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Salz und Asche - Roman

Salz und Asche - Roman

Titel: Salz und Asche - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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nicht erlauben, dass sie tanzt. Wo soll Liebhild sitzen?«
    Liebhild saß Susanne schräg gegenüber, zwischen Lenhardt und Till. Der letzte Stuhl an jener langen Seite der Tafel wurde von Herrn von Waldfels besetzt.
    Susanne und Lenhardt waren zur rechten und linken Hand seiner Mutter platziert. Es war eine bezeichnende Sitzordnung. Lenhardts Mutter schien ebenso viel daran gelegen zu sein, Susanne einen Platz im Hause schmackhaft zu machen, wie ihm selbst. Sie hätte sich geehrt fühlen sollen, spürte stattdessen jedoch, wie sich die unsichtbare Schlinge um sie herum enger zuzog. Sie schämte sich jetzt schon dafür, Lossius’ Erwartungen zu enttäuschen.
    Herr Lossius schlug mit einem Messer gegen sein Glas, nachdem alle Platz genommen hatten. »Werte Gäste, seid willkommen. Ich will nicht zu viel sagen, doch das Folgende soll kein Geheimnis bleiben: Ich hoffe, dass wir uns
noch oft in einer Runde wie dieser zusammenfinden. Nun lasst Euch auflegen und genießt, was wir zu offerieren haben.«
    Als Hinrik Lossius zu Ende gesprochen hatte, ergriff seine Frau das Wort und klärte die Runde über die aufgetischten Leckereien auf. Mit Feigen und Rosinen oder mit winzigen Erdbeeren gefüllte Törtchen waren neben Platten voller warmer, buttergebackener Strützel aus Eidottern und Rahm aufgebaut. Verzierte Plätzchen und ausländische kandierte Früchte sahen aus wie Schmuckstücke, und die ganze Pracht duftete verlockend nach Zimt und gerösteten Nüssen. Liebhilds verzückte Miene sprach Bände.
    Sobald jeder Gast sich nach Frau Lossius’ Rat den Teller gefüllt hatte, wandte sie sich Susanne zu. »Und du führst also euren Haushalt? Mein Sohn sagt, du hättest wenig Unterstützung dabei und meisterst die Aufgabe dennoch ausgezeichnet. Deine Mutter muss eine weise Frau gewesen sein, dass sie dich beizeiten alle nötigen Fähigkeiten gelehrt hat. Ich führe unser Haus mithilfe von acht Bediensteten und fühle mich gelegentlich angestrengt davon. Daher habe ich großen Respekt vor einer jungen Frau, die so viele Arbeiten selbst übernimmt.«
    Susannes Wangen glühten. Sie sah auf den Silberlöffel in ihrer Hand und die silbernen Teller, auf denen sich aufwendiges Back- und Zuckerwerk häufte. In Liebhilds noch immer staunenden Augen spiegelte sich das Glitzern und Glänzen von kostbarem Geschirr und Wachskerzenflammen. Ahnte Frau Lossius wirklich nicht, wie groß der Unterschied zwischen ihnen war? Sie überlegte, ob sie das Ansehen ihres Vaters herabsetzen würde, wenn sie darauf hinwies, wie viel größer und reicher der Haushalt der Lossius’ war als ihr eigener. »Ich fürchte, Ihr überschätzt
mich. Es ist vielmehr so, dass unser Hausstand sich meinen einfachen Fähigkeiten angepasst hat. Zu meinem Glück haben die Mitglieder unseres Hauses bescheidene Ansprüche.«
    Lenhardt klickte mit der Zunge. »Ts. Mutter, da hörst du. Du bringst sie in Verlegenheit. Susanne ist selbst bescheiden. Ihren Worten zum Trotz ist ihr Haus ein Schmuckkästchen.«
    Susanne wurde noch elender zumute. Sie traute Lenhardt zu, dass er sie in höchsten Tönen gelobt hatte, um seine Mutter für sie einzunehmen. Jede andere hätte ihn wohl spätestens jetzt dafür geliebt. Er zwinkerte ihr zu, ein breites Lächeln auf seinem anziehenden Gesicht. Wie merkwürdig es war, dass man nicht mit dem Kopf entschied, wen man liebte. Das Leben wäre so viel einfacher gewesen. Sie mochte Lenhardt, doch das Gefühl war matt im Vergleich zu dem, was sie für Jan fühlte. Jeder Gedanke an ihn ließ ihr Herz jubeln und zittern zugleich.
    Elisabeth Lossius wandte sich freundlich an Liebhild und fragte sie, ob sie brav im Haushalt hülfe und auch schon lesen gelernt hätte.
    Susanne wusste, dass sie hätte zuhören sollen und sicherstellen, dass Liebhild sich gut benahm, doch ihre Aufmerksamkeit wurde von Herrn von Waldfels gefesselt. Sein edler Aufzug stach selbst aus dem Sülfmeisterprunk noch heraus, doch darauf achtete Susanne kaum. Seine dünnen, fast weißen Haare umspielten zarte Schultern. Auf seine bleiche Art hatte er etwas von einem Engel. Das bartlose Gesicht und die hellen Augen leuchteten wie von innen heraus, während er ruhig und melodisch zu Till sprach. Es blieb ihr unvorstellbar, dass dieser Mann Kinder kaufte, um sie einem üblen Zweck zuzuführen.

    »Wenn ich also den Worten Eures reizenden kleinen Geschwisterkindes Glauben schenken darf, dann ist die Fassmacherei ein faszinierendes Handwerk, und Ihr, Euer Bruder und ehrenwerter

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