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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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zum Knie aufgerissen, und auf seinem Unterschenkel waren vier kleine rote Löcher zu erkennen. Zwei auf dem Schienbein und zwei auf der Wade. Die Wundränder waren geschwollen, und ihr kam es vor, als verfärbten sie sich bereits blaurot. Aus den Löchern sickerte ein wenig Blut.
    »Man kann Achilles’ Zähne deutlich sehen«, sagte sie.
    »Hoffentlich hat er nicht die Tollwut.«
    »Quatsch.« Michaela griff nach der Serviette und tauchte sie in das Glas mit dem inzwischen lauwarmen Mineralwasser. »Wenn du nicht wie ein Einbrecher durch den Garten geschlichen wärst, hättest du jetzt keinen Kratzer. Sei froh, dass dir Achilles nicht den Knochen gebrochen hat.«
    »Schöner Trost.«
    Michaela tupfte vorsichtig die Wundränder ab. »Es blutet ein bisschen«, sagte sie. »Aber das reinigt.«
    Hans stöhnte auf. »Was … was machst du da? Muss das wirklich sein?« Er versuchte, sein Bein wegzuziehen.
    »Halt endlich still!« Michaela faltete die Serviette zusammen und wischte noch einmal um die Spuren der Hundezähne herum. »So, fertig.« Sie begutachtete ihr Werk. Zumindest die Haut war jetzt sauber und trocken. »Ich glaube, die Narben werden schöner, wenn du dir die Löcher zunähen lässt.«
    »Auch das noch«, knurrte Hans. »Ich hasse Hunde.«
    Draußen hielt ein Auto. Michaela hob den Kopf. Eine Wagentür schlug zu, und eilige Schritte waren zu hören. Gleich darauf quietschte das Gartentor der Nachbarn. Michaela strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    Hans streckte vorsichtig sein Bein aus. »Was ist hier eigentlich los?«
    Michaela schaute zur Dogge, doch die schlief tief und fest und schien in einem Hundetraum gefangen. Ihre Pfoten zuckten, ihre Lefzen blähten sich, und aus ihrem Maul kam ein leises Fiepen.
    Michaela ging zu dem zweiten Sofa hinüber und ließ sich zwischen die Seidenkissen fallen. Sie starrte auf die feuchte Serviette in ihren Händen, wand sie hin und her. Als ihre Finger einen schmierigen Blutfleck berührten, blickte sie schnell auf. Hans konnte sie doch erzählen, was gestern passiert war, oder? »Bei mir ist letzte Nacht eingebrochen worden.«
    »Was? Hier im Haus?«
    Sie nickte und sah Hans an, begegnete aber nur seinem ungläubigen Blick. »Glaubst du mir etwa nicht?«
    »Doch. Natürlich.«
    Michaela fand seinen Ton zögerlich. Wahrscheinlich glaubte er ihr wirklich nicht. Hans schaute sich im Wohnzimmer um, und sie folgte seinem Blick. Auf einen Außenstehenden mussten der antike Seidenteppich, der Meißner Teller auf dem Sofatisch mit dem leuchtenden Drachenmotiv, die aufwendig gerahmten Fotos und die beiden schweren Silberleuchter auf dem Kaminsims wie eine Einladung für jeden Einbrecher erscheinen. Aber eben nicht auf ihren Besucher in der letzten Nacht.
    »Weißt du schon, was alles gestohlen wurde?«, fragte Hans.
    Michaela zuckte die Schultern. »Wahrscheinlich – nichts.«
    »Nichts?« Unwillkürlich war Hans’ Stimme lauter geworden.
    Die Dogge, die bis eben schlafend zu Michaelas Füßen gelegen hatte, hob den Kopf. Sie grunzte leise und warf ihm einen ärgerlichen Blick zu.
    Hans schluckte. »Und was sagt die Polizei?«
    Michaela schaute ihn an. Sie hatte im ganzen Haus Licht gemacht, alle Türen verschlossen und war mit Achilles bis zum Morgengrauen im Wohnzimmer gesessen. Den Gedanken, die Polizei zu rufen, hatte sie gleich wieder verworfen.
    »Du hast doch die Polizei verständigt?«
    Michaela schüttelte den Kopf. »Ich hab die Nase voll von dieser ewigen Rumschnüffelei.«
    Hans brummte etwas, das wie eine Zustimmung klang.
    »Dazu noch das tagelange Theater von der Achleitner …« Michaela trommelte mit den Fingern auf die Sofalehne. »Immerhin hat die gute Frau Paps die Schwammerl ja gekocht.«
    »Du meinst eure Haushälterin?«
    Michaela nickte, und Hans brummte wieder wie abwesend. Dann fiel sein Blick auf den Hund. »Seit wann habt ihr eigentlich einen Hund? Noch dazu solch einen. Der sieht ja aus wie aus einem Schauerroman.«
    »Was?« Michaela sah hinunter zu Achilles.
    »›Der Hund von Baskerville‹ eben.« Hans schien sich auf seinem Sofa weiter zurückzuziehen.
    »Achilles hat letzte Nacht den Einbrecher vertrieben.« Sie kraulte die Dogge hinter den weichen Ohren. Der Hund schloss genussvoll die Augen. »Eigentlich gehört er den Nachbarn. Aber die sind zurzeit auf Asienreise. Paps hat ja öfter auf Achilles aufgepasst. Ihr habt euch gut verstanden, nicht wahr, mein Kleiner? Paps hatte immer ein Herz für skurrile Typen.«
    »Ach, ja«,

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