Salz und Asche - Roman
erwog, ob er noch einmal die Mühe einer Antwort auf sich nehmen wollte. »Brandenburg«, sagte er schließlich und senkte den Kopf wieder.
»Habt Dank«, sagte Jan und bemühte sich, nicht spöttisch zu klingen.
Auf dem Nachbarschiff erhob sich ein anderer Schiffer und reckte sich stöhnend. »Mit Habdank schmalzt man keine Suppe.«
Jan schnaubte belustigt. »Ich würde Euch ja gern Eure Suppe schmalzen, aber so vermögend bin ich leider auch nicht. Außerdem frage ich nur aus Neugier. Schadet mir nichts, wenn ich nicht mehr erfahre.«
»Dein Wams sieht nicht lumpig aus. Was bist du denn?«
»Schmiedegeselle. Leben kann ich gut, aber nichts verschenken.«
»Ach? Ich dachte, Handwerker wären in dieser Stadt alle reich.«
»Wenn das mal so war, dann vor meiner Zeit.«
»Dann solltest du dir überlegen auszuwandern. Reiche Herren im Osten zahlen hohe Löhne für gute Handwerker. Passage gebe ich dir, wenn du dafür arbeitest. Als Schmied hast du ja wohl die Arme dafür.«
»Muss mal darüber nachdenken. Eigentlich wollte ich sesshaft bleiben.«
»Ach, sesshaft! Weiß nicht, was die Lüüd daran finden. Rostig würd ich dabei im Kopp.«
»Naja, das Herumziehen hat auch seine Schattenseiten. Wer schert sich um einen?«
Die Miene des Schiffers wurde nachdenklich, dann nickte er. »Man betet dafür, dass man gesund bleibt und keinen braucht, der einen betüdert.«
»Ja. Aber trotzdem. Hab Dank für das Angebot.«
Der Schiffer lachte. »Schon recht. Wenn du wat über den Herrn von Waldfels wissen willst, dem das Schiff gehört, frag den Hudenvogt. Der konferiert immer mit dem Hochwohlgeborenen. Da kommt er just.«
Jan musste seine Selbstbeherrschung zusammennehmen, um nicht herumzufahren. »Das lass ich wohl lieber. Was macht das für einen Eindruck?«, sagte er und zwinkerte dem Schiffer zu.
»Das ist der junge Mann«, sagte da hinter ihm Rieger.
»Na, dann wollen wir mal hören, was er hier verloren hat«, sagte eine zweite Stimme. »Heda, junger Freund. Hat Er sich verlaufen? Kann man Ihm helfen?«
Jan drehte sich so gemächlich um, wie es ihm gerade noch höflich erschien. Der Hudenvogt war an seinem amtlich wirkenden langen blauen Rock und der passenden Kappe unschwer zu erkennen. »Guten Abend, die Herren. Nein, ich kenne den Weg, habt Dank. Ich vertrete mir nur die Beine und dachte, ich sehe mir mal etwas Neues an. Hier mit den vielen Ewern und da hinten mit dem schönen Schiff, das ist schon was.« Die Gabe des Lügens kam zurück zu ihm, als hätte er sie nie abgelegt. Er hatte Angst davor gehabt, entdeckt zu werden, doch nun geriet sein Herz keinen Schlag aus dem Takt. Dieser Rieger war ihm zuwider. Er würde ihm nicht die Genugtuung gönnen, ihn überrumpelt zu haben.
Der Hudenvogt hatte einen Zwirbelbart, dessen Enden unaufhörlich zuckten. Er hielt beide Hände hinter dem Rücken gefaltet und starrte Jan durchdringend an. »Die Hude ist kein öffentlicher Tummelplatz. Hier lagern Werte, um die schon manche Schlacht geschlagen wurde. Sieh Er sich mal um! Das ist das wahre Fundament unserer Stadt. Meine Aufgabe ist, dieses Fundament zu schützen, und das werde ich tun. Mit allen Mitteln, da kenne ich keine Gnade. Er tut gut daran, nach Hause zu gehen und das im Sinn zu behalten.«
Der drohende Unterton des Mannes ließ Jan annehmen,
dass dieser ihn für einen Holzdieb hielt. Wahrscheinlich hatte Rieger ihm den Verdacht eingeflüstert. Unwillkürlich blitzte in ihm die Frage auf, wie er es anstellen würde, eine Ladung Holz von diesem Ort zu stehlen. Doch er ließ sich nichts anmerken. »Meine Anerkennung, Herr. Da habt Ihr eine wichtige Aufgabe. Euer ordentliches Holzlager habe ich auch bewundert, aber neugierig war ich mehr auf die Schiffe. Ich habe mir sagen lassen, das Prachtstück da gehört einem Herrn von Waldfels. Das muss ein vornehmer Herr sein. Handelt er auch mit Holz, dass sein Schiff hier an der Hude und nicht im Stadthafen liegt? Ich dächte, das wäre doch bequemer.«
»Ein tumber Gedanke, dass jemand mit solch einem Schiff Holz fahren sollte. Der Herr von Waldfels hat es hier liegen, weil er der Ansicht ist, dass …«
Rieger fiel ihm ins Wort. »Das geht den Mann wohl kaum etwas an, Hudenvogt.«
Jan hob beschwichtigend die Hände. »Nichts für ungut. Ich will nicht lästig sein. Mache mich schon davon. Wünsche noch einen Gesegneten.«
Rieger sah ihn mit einem Mörderblick an, der Hudenvogt nickte selbstgefällig. »Aber lass er sich gesagt sein, dass ich ein
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