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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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zu wirken, ganz lustig fand.
    »Grüß Gott«, sagte der Alte auffallend freundlich. »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Herr Brandner?«
    »Michalek«, sagte er. »Matthias Michalek.«
    »Ich hätte gern den Herrn Brandner gesprochen.«
    »Brandner gibt’s hier keinen mehr, nur mich.« Sein Ton war nicht mehr ganz so freundlich.
    »Aber draußen …« Katharina deutete mit der Hand zur Ladentür.
    »Das ist nur der Geschäftsname. Der Brandner ist verstorben.«
    »Der auch?«, fragte Katharina. »Wann denn?«
    Der Alte zuckte die Schultern. »So zehn Jahr werden’s schon her sein.«
    »Ach so«, sagte Katharina. »Dann gehört der Laden Ihnen?«
    »Suchen S’ was Bestimmtes?«, fragte der Mann, ohne auf ihre Frage einzugehen. »Wie wär’s denn mit einer Krippe?« Er deutete auf eine vollgestellte Bauerntruhe. »Weihnachten kommt jedes Jahr schneller, als man denkt. Da – schaun S’ her! Ist die nicht schön?«
    Auf mehreren Bauerntruhen waren Krippen aufgebaut, und ein ganzes Regal war nur mit Tierfiguren gefüllt. Esel, Ochsen, Schafe und Kamele standen da, als warteten sie nur darauf, endlich aus ihrem engen Gehege befreit zu werden. Die Krippe, auf die der Alte zeigte, erinnerte Katharina eher an eine Almhütte. Auf ihrem ausladenden Dach, das die Krippenszene mitsamt den Heiligen, den Schafen, dem Esel und dem Ochsen beschützte, lagen naturgetreu nachgebildete Steine. Ein Engel im weißen Gewand und mit goldenen Flügeln schwebte über dem Dachfirst und schwenkte ein mit barocker Schrift bemaltes Band. »Deo Gratias.« Latein. Sie hatte keine Ahnung, was die beiden Worte bedeuten könnten.
    »Zauberhaft«, sagte sie. Sie nahm das Kamel in die Hand. Seine Miene drückte eine Mischung aus Dummheit und Arroganz aus, die ihr nur allzu bekannt vorkam. »Doktor Kremser.« Katharina überlegte, ob sie das Kamel ihrem Chefredakteur mitbringen sollte.
    »Wie meinen S’?« Der Alte schürzte die Lippen.
    »Ach, nichts. Das Tier erinnert mich nur an jemanden. Es wirkt so … lebensecht.«
    »Das will ich meinen.« Stolz schwang in der Stimme des alten Mannes. »Das stammt von einem Viecherschnitzer.« Er deutete auf das Kamel in Katharinas Hand. »Das is einer, der schnitzt nix anderes als Tiere. Ja, ja, das gibt’s bei uns.«
    »Haben Sie viele Schnitzer, die für Sie arbeiten?«
    »Einige schon, aber die meisten Sachen sind von mir. Wenn eine Arbeit was taugt, nehm ich dann auch mal was in Kommission. Aber das ist schon lang nicht mehr passiert.« Er deutete auf seine Krippenausstellung. »Damit hätten S’ wirklich was Wertbeständiges, Fräulein. Alles reine Handarbeit.« Er wedelte mit dem Staubtuch über die Locken des Engels.
    »Wirklich?« Katharina stellte das Kamel an seinen Platz zurück.
    »Sicher! Das können S’ nämlich ganz leicht an den Gesichtern erkennen. Schaun S’ … Da ist jedes ganz eigen gearbeitet, und die Bewegungen sind so, so fließend, sehen S’ des? Und erst der Faltenwurf der Gewänder. Ganz wunderbar durchgestuft.« Der Alte legte sein Staubtuch über den Kopf eines schulterhohen Heiligen und nahm den weiß-goldenen Engel vom Krippendach. Er reichte ihn Katharina. »Da ist nichts aus Hongkong oder aus dem Grödnertal.« Er machte eine Kopfbewegung, die wohl in Richtung Hauptstraße und die billige Konkurrenz zielte. »Die arbeiten ja auch nur noch mit Maschinen.«
    »Interessant.« Katharina gab ihm den Engel zurück.
    »Haben S’ denn vielleicht schon eine Krippe daheim?«, erkundigte sich der Alte mit einem listigen Schmunzeln. »Wer nämlich einmal mit dem Sammeln angefangen hat, hört nimmer auf. Das ist ein ganz ein nettes Hobby.«
    »Ja, kann ich mir vorstellen.« Katharina räusperte sich. »Eigentlich interessiere ich mich ja mehr für Heiligenfiguren. Verkaufen Sie die eigentlich auch ins Ausland?«
    »Freilich. Wir haben viele Stammkunden, auch im Ausland.« Der Alte nickte. »Kommen S’ mit, ich zeig Ihnen was. Ich darf mal vorangehen.« Er machte sich auch schon auf den Weg, und Katharina folgte ihm.
    Im Vorbeigehen deutete der Ladeninhaber auf einen bärtigen Heiligen, einen wahren Riesen, der zwischen Trockenblumenkränzen und Leuchtern aus Katzensilber auf einem Tischchen stand. Mit seiner Größe schien er Katharina eher für eine Kirche geschaffen. »Das ist übrigens der heilige Balthasar. Braucht natürlich ein bissl mehr Platz.«
    Katharina schüttelte nur den Kopf, worauf der Alte zu einem Regal weiterging, auf dem sich bunt bemalte

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