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Salz und Asche - Roman

Salz und Asche - Roman

Titel: Salz und Asche - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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nicht mehr in der Warborch sind. Sie haben sie auf dem Schiff fortgebracht. Kathi vom Hafen hat für Till die Schiffer gefragt.«
    »Ich habe es mir gedacht. Für die Kinder kann ich wohl nicht viel tun. Lieber werde ich versuchen, den Totschläger zu finden. Vielleicht decken die Büttel auch den Kinderhandel auf, wenn man ihm den Prozess macht. Sei du nur vorsichtig, wenn du dem Herrn von Waldfels begegnest. Und halt dich von Rieger und Kowatz fern.«
    »Ich werde vorsichtig sein.« Susanne gab ihm recht, um ihn zu beruhigen, obwohl sie den Gedanken kaum ertragen konnte. Wie sollte sie sich damit abfinden, nichts mehr für die Kinder zu unternehmen, nachdem sie nun sogar ihre Gesichter kannte? Die Kleinen hatten so eingeschüchtert ausgesehen.
    Mittlerweile sah Jan sie wieder an. Sie beugte sich zu ihm und gab ihm einen flüchtigen Kuss, dann hakte sie behutsam einen Finger in die Lederschnur um seinen Hals. »Was trägst du da, ein Kreuz oder ein Amulett?«
    »Wirst du es nicht weitersagen?«
    Sie verneinte stumm, und er zog die Schnur unter seinem Hemd hervor. »Meine Mutter hat mir eingeschärft, ich solle immer sagen, es wäre ein Kreuz, falls jemand fragt.
Es ist sehr alt und hat meinem Vater gehört. Das Einzige, was ich von meinen Eltern noch habe.«
    Er zeigte ihr das daumenlange silberne Schmuckstück am Ende der Schnur. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein mit alten Ornamenten verziertes, abgegriffenes Kreuz, die Proportionen stimmten jedoch nicht. »Was ist es in Wahrheit?«
    »Mein Vater glaubte, es wäre ein Hammer. Unsere Vorfahren waren alle Schmiede. Dieser Schmuck gehörte immer dem ältesten Sohn.«
    »Und du bist der Älteste?«
    »Das einzige Kind.« Er ließ den Hammer in seinen Hemdausschnitt fallen.
    Susanne begriff, dass er nicht mehr darüber sprechen mochte, doch sie hatte schon so viel über ihn nachgedacht, dass es ihr nun keine Ruhe ließ. »Sei mir nicht böse, wenn ich dich das frage, aber … Du bist doch nicht tatsächlich mit einer Halsabschneiderbande herumgezogen, bevor du nach Lüneburg kamst?«
    Er schloss die Augen wieder und lehnte den Kopf gegen die Wand. »Wer hat dir das erzählt?«
    »Eine Frau aus dem Hafenviertel. Auch Till sagte, dass so etwas über dich geredet wird.«
    »Hat er dich vor mir gewarnt?«
    »Nein. Im Gegenteil. Er meinte, ich wäre zu unfreundlich zu dir, und wollte wissen, ob das daran läge, dass ich auf hässliche Gerüchte höre. Er hat mich gescholten.«
    »Und hattest du auf die Gerüchte gehört?«
    Sein Tonfall verriet kein Gefühl, doch gerade das ließ Susanne vermuten, dass sie vorsichtig mit ihrer Antwort sein musste. »Nein. Außerdem glaube ich nicht alles, was ich höre.«

    »Tja. Manchmal solltest du es aber glauben. Unglücklicherweise ist es nämlich wahr.«
    Als er sie nun ansah, war seine Miene abweisend. Verwirrt sah sie auf ihrer beider Hände, die noch immer verschränkt waren. Er hielt sie gleichzeitig fest und wies sie zurück. Er offenbarte ihr ein schreckliches Geheimnis und schien doch nicht bereit, ihr etwas zu erklären. Wollte er ihr Angst machen? Oder hatte er so große Angst vor ihrem Urteil, dass er sie vorsorglich zurückstieß? »Auch wenn es die Wahrheit ist, denke ich nicht schlecht über dich. Manchmal hat die Wahrheit mehrere Seiten.«
    Er nickte und verzog spöttisch den Mundwinkel. »Und manchmal ist sie nur die einfache Wahrheit.«
    »Willst du mir Angst vor dir machen?«
    »Ich will, dass du mich nicht für besser hältst, als ich bin.«
    »Erzähl mir von damals.«
    Ein gewaltiges Krachen im Gebälk ließ sie beide zusammenzucken und aufspringen. Vor Schreck stob die Schwalbe aus ihrem Nest in der Zimmerecke und flatterte aufgeregt einige Runden durch den Raum. Jan zog Susanne an sich, wie um sie zu beschützen. »Eines Tages bricht es doch noch zusammen«, flüsterte er.
    »Weich nicht aus. Was war damals? Warst du nicht noch ein Kind?«
    »Es war eine böse Zeit, und ich möchte nicht darüber reden. Ich hatte niemanden mehr, und die Bande hat mich ein gutes Jahr lang mitgeschleppt. In der Nähe von Hamburg haben Männer des Braunschweiger Herzogs die Anführer geschnappt und aufgehängt. Ich habe mich vom Rest losgemacht und bin hier angekommen. Sechs Jahre ist es her. Und wenn du das weitererzählst, dann kommen
vielleicht ein paar ehrbare Lüneburger auf den Gedanken, mich auch noch aufzuhängen. Wer weiß, wenn Schmitt nicht so großzügig gewesen wäre, mich anzunehmen, wäre ich am Ende vielleicht

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