Salz und Asche - Roman
nach den Zunftbrüdern ginge, dann hätte ich ihn nie annehmen dürfen und sollte ihn entlassen. Natürlich steckt dahinter der blanke Neid. Damals haben sie gedacht, ich würde meine Weichherzigkeit schon noch bereuen. Aber da gibt es nichts zu bereuen. Einen besseren und anständigeren Gesellen als Jan hat keiner von ihnen. Und so soll es bleiben, Jungfer. Wenn Ihr klug seid und etwas für ihn übrighabt, dann bringt ihn dazu, dass er einen weiten Abstand von Euch hält. Wenn es ein Aufsehen um ihn und Euch gibt, muss ich ihn zu seinem Besten fortschicken.«
Susanne überlief es kalt, und ihr wurde die Kehle eng. »Das dürft Ihr nicht. Es wäre schlimm für ihn. Er will nichts anderes sein als ein Schmied.«
»Dann wisst Ihr, was Ihr zu tun habt.«
»Gäbe es denn keinen Weg?«
»Was für einen Weg meint Ihr? Euer Vater wird Euch zehn bessere Männer nennen, die er gern als Eidam sähe. Jeder von denen wird für Euch und Eure Kinderchen sorgen können, und einer von ihnen wird Euch wohl gefallen. Ich hab’s Euch gesagt: Selbst wenn ich dürfte, wollte ich nicht. Ein Geselle erhält keinen Lohn, von dem er eine Familie sattfüttern kann. Und Ihr wollt nicht eines Tages überlegen müssen, ob Euch jemand Eure Kinder abkaufen will, nicht wahr?«
Susanne drückte den Korb an sich und wandte sich zum Gehen. »Niemals würde ich ein Kind verkaufen. Nie. Wollt Ihr Jan bitte trotz allem sagen, was ich Euch erzählt habe?«
»Ja, das werde ich. Und Ihr werdet beherzigen, was ich Euch gesagt habe, sonst muss ich mit Eurem Vater sprechen.«
Susanne nickte, ohne ihm noch einmal in die Augen zu sehen. Er hatte recht. Doch wie konnte sie seinen Rat beherzigen, wenn es ihr erschien, als würde sie dadurch alle Freude in ihrem Leben ersticken?
Auf dem Heimweg sah und hörte sie nichts um sie her. Nur knapp entging sie dem Zusammenstoß mit einem Salzfuhrwerk, weil der Fuhrmann sie lautstark warnte. Der Schreck brachte sie zu sich. Ebenso war ihre Mutter ums Leben gekommen. War sie auch so gedankenverloren unterwegs gewesen? Gewiss hatte sie den Kopf mit ihren unzähligen Pflichten voll gehabt. Was hätte ihre selbstlose Mutter von einer Tochter gehalten, die sich so unvernünftig den falschen Mann wünschte und ihn womöglich mit ihrer törichten Anhänglichkeit ins Unglück zog?
Im Grunde hatte sie von Anfang an geglaubt, dass sie
Jan wieder verlieren würde. Sie hatte geträumt, und leider musste ihr Traum noch etwas früher enden als erhofft.
Aber ein Mal wollte sie ihn noch sehen. Wenigstens ein Mal darüber sprechen, was vorgefallen war und wie man Berthold beikommen konnte. Danach würde sie ihm sagen, dass sie sich nicht mehr treffen durften. Sie fühlte, wie ihr Herz bei dem Gedanken daran erstarren wollte.
Und was, wenn Schmitt Jan so bearbeitete, dass er sie lieber kein einziges Mal mehr treffen wollte? Vielleicht würde er besser damit leben können als sie. Vielleicht würde sie morgen im schiefen Haus auf ihn warten, und er würde nicht kommen, sondern mit den anderen Gesellen im Bunten Hahn Bier trinken.
15
Gefährliche Abschiedsstunde
S eit Jan von dem gefundenen Hammer gehört hatte, wusste er, dass höchste Eile geboten war. Das Schmiedewerkzeug wie die Mordwaffe aussehen zu lassen war Riegers Werk, darauf wollte er wetten. Wahrscheinlich hatte der Lump jemanden dafür bezahlt, den Hammer ins Fischernetz zu schmuggeln, und einen Bader bestochen, damit der im Nachhinein verkündete, Wenzel müsse an Hammerschlägen gestorben sein. Dabei genügte ein einziger Schlag, dazu musste der Täter nicht einmal ein ausgewachsener Schmied sein.
Spätestens die Sache mit dem Hammer hatte Jan davon überzeugt, dass sein Schicksal mit Alberts Unglück verknüpft war, damit er für seine eigenen Sünden Buße tat. Er hatte immer geahnt, dass Gott eines Tages darauf zurückkommen würde. Als Junge hatte er in Notwehr einen Mann mit dem Schmiedehammer erschlagen. Der Tote war so böse gewesen, dass die Welt ohne ihn besser dastand. Dennoch lastete die Tat schlimmer auf seinem Gewissen als die vielen kleinen Verbrechen, in die er später gegen seinen Willen verwickelt worden war.
Es mochte sein, dass der Täter auch diesmal nicht böser war als das Opfer, doch er wurde doppelt schuldig, wenn er Albert an seiner Stelle sterben ließ.
Jan war zum Hafen geeilt, sobald Schmitt ihn hatte gehen
lassen. Er klapperte die Schenken ab, ohne noch besonders viel Wert darauf zu legen, dass er nicht auffiel. Wer war der Rote
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