Salz und Asche - Roman
anständigen
und gut aussehenden großen Bruder einen Korb zu geben. Mittlerweile konnte sie sich vorstellen, dass Dorothea ihre Gründe dafür hatte.
Ihr Vater räusperte sich auf die Art, die bedeutete, dass er ihnen eine Rede halten würde, der sie gut zuhören sollten. »Eure Mutter und ich …«, setzte er an und machte eine andächtige Pause, »Eure Mutter und ich, wir haben uns gern gehabt und haben es nie gutgeheißen, wenn Leute sich heiraten, die sich nicht mögen. Ein Hausstand kann nicht gedeihen, wenn er schon mit Zank beginnt, ganz gleich, wie opportun die Verbindung sein mag. Aber davon kann ja bei Dorothea keine Rede sein. Wer weiß, was da für ein Trotz in sie gefahren ist. Du solltest die Hoffnung noch nicht aufgeben, Martin. Ich werde ihrem Vater sagen, er soll noch einmal mit ihr reden, damit sie weiß, worum es geht. Dann wird sie schon Vernunft annehmen.«
Susanne tupfte mit dem Finger ein paar Krumen auf und führte sie zum Mund. »Was, wenn sie wirklich ins Kloster möchte?«
Ihr Vater schnaubte verächtlich. »Eine Frau geht nicht ins Kloster, wenn sie ihrer Familie mit einer Heirat besser helfen kann. Nicht umsonst hat Luther die Nonnen aus den Klöstern geführt. Gottesfürchtig kann eine Frau auch in einem gottesfürchtigen Haushalt sein.«
»Wenn sie mich nicht will, dann soll keiner sie dazu überreden«, sagte Martin.
»Mein Sohn, ich sage dir, dass junge Frauen oft nicht wissen, was gut für sie ist. Woher sollen sie es auch wissen, wenn es ihnen kein verständiger Mann erklärt? Vielleicht fürchtet sie sich nur ein bisschen vor der Ehe. Ihre Mutter ist maulfaul, und Marquart selbst ist tüderig. Hat wohl versäumt, mit seiner Tochter vernünftig zu reden.«
»Martin, sag einmal, wie gut kannst du Dorothea eigentlich leiden?«, fragte Till.
Martin kaute und schluckte ohne Eile, bevor er antwortete. »Gut genug.«
Till verzog spöttisch das Gesicht. »Ah! Wäre ich eine Maid, ich fiele dir zu Füßen, du Poet.«
»Hm. Wärest du eine Maid, ich ließe dich da liegen. Was ich brauche, ist eine Frau, die Vernunft und Sinn fürs Geschäft hat. Liebeslieder haben noch niemanden satt gemacht.«
»Gott bewahre, dass du ihr vorsingst. Das würde sie am schnellsten ins Kloster treiben. Was mich wieder aufs Schützenfest bringt. Wir gehen doch alle? Wirst du mit der Armbrust schießen, Bruderherz, oder willst du dir auch eine von den neuen langen Musketen leihen? Spornmaker ist morgen Abend beim Schießstand, da könntest du sie probieren.«
»Ich schieße die alte Armbrust, schon der Tradition halber. Aber die Musketen will ich mir mal ansehen. Gehen wir zusammen?«
»Musst Vater fragen, ob wir gehen dürfen oder ob wir uns dann zu sehr mit dem hergelaufenen Wenden gemeinmachen.«
»Ich will mich ja nicht gemein mit ihm machen, sondern nur seine Büchsen sehen. Hast du was dagegen, Vater?«
Ihr Vater schob die Lippen vor und wog nachdenklich das Haupt. »Wäre selbst nicht ganz abgeneigt, mir eine neue Muskete zuzulegen. Werde euch also begleiten.«
Zufrieden nahm Till die letzte Waffel aus der Schale. »Wenn du jetzt eine kaufst, hast du noch drei Wochen zum Üben, bis du den Papagoy treffen musst. Was mich wiederum darauf bringt, dass wir noch ein bisschen Tanzen üben
müssen, Suse. Du wirst dieses Jahr sicher keinen Tanz auslassen können. Die Kerle werden bei dir anstehen.«
Susanne fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. »Red keinen Unsinn. Wie kommst du denn darauf?«
»Warte ab. Ich glaube, es gibt so einige, denen aufgefallen ist, dass du ein fröhliches Tanzbein schwingen kannst. Und da ist ja nichts dabei. So viel Freude muss man doch haben dürfen. Oder, Vater, meinst du was anderes?«
»Kannst dir jedenfalls gewiss sein, dass ich ein scharfes Auge darauf haben werde, wer sich an meine Tochter heranmacht. Werde die Muskete zur Sicherheit in der Hand behalten, damit die Herren gleich wissen, was ihnen blüht, wenn sie sich nicht zu benehmen wissen.«
9
Der Diener mit dem Gehstock
D er Himmel war auch am Montag noch grau, und Jans Stimmung passte gut dazu. Verbissen stürzte er sich in seine Arbeit, die wie üblich alle anderen Gedanken verdrängte.
Er brauchte Meister Schmitts anerkennende Blicke nicht, um zu wissen, dass er ein guter Schmied war, und er brauchte keinen Lohn, um die Arbeit gern zu tun. Mit jedem Schwung und jedem Schlag liebte er, was er tat. Er sah fertige Werkstücke vor dem inneren Auge und genoss es, wenn das rohe Eisen unter
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