Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Meister des Arkanen bei der Arbeit erlebt, als sie noch mit Delacroix zusammen gewesen war. Manchmal hatte sie den britischen Offizier damals bei seinen geheimen Aufträgen unterstützt und war ihm mehr als nur seine Liebste gewesen.
„Ich würde mich nicht um ihn sorgen“, fuhr Corrisande fort. „Es kann sein, daß sie einige Tage brauchen, um alle zu befragen und überall zu suchen. Doch ...“ Sie hielt inne, schöpfte tief Luft und fuhr dann fort: „... es mag albern klingen, aber ich hatte einen ganz furchtbaren, sehr realistischen Traum. Er war in Gefahr. Ich bin aufgewacht und spürte, daß ... er verloren war. Unwiederbringlich. Es hat mich sehr mitgenommen.“ Sie sah etwas verlegen aus. „Sie halten mich wahrscheinlich für eine dumme Gans, daß ich mich von einem Alptraum so erschrecken lasse.“
Cérise lächelte nicht. Zum einen wußte sie, daß die zierliche Frau weit mehr Schneid hatte, als man ihr zutraute, wenn man sie so sah. Zum anderen konnte sie genau nachvollziehen, wie Corrisande sich fühlte.
Sie fühlte sich ganz genauso.
„Ich halte Sie nicht für eine dumme Gans“, erwiderte sie. „Ich bin gekommen, weil ich mir Delacroix ’ Hilfe bei der Suche nach Graf Arpad erhoffte.“ Arpad war der Name Torlyns, den er Menschen gegenüber gebrauchte und den auch sie benutzte, wenn sie über ihn sprach. Der Name Torlyn blieb ein Geheimnis. „Er hat versprochen, hierzusein. Ich habe in Ischl eine Reihe Konzerte gegeben. Sein Kommen und Gehen ist gelegentlich etwas unerwartet, doch er hatte versprochen, hierzusein, und auf seine Art ist er verläßlich, selbst wenn sein Leben nicht in geregelten Bahnen verläuft.“
Die letzte Aussage war falsch. Einige Dinge waren bei Torlyn über alle Maßen geregelt und zudem gefährlich. Normalerweise gelang es Cérise jedoch, die Erkenntnis über seine Besonderheit aus ihrem Gedächtnis zu streichen. Sie war seine Liebste und nicht … was auch immer.
Sie fuhr fort.
„Wie Sie würde auch ich mir normalerweise keine Sorgen machen. Er ist stark, schlau und weiß sich wohl zu schützen. Doch wie Sie hatte ich in der letzten Nacht einen schrecklichen Traum, der mich in den frühen Morgenstunden geweckt hat und mich nicht mehr ruhen ließ. Er schien so viel mehr zu sein als nur ein Traum.“
Die beiden Frauen sahen einander gespannt an, als hätten die Alpträume sie in eine seltsame Komplizenschaft gezogen.
„Arpad war in einem Gebirge“, fuhr Cérise fort. „Er lief glitzernde, enge Tunnel entlang, immer tiefer nach unten in die Erde. Er verblutete. Blut rann aus ihm heraus, in salzigen Rinnsalen, formte kleine Bäche im Fels. Er starb langsam, und ich versuchte, ihn zu erreichen, doch er ging einfach nur immer weiter, verlor dabei immer mehr Blut, trocknete aus ...“ Sie hielt inne, als sie feststellte, daß ihre Gastgeberin noch eine Spur blasser geworden war.
„Geht es Ihnen nicht gut?“ fragte sie.
Corrisande blickte peinlich berührt zur Seite.
„Bitte machen Sie sich keine Sorgen um mich, Mlle. Denglot“, bat sie. „Mir ist in letzter Zeit häufiger etwas unwohl. Es hat nichts zu sagen. Ignorieren Sie es.“
Die Sängerin blickte der Frau ihres ehemaligen Liebhabers ins blasse, abgespannte Gesicht und wußte plötzlich Bescheid. Sie grinste schief.
„Sie sind guter Hoffnung?“ fragte sie, doch es war weniger eine Frage als eine Feststellung, eine recht unverschämte und viel zu private dazu. Der Zustand Corrisandes ging sie rein gar nichts an. Dennoch fühlte sie einen kleinen Stich von Eifersucht. Nicht, daß sie gerne schwanger gewesen wäre, Gott behüte, und schon gar nicht von Delacroix. Ihre Karriere ließ ihr zu so etwas keine Zeit, und zudem war sie unverheiratet. Es war also undenkbar.
Doch sie hatte nicht einmal die Wahl. Die Geliebte eines Feyons zu sein hatte seine Vor- und Nachteile. Ein Familienleben im üblichen Sinne würde sie nie haben können.
Corrisande errötete.
„Ja“, gab sie zu und klang alles andere als beglückt. „Wir wollen nicht davon sprechen. Es geht mir gut.“
Doch Cérise konnte das Thema nicht einfach so fallenlassen.
„Sie erwarten ein Kind – und Delacroix verschwindet einfach in die Berge und läßt Sie allein ohne Nachricht in diesem eher zweitklassigen Etablissement? Mon Dieu , das sieht ihm ähnlich!“ Sie klang verärgert.
„Aber nein, bitte glauben Sie nicht, er sei gefühllos mir gegenüber. Ich habe ihm noch gar nichts ...“
„Sie haben es ihm nicht
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