Salzburger Totentanz
gesagt, er habe noch gelebt, als er in den Teich gefallen ist.«
Schwarzenberger schwieg einen Moment. »Er war tot«, sagte er dann mit unbewegter Miene. »Ich hab gesehen, wie sein Kopf auf dem Beckenrand aufschlug. Und gehört. Er war sofort tot.«
Am Horizont ragte die dunkle Silhouette der Festung aus der wattigen Wolkendecke, die den Mönchsberg umgab. Das rote Licht auf einem ihrer Türme blinkte in regelmäßigen Abständen.
»Haben Sie ihn getötet?«, fragte Katharina so ruhig wie irgend möglich.
Schwarzenberger stierte auf das blinkende Licht.
»Sie haben ihn kaltblütig getötet«, fuhr Katharina fort. »Tappeiner ist ertrunken. Wollte er sich von Ihnen trennen? War das der Grund? Gehen Sie deshalb nach Russland?«
»Sie haben ja keine Ahnung«, keuchte Schwarzenberger. Er riss sich den Hut vom Kopf und schleuderte ihn von sich. Seine feuchten schwarzen Locken ringelten sich wie kleine Schlangen über seiner Stirn.
Erschrocken riss Katharina ihre Absätze los und stolperte ein paar Schritte zurück. Wie in Zeitlupe folgte ihr Schwarzenberger. »Wir hatten ein paar geschäftliche Differenzen, ja gut«, sagte er. »Vielleicht bin ich auch laut geworden. Und vielleicht hab ich auch einen Schritt auf ihn zugemacht …«
Katharina wich noch weiter zurück. Hinter Schwarzenberger konnte sie den dunklen Wald sehen. Dünne Nebelstreifen hingen zwischen den Baumstämmen, krochen aus dem Unterholz und schienen sich über die Wiese auf sie zuzuschlängeln. Drehte sie jetzt durch, weil Schwarzenberger ihr zu nahekam? Nein, sie war die Natur einfach nicht gewöhnt. Irgendwo im Gehölz knackte es. Hastig machte sie noch eine paar Schritte rückwärts, um Abstand zwischen sich und Schwarzenberger zu bringen.
»Matteo hatte diese lächerlichen Schuhe an.« Er folgte ihr Schritt um Schritt. »Und die Steine am Karpfenteich waren voller Moos und so glitschig – grad so wie hier. Und dann ist er ausgerutscht …«
Katharina spürte, wie sie mit dem Bein gegen etwas Raues, Feuchtes stieß. Sie waren bei dem Hackklotz angelangt. Schwarzenberger stand nur noch wenige Meter vor ihr. Er schaute auf die schräg im Holz steckende Axt.
»Na gut«, sagte sie. Vielleicht gelang es ihr, irgendwie an das Gespräch von vorhin anzuknüpfen. »Das sind natürlich … interessante … Informationen.«
Schwarzenberger hob den Kopf. Wenn er jetzt einfach eine Antwort gab, hatte sie den Bann gebrochen, und sie würden zusammen zum Haus zurückkehren. Schließlich hatte sie außer seinem halben Geständnis nichts gegen ihn in der Hand. Das musste ihm doch klar sein. Schwarzenbergers Lodenumhang fiel auseinander, und er griff nach dem Stiel der Axt.
»Und? Was denkst du gerade?«, fragte er, ohne Katharina anzusehen.
»Ich?« Katharina konzentrierte sich auf Schwarzenbergers Hand auf dem Axtstiel. Sie verlagerte ihr Gewicht. Sobald er den Arm hob, würde sie ihm einen Tritt zwischen die Beine verpassen. Aber der Lodenumhang erschwerte ihren Plan. »Im Moment gar nichts.«
»Du lügst«, sagte er und reckte den Kopf vor. »Du überlegst dir doch bloß, wie du so schnell wie möglich an deinen Schreibtisch kommst. Was für eine Wahnsinnsstory! Hab ich recht?«
Er zog an der Axt, die bereitwillig nachgab und mit einem quietschenden Geräusch aus dem nassen Holz glitt. Prüfend hielt er das eiserne Blatt in Augenhöhe und musterte es im Licht der glühenden Abendsonne. Das Metall leuchtete flamingorosa. Katharina machte zwei Schritte zurück und einen zur Seite. Der Hackklotz lag fast zwischen ihnen. Gewinn irgendwie Zeit, beschwor sie sich.
»Sie sind ja verrückt«, behauptete sie fest. »Welche Story denn? Soll ich schreiben, dass Tappeiner seine hohen Schuhe anhatte? Oder dass Sie ihn ins Wasser haben fallen sehen?« Sie machte noch einen Schritt zur Seite. Jetzt stand sie hinter dem Block. »Woher soll ich wissen, dass Sie mir die Wahrheit sagen? Und wenn – wie sollte ich das beweisen?«
Schwarzenberger stand ganz ruhig und schien ihr zuzuhören.
»Oder sehen Sie hier weit und breit irgendwen, den ich als Zeugen anführen könnte?«
Er rührte sich immer noch nicht. Katharina entspannte sich ein wenig. »So was ist keine Story, Franz. Also, lassen Sie uns endlich das Interview zu Ende bringen. Mir ist kalt, und außerdem habe ich Hunger.«
Die Axt in der Rechten kam Schwarzenberger wieder einen Schritt auf sie zu. Er machte einen kleinen Schlenker, als wollte er um den Hackblock herumkommen. War das nur eine leere
Weitere Kostenlose Bücher