Salz und Asche - Roman
ich mich wieder setzen muss und danach laufen. Durch die Gasse laufen, meine ich.«
Die bierseligen Gemüter am Tisch klopften sich die Schenkel vor Lachen.
»Aber wie ist die Bewaffnung, Junge?« Schwalbach beugte sich noch immer gespannt vor.
Till dagegen lehnte sich seufzend zurück. »Ich weiß, was du hören willst, Schwalbach. Ich habe euer Anliegen nicht vergessen. Und ich schwör dir, ich kann dir jedes einzelne Feuerrohr der Brandenburger und Schweden aufmalen, so genau habe ich sie mir angesehen. Nur wirst du mit den Kessen Greten wohl nichts mehr bei Oberst von Torgewalk. Der Kurfürst hat die Parole ausgegeben, aufs Zielen käme es nicht an, sondern aufs schnelle Laden und auf den Gleichschritt beim Schießen. Er meint, Scharfschützen bekäme er ohnehin nicht so viele zusammen, dass es sich lohnte. Eine Unzahl schlechter Schützen ist ihm nützlicher, solange sie nur wacker voranmarschieren und laden und losknallen und laden, auch wenn die Hälfte von ihnen schon tot geblieben ist. Je billiger die Büchsen, desto besser.«
Auch Schwalbach lehnte sich nun zurück und seufzte. »Ein Jammer.«
Kienzle stieß ihn in die Seite. »Dann bauen wir eben billige Büchsen für die stehenden kurfürstlichen Luftlöchermacher und behalten die Kessen Greten den Könnern vor. Was, Herr Büttner, du willst doch eine haben?«
»Wüsste nicht, wovon ich sie bezahlen und worauf ich schießen sollte.«
Jan konnte sich nicht erklären, woran es lag, dass er auf einmal wütend war. Er sprach, bevor er nachgedacht hatte. »Ziehst halt herum und schießt in den Städten die Papagoyen von den Stangen oder Ratten von den Misthaufen. Vielleicht spendiert dir einer einen Heller für die Kunststücke.«
Till wandte sich ihm zu. »Ich weiß was Besseres. Wir gehen zusammen, und du hältst mir die Zielscheibe fest. Geht es daneben, könntest du vielleicht noch als Krüppel betteln gehen, hättest ausgesorgt und gehörtest einem Stand an, in dem du dich zu Hause fühlst.«
»Du würdest danach wohl auch logieren, wo du hingehörst, Büttner. Mir scheint, du legst es auf einen sicheren Platz in einem dunklen Loch an. Oder willst du deinen Vater stolz machen, indem du gleich am Seil tanzen lernst? Mich würde es nicht wundern, wenn du vor dem Quittieren nicht gefragt hättest.«
Kienzle hob beschwichtigend die Hände. »Nu, nu, Herr Hund und Herr Kater. Was da auch zwischen euch ist, werft mal einander nicht Galgen und Rad vor.«
Till zog ein gefaltetes Blatt Papier aus seinem Koller und warf es auf den Tisch. »War nicht einfach, aber ich habe in Ehren quittiert. Da steht es. Hast du das auch, Niehus?«
Jan sah ihm kühl in die Augen, obgleich es in ihm brodelte. Till schien ihm auf einmal alle Ungerechtigkeit der Welt zu verkörpern. »Wollen wir vor die Tür gehen?«
Till nahm das Papier wieder an sich, nachdem niemand die Hand ausgestreckt hatte, und stand auf. »Mein Pläsier.«
»Keine Waffen«, sagten Kienzle und Schwalbach wie aus einem Munde.
»Wir kommen ohne aus«, sagte Jan. Das Blut rauschte
in seinen Ohren, während er sein Wams auszog, es auf das Fass warf, auf dem er gesessen hatte, und seine beiden Messer dazulegte.
Auch Till häufte seine Ausrüstung auf seinen Sitzplatz. »Dass mir einer darauf achtet.«
Nicht nur die Büchsenmacherbande strömte mit auf die Gasse, sondern auch die Schenkengäste, die Zeugen der Herausforderung geworden waren und nun auf Kurzweil hofften.
Draußen zog Jan das Hemd aus und warf es einem seiner Mitgesellen zu. Till folgte seinem Beispiel. Der Anblick ernüchterte Jan ein wenig. Susannes Bruder sah nicht aus wie ein Schwächling, aber er war jünger und kein Schmied. Er wollte sich hüten, ihn zu unterschätzen, aber ein gleicher Kampf war es nicht.
»Seit letztem Sommer wollte ich das schon. Los, mach, was du gern tust, aber glaub nicht, dass ich es einstecke wie eine Frau«, sagte Till, spuckte ihm vor die Füße und hob die Fäuste.
Jan schlug ihm in den Magen, bevor Till zu Ende überlegt hatte, wohin er selbst seinen ersten Hieb setzen wollte. Till krümmte sich zusammen, keuchte und vergaß seine Deckung vollends, doch Jan nutzte es nicht aus. »Ich habe sie nicht geschlagen«, sagte er und wartete, bis Till sich gefangen hatte. Wie ein blindwütiger Ziegenbock ging dieser plötzlich auf ihn los, von Unbedarftheit keine Spur mehr. Mit dem Denken war es vorbei. Schlag, Abwehr, Abwehr, Schlag auf Schlag, Blut, Schmerz, Schlag, das Geraune und Gegröle von
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