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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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Vordergrund prangte das Bild eines geschnitzten heiligen Christophorus, daneben war etwas kleiner eine Holzkrippe abgebildet. »Cherubim Brandner – Souvenirs – Oberammergau« war am oberen Rand wie auf einem Filmplakat aus den fünfziger Jahren in altmodischer Kursivschrift zu lesen. Bosch musterte den heiligen Christophorus. Der übliche Kitsch, für den Oberammergau bekannt war. Was hatte der Professor damit zu tun? Und weshalb hatte er diesen Prospekt aufgehoben? Auf der Rückseite standen ein paar mit schwarzem Filzstift geschriebene Zeilen.
    Hallo Professor!
    Kommen Sie am Freitag, den 14. Juli, um 19.30 ins Müllner Bräu zu einer kleinen Geschäftsunterredung über Ihre interessante Gutachtertätigkeit (Stichwort Pacher-Madonna!) Und suchen Sie sich einen schönen d. h. freien Tisch aus. Es soll doch (noch!) nichts an die Öffentlichkeit!
    Ein Freund
    Bosch runzelte die Stirn. Ein Freund? Was sollte das denn heißen? Und wer vereinbarte denn seine Geschäftsbesprechungen auf einem Werbeprospekt? Das konnte ja wohl nur ein Scherz sein. Er ließ den Prospekt in den Papierkorb segeln. Dann ging er zu dem inzwischen leeren Karton, legte ihn auf die Seite und zog die Faltung des Unterbodens auseinander. Wie ein Kartenhaus fiel das ganze Gebilde in sich zusammen. Von draußen war das Mittagsläuten der Domglocken zu hören. Stichwort Pacher-Madonna … Ihre äußerst interessante Gutachtertätigkeit. Bosch richtete sich wieder auf. Dass Salchenegger Gutachten verfasst hatte, war eigentlich nur in Fachkreisen bekannt. Es soll doch nichts an die Öffentlichkeit kommen. Was? Was sollte nicht an die Öffentlichkeit kommen? Bosch spürte ein Kribbeln im Bauch. Er ging zum Papierkorb zurück und fischte den Prospekt wieder heraus. Ein Freund …   Ein Freund? Ach was, so ein Unsinn. Bosch schob den Prospekt in seine Jackentasche und ging langsam wieder zum offenen Fenster.
    Ein Spruchband wand sich unter den auskragenden Dachbalken des alten Patrizierhauses auf der anderen Straßenseite. Beschwörend und seit Jahrhunderten in unzähligen Schichten immer wieder sorgfältig bemalt, stand da schwarz auf weiß: »Gott, steh uns bei in unsrer Noth, und schütz uns vor dem gachen Tod.«
    Jahreszahlen, das Auge Gottes, flehentliche Bitten und demütige Gebete schmückten seit je die alten Gebäude. Ein allgegenwärtiges und unaufhörliches Memento mori. Bosch fiel Salchenegger und dessen unerwartetes Ableben ein. Wie konnte der Autor eines Fachbuches über Pilze überhaupt an einer Pilzvergiftung gestorben sein? Ja, dachte Bosch, und schütz uns vor dem jähen Tod.

SECHS
    Auf den ersten Blick wirkte der Garten wie immer. Aber bei genauerem Hinsehen entgingen Michaela die Veränderungen nicht, die er in den zwei Wochen durchgemacht hatte, in denen sich ihr Vater nicht mehr um ihn hatte kümmern können. Der Rasen musste unbedingt gemäht werden, und was da unter den alten Rosenbüschen wuchs, war eindeutig Unkraut. Michaela versuchte, einen der verwelkten braun geränderten Blütenköpfe abzubrechen, und behielt dabei Achilles im Auge, der seine Schnauze unter jeden Busch und in jedes Erdloch steckte. Zuerst war sie wütend gewesen, weil ihr Vater den Nachbarshund wieder als Pensionsgast aufgenommen hatte. Aber nach dem Einbruch letzte Nacht war sie doch froh über die Anwesenheit der Dogge.
    Michaela beugte sich vor und zog eine frische Rosenblüte zu sich heran. Irgendwie meinte sie im Duft der Pflanzen heute Abend einen Hauch von Fäulnis zu bemerken, und die Luft schien ihr noch drückender als in den Tagen zuvor. Vielleicht sollte sie sich, nachdem Frau Achleitner das Haus so Hals über Kopf verlassen hatte, nach einer neuen Haushälterin oder zumindest einer Gartenhilfe umsehen.
    Ein Geräusch ließ sie zusammenfahren. Sie drehte sich um und ließ ihren Blick durch den Garten wandern. Da sah sie Achilles. Der Hund war dabei, mit wirbelnden Pfoten den Rasen aufzugraben. Sie stieß einen Schrei aus. Achilles hob den Kopf und schaute sie über die erdverkrustete Nase an.
    »Na warte! Noch einmal, und deine Leute können dich im Tierheim abholen. Verstanden, Achilles?«
    Die Dogge machte ein treuherziges Hundegesicht, und Michaela versuchte, ihren Zorn zu dämpfen. Was wäre geschehen, wenn Achilles letzte Nacht nicht im Haus gewesen wäre? Nicht auszudenken. Sie setzte ein beschwichtigendes Lächeln auf.
    »Achilles, mein Guter … komm her. Das darfst du nicht.«
    Der Hund gähnte. Dann drehte sich das Biest um und

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