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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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konnte nicht erlöschen. Nicht so.
    Trotzdem mußten sie ihm helfen. Er fühlte sich abscheulich, konfus, ekelhaft menschlich und dann wieder furchtbar nicht-menschlich. Er konnte sich nicht konzentrieren. Er fühlte sich schuldig für das, was er jenen, die ihn liebten, angetan hatte.
    Doch es war stets so gewesen. Er hatte sich immer denen angetan, die liebten. Ihr Geist war so weit offen. Er lauerte ihren Gedanken auf, sang seine Salzmusik in sie. Sie waren seine liebste, leichteste Beute. Doch nicht die einzige. Er schien sich zu erinnern, daß er sein Traumnetz durch die Sterblichen spann, ihre Gefühle trank, während sie hilflos schlummerten, offen für sein Eindringen.
    Was für ein Gedanke! Er sank durch die Ritzen des Vergessens, so wie alle anderen das getan hatten, und wieder flammte nur eine Erinnerung auf, nämlich die, daß er ein Junge war. Ein junger Mann. Siebzehn Jahre alt. Auf der Suche war er gewesen, hatte etwas finden wollen, hatte es fast gefunden. Eine Landschaft driftete durch seine Erinnerung. Gipfel, harsch und steil.
    Er liebte diese Gipfel, darüber war er mit sich eins. Die Liebe zu den Gebirgen schien das einzige zu sein, das er eindeutig wußte und spürte. Alle Aspekte seines abstrusen Seins waren sich darüber einig. Er war auf großer Fahrt durch die Welt, und hatte den Traumpfad gefunden nach ... er wußte weder wohin noch woher.
    Etwas finden. Wie konnte er etwas finden, wenn er sich nicht mehr durch Luft, Wasser und Stein strecken konnte? In der Randzone von Kraft und Macht schwebte er und wartete. Bisweilen gelang es ihm, seine diffuse Panik um Gegenwart und Zukunft auszusenden, ohne zu wissen, wen sie erreichte. Er konnte nur wirre Spiegelscherben verzerrter Wirklichkeit zu Bildern formen und durch die Nachtluft senden, in der Hoffnung, daß sie jemanden fanden, der ihm, der allen Fey helfen würde, ehe es zu spät war.
    Er erinnerte sich wieder an das Knistern der Blitze, gezügelt von denen, die ihn gefangen hatten. Dann verzagte er. Sterbliche. Solch unvollkommene, schwache Wesen zu besiegen hätte ihm ein Leichtes sein müssen. Zeitgebundene kleine Nichtse waren sie.
    Doch er war nur ein Knabe. Seine Eltern würden sich sorgen. Er würde sterben, starb bereits, lag im Gestein begraben. Sie würden um ihn trauern ... und er würde ihnen Träume schicken.

Kapitel 5
    Es war noch nicht einmal acht Uhr morgens. Normalerweise schlief Cérise zu dieser Zeit noch. Sie hielt nichts von frühem Aufstehen. Zu wenig Schlaf schadete der Schönheit.
    Sie überprüfte noch einmal ihr Aussehen. Ihr blaßgrünes Seidenkleid unterstrich die Farbe ihrer Augen, und die honigfarbene Spitze brachte das Gold in ihrem hellblonden Haar besonders gut zur Geltung. Ihre Kopfbedeckung war eine zauberhafte Kreation aus der gleichen grünen Seide, Paradiesvogelfedern und Goldspitze. Ihr Stil war exquisit, und sie war sich dessen bewußt. Allerdings hätte man auch bei großzügigster Auslegung diesen Aufzug nicht als Vormittagsgewand bezeichnen mögen.
    Bedauerlich, daß Delacroix nicht da war. Oder Mr. Fairchild, wie er mit richtigem Namen hieß. Als sie noch seine Geliebte gewesen war, hatte er überwiegend unter seinem Decknamen agiert. Doch nun war er anständig und seriös geworden. Als könnte Delacroix das je! Seriosität und Delacroix – zwei unüberbrückbare Gegensätze. Unvorstellbar.
    Sein Frauchen paßte außerordentlich gut zu ihm, dachte sie mit leiser Häme. Ihre Vergangenheit und ihre Herkunft waren genauso bizarr wie seine, bei all ihrer ostentativen Wohlanständigkeit. Sie waren wie für einander gemacht, der großgewachsene, wuchtige Delacroix und die kleine, süße Corrisande, das niedliche, elfengleiche Mädchen, das zu einem kleinen Teil ein Feyon war.
    Kaum einer wußte davon. Cérise hatte es niemandem gesagt. Einen Sí würde sie nie verraten, schon gar nicht, da ihr eigener Liebster auch dieser Gattung entstammte. Torlyn. Ihr Herz krampfte sich bei dem Gedanken an ihn zusammen.
    Sie entnahm ihrem Réticule einen kleinen Spiegel und überprüfte noch einmal ihre Wirkung. Sie sah besorgt und abgehetzt aus. Jedenfalls nicht so schön, wie sie gerne ausgesehen hätte. Auf keinen Fall so hübsch wie sonst.
    Egal. Fast. Andere Dinge waren wichtiger.
    Als sie den Colonel – im Geiste betitelte sie Delacroix immer noch so – mit seiner Frau in Bad Ischl hatte ankommen sehen, hatte sie ihn nicht angesprochen oder auf sich aufmerksam gemacht. Delacroix war Vergangenheit, und wie sie

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