dagegen dachte nur an die Toten und Verwundeten. Wenn Till sich tatsächlich den Brandenburgern angeschlossen hatte, wie sie fest glaubte, warum ließ er jetzt nicht von sich hören?
Auch diese Sorge musste sie für sich behalten, denn weder vor ihrem Vater noch vor Martin durfte sie Till erwähnen.
Am letzten Tag vor der Hochzeit leitete sie bis spät in den Abend die geliehenen und angeworbenen Helfer und Helferinnen an, um die Böttcherei zu einem Schmuckstück zu machen. Mit allem, was ihr zu Gebote stand, sorgte sie dafür, dass ihre Schwester zur schönsten Braut wurde, die Lüneburg jemals gesehen hatte.
Erst als sie an jenem Abend in ihre sommernachtshelle
Kammer kam und sah, wie Regine und Liebhild Seite an Seite schliefen, setzte sie sich auf ihr Bett und ließ den Tränen ihren Lauf. Zum letzten Mal sah sie dieses Bild, zum letzten Mal würde sie am Morgen sehen, wie Regine lächelnd neben Liebhild im Alkoven saß und sich von ihr die Haare durchsträhnen ließ.
Die Paare sprachen ihre Gelöbnisse am Samstagvormittag in der St.-Johannis-Kirche. Regine überstrahlte in ihrer kostbar bestickten grün-goldenen Tracht mit
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