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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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Drohung? Oder hatte er es etwa wirklich auf ihr Leben abgesehen? Katharina durchlief es kalt. Sie musste zum Bauernhaus zurück. In die Küche. Der Zündschlüssel für ihr Auto lag in ihrer Tasche neben dem Diktiergerät. Sie fluchte innerlich. Der Bankettservice fiel ihr ein. Vielleicht waren die Kellner inzwischen gekommen.
    Ohne lange zu überlegen, drehte Katharina sich um und rannte los. Doch die Absätze ihrer hohen Schuhe versanken wieder in dem vom Regen aufgeweichten Boden. Schon nach einer kurzen Strecke strauchelte sie und stürzte. Sie schleuderte ihre Schuhe von sich und rappelte sich wieder auf. Die Bäume vor ihr schienen zu einem Urwald zusammenzuwachsen. Konnte sie da einfach hineinlaufen? Nein. Wenn sie sich den Knöchel verstauchte, war sie hilflos. Sie hörte Schwarzenbergers Schritte. Er war direkt hinter ihr.
    Katharina drehte sich um. Sie versuchte, das Gefühl von Unwirklichkeit loszuwerden, das sie seit Minuten empfand. Schwarzenberger blieb abrupt stehen. Sie ballte die Fäuste. Flucht war zwecklos. Er war stärker als sie. Und er kannte sich in diesem Wald aus. Eher würden die Füchse ihre Leiche fressen, als dass jemand sie fand. Zorn stieg in ihr auf.
    »Na, komm schon, Franz«, rief sie. Sie wusste, dass sie stärker war, als er dachte. Sie bohrte die Fersen in die Erde und suchte sicheren Stand. »So viel Zeit hab ich nicht.«
    Schwarzenberger zögerte. Wenn sie ihn zuerst angriff, konnte sie ihn vielleicht überrumpeln. Nach der Axt zu greifen war sinnlos. Die war ihr zu schwer. Aber sie war nicht wehrlos. Schwarzenberger bewegte sich. Langsam kam er auf sie zu. Sie wartete. In ihr war nur Ruhe. Und Kälte. Und Wut.
    Direkt vor ihr blieb Schwarzenberger stehen. Seine dunklen Augen waren dicht vor ihr. Der Schaft der Axt schaute aus dem offenen Lodenumhang hervor, aus dem der Geruch nach gekochtem Huhn und Zitronengras stieg. Ihr wurde übel.
    Sie spannte die Muskeln an und ging ein wenig in die Knie. Als Schwarzenberger die Axt hob, duckte sie sich und schoss unter seinem Arm hindurch auf ihn zu. Sie packte den Kragen seines Umhangs mit beiden Händen, riss ihn auseinander und vergrub ihre Zähne in seinem Hals. Er brüllte auf. Seine Körperwärme ließ sie würgen, aber sie biss weiter die Zähne zusammen. Die Axt fiel dumpf polternd zu Boden. Er packte ihren Kopf und riss an ihren Haaren. Ihre Kiefer schmerzten. Der Geruch nach gekochtem Huhn schnürte ihr die Luft ab. Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf: Menschenfleisch, du beißt in Menschenfleisch . Sofort wurde der Würgereiz übermächtig. Für den Bruchteil einer Sekunde lockerten sich ihre Kiefer gegen ihren Willen. Doch das genügte. Mit einem Aufschrei stieß Schwarzenberger sie von sich, nur um sie gleich darauf an der Schulter zu packen.
    »Na warte«, keuchte er.
    Wild um sich schlagend versuchte Katharina, sich aus seinem Klammergriff zu befreien. »Lass mich los!«, brüllte sie.
    Sie taumelte herum, während er an ihrer Jacke zerrte. Aber sie spürte, wie ihre Kraft zu Ende ging.
    Die Axt lag zwischen den Holzabfällen auf dem Boden. Vom Mönchsberg her blinkte das Warnlicht von der Festung und zerfloss rot auf dem glänzenden Metall des scharf geschliffenen Blattes.

ACHTZEHN
    Bosch fand Franz’ Bauernhaus hell erleuchtet vor. Kellner eilten mit vollen Getränketabletts herum, doch niemand der Gäste wusste, wo sich der Gastgeber befand. Er ging nach draußen, wo Katharinas Auto dicht am Haus geparkt war. Zunächst wusste er nicht, wohin er sich wenden sollte. Doch dann meinte er, im Lichtschein der Fenster Abdrücke von Schuhen in der nassen Erde des Vorplatzes zu sehen, die in die Richtung des Waldes wiesen. Nach kurzem Zögern folgte er ihnen.
    Die schwarzen Baumstämme wuchsen wie die Pfeiler eines Kirchengewölbes in den Himmel. Feuchter Nebel stieg von den Laubschichten auf, die den schmalen Pfad bedeckten. Der Weg schlängelte sich zwischen den Bäumen hindurch, begleitet von Lichtspeeren, die ab und an durch die Baumkronen auf die dunkle Erde herabstießen. Eingehüllt von der modrigen Luft, stolperte Bosch durch den Wald. Das Spiel aus Licht und Schatten ließ die Unebenheiten des Weges vor seinen Augen verschwimmen. Die Geräusche um ihn herum schienen ihm ungewöhnlich laut. Der Schrei eines Käuzchens, das aufgeregte Summen eines Insektenschwarms und das heimliche Rascheln der kleinen Tiere im Unterholz machten ihn nervös.
    Warum hatte Franz Katharina so überraschend zu sich bestellt? Noch bevor

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