Salz und Asche - Roman
hören, um zu wissen, dass er ihr nicht glaubte.
»Ihr meint es gewiss gut. Aber noch jemanden zu beschuldigen wird uns nur weiter in Schwierigkeiten bringen.
Da müsstet Ihr mir schon Zeugen nennen, die alles mit angesehen haben, bevor ich das wagen würde. Oder der Schuldige müsste ein Geständnis ablegen, und das wird er wohl nicht vorhaben, oder?«
Susanne schüttelte den Kopf. »Ohne Not wird er nicht gestehen. Aber ich frage mich, ob man ihn nicht dazu bringen könnte. Das wollte ich mit Jan bereden.«
»Jungfer, ich kenne Euren Vater, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er es gutheißt, wenn Ihr Euch mit dieser hässlichen Sache beschäftigt. Ihr könnt mir sagen, was Ihr auf dem Herzen habt. Ich werde es Jan ausrichten und mit ihm überlegen, was wir tun können.«
Susanne zögerte. Sie würde Schmitt von ihrem Erlebnis nicht so erzählen können, wie sie Jan davon erzählt hätte. Dennoch konnte sie nicht darauf beharren, dass sie ihn selbst sprechen musste. Spätestens dann würde Schmitt wohl ihren Vater einweihen wollen. Und schließlich betraf die Sache Alberts Meister im Grunde mehr als sie. »Es gibt eine Frau im Wasserviertel, die hat mir erzählt, dass ein ehemaliger Sieder, der sonst nie Geld hatte, auf einmal viel ausgegeben hat. Und er hat nicht die Wahrheit darüber gesagt, woher sein neues Vermögen stammt. Ich habe eben seine Frau besucht und ihr ein paar Fragen gestellt. Es passt alles zusammen. Der Rote Berthold kannte Wenzel gut und wusste, dass er Geld für die Kinder bekommen hatte. Er war neidisch und ist ein brutaler Kerl. Das Geld hat er genau seit Wenzels Tod gehabt.«
Schmitts eben noch gutmütige Miene wurde streng. »Mädchen, was redest du? Geld für die Kinder? Was soll das heißen?«
Also hatte Jan ihn nicht über alles aufgeklärt, was sie bisher in Erfahrung gebracht hatten. Welchen Grund hatte
er dafür gehabt? Es war zum Verzweifeln. Warum war er nicht selbst da? Nun musste sie Schmitt die Lage erklären und wusste nicht, wie viel sie sagen durfte. »Wenzel hat Alberts Geschwister verkauft. Ich weiß, es klingt seltsam, aber er war nicht der Einzige, der so etwas getan hat. Ein vornehmer Herr will die Kinder mitnehmen, um sie in seinem Sinne zu erziehen.«
»Und ich soll glauben, dass es in unserer Stadt Mütter und Väter gab, die ihre Kinder verkauft haben? Das ist eine wilde Geschichte. Jan hat mir davon nichts erzählt, und er sucht ja nun schon eine ganze Weile nach Paul und Minna.«
»Jan hat sogar herausgefunden, wer die Kinder kauft. Aber er denkt, dass es sinnlos ist, den Mann zu beschuldigen oder Paul und Minna zurückzuverlangen. Wenn Albert nicht freikommt, ist ja auch niemand mehr da, zu dem sie gehören. Vielleicht hätten sie es dann bei dem Herrn besser. Deshalb wollte Jan sich nur noch darum kümmern, den Mörder zu finden. Danach kann man weitersehen und Albert helfen, wenn er seine Geschwister zurückholen will.«
Schmitts Kiefer mahlten. Susanne sah es an den hervorspringenden Muskeln. Sein Gesicht erschien dabei noch kantiger, durch den Backenbart wirkte es beinah viereckig. Er war wütend, und sie konnte nur hoffen, dass es richtig gewesen war, ihn einzuweihen.
»Warum hat er mir das nicht erzählt?«, grollte der Schmiedemeister.
»Er hätte es gewiss gleich erzählt, wenn er geglaubt hätte, dass man etwas erreichen kann.«
»Nun, das werde ich mit ihm klären, wenn er heimkommt. Was mich allerdings wundert, ist, dass Ihr so gut
im Bilde darüber seid, was mein Geselle tut und lässt, Jungfer Büttner. Mir scheint, dieser Verdacht, den meine Schwester schon länger hegt, ist am Ende doch nicht so falsch. Nun frage ich mich, ob Jan tatsächlich all die Stunden mit der Suche nach den Kindern verbracht hat. Oder brauchte er die Zeit, um alles so genau mit Euch zu besprechen? Ich muss Euch warnen! Ihr bringt ihn in Schwierigkeiten, wenn Ihr ihm Hoffnungen macht. Ich kann das nicht dulden. Wenn er ein Schmied bleiben will, dann wird er in dieser Stadt nie mehr als mein Geselle sein, und ich dürfte ihn nicht heiraten lassen, selbst wenn ich es wollte. Gerade neulich bei der Morgensprak haben sie mir wieder zugesetzt. Weil das mit Albert passiert ist, soll ich nun endlich wieder heiraten, damit ich einen Erben bekomme. Oder ich soll einen anständigen Lüneburger Gesellen annehmen, der meiner Meisterstelle würdig ist, wenn es so weit ist. Ich brauchte gar nicht nachzufragen, ob Jan es nicht täte. Sie haben es mir gleich gesagt. Wenn es
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