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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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verbunden hatte. Sie fühlte sich ihm nah, dem Mann, den sie nur so kurze Zeit gekannt hatte und der zu einer Mörderbande gehörte. Wieder erreichten sie ein Felssims, und sie wußte durch seine Wahrnehmung, daß bald einfacheres Gelände kommen würde.
    „Arpad, du lebst schon sehr lange, nicht?“
    „Im Vergleich zu einem Menschenleben ja.“
    „Wie lange?“
    „Ich kenne diese Berge noch aus der Zeit, als die Römer hier Salz abbauten.“
    „Die Römer waren hier?“
    „Ja. Salz war immer schon bedeutsam, und diese Gebirge waren immer schon mächtig. Das zieht Menschen an, obgleich die Winter hier hart sind und man nicht viel anpflanzen kann.“
    „Wie waren die Römer?“
    „Die Menschen haben sich in den letzten zweitausend Jahren kaum verändert, Charly. Der Glaube hat sich verändert, die Weltanschauung auch. Aber Leute sind Leute, Dampfzeitalter hin oder her.“ Er hielt inne. „Für meinesgleichen wird das Leben in einer unübersichtlichen, modernen Gesellschaft immer schwieriger. Nachrichten verbreiten sich zu schnell. Die Forschung versucht, der Natur ihre Geheimnisse zu entreißen. Man muß dankbar sein, daß die meisten Leute nicht an die Existenz meiner Rasse glauben, sonst würde es schwierig für mich.“
    „Gibt es viele wie dich?“
    „Sí? Oder Sí, die Blut trinken?“
    „Beides …“
    „Oh. Schwer zu sagen. Es ist schwierig, das Natürliche vom Übernatürlichen zu unterscheiden. Für uns besteht da kein Gegensatz. Für euch erscheint die Differenz atemberaubend. Wir sind viele, wenn du jede Idee zu uns zählst, die ein Eigenleben entwickelt, jedes nichtmenschliche Sein mit eigenem Denken. Wir sind wenige, wenn du nur die meinst, die eine körperliche Existenz haben und sich innerhalb eines linearen Zeitablaufes bewegen.“
    „Was ist ein linearer Zeitablauf?“
    „Das heißt, Zeit fließt in nur eine Richtung und mit dem gleichen Tempo für alle.“
    „Willst du damit sagen, Zeit könnte rückwärts fließen?“
    „Nicht für Menschen, und für mich auch nicht. Doch Zeit kann gedehnt oder zusammengezogen werden. Hast du nie von Tir na nOg gehört? Von den Erzählungen über Personen, die mit der Feenkönigin auf einen Ball gingen und erst fünfzig Jahre später zurückkamen, als all ihre Verwandten und Freunde schon alt waren?“
    „Aber das ist ein Märchen!“ rief Charly.
    „Ja, und ich bin eine Schauergeschichte, und dennoch bin ich hier und halte deine Hand.“
    „Bist du unsterblich?“ fragte sie.
    „Nein, aber schwer zu töten. Ich habe Übung im Überleben.“
    „Das habe ich gesehen. Sie hatten dir ins Herz geschossen.“
    „Glaube mir, es hat abscheulich wehgetan.“
    „Armer Arpad.“
    „Süße Charly.“
    Sie gingen eine Weile stumm nebeneinander her.
    „Was ist mit Dryaden? Warum ist es einfacher, sie zu ermorden?“
    „Nun, zum einen ist ‚warum‘ keine Frage, die man einem Sí stellt. Die Dinge sind, wie sie sind. Ein Weshalb oder Warum ist müßig. Dogma ist eine Menschenerfindung, eine ungenügende Hilfskonstruktion, das Wundersame in begreifbare Einheiten zu fassen und festzuschreiben, und – um darauf zurückzukommen – Dryaden sind schwer umzubringen.“
    „Aber Sevyo starb, als sie seinen Baum verbrannten.“
    „Was haben sie denn getan, außer seinen Baum verbrannt?“
    „Wie meinst du das? Sie haben seinen Baum verbrannt, ich habe seinen Todesschrei durchs Gebirge hallen hören. Es hat mir das Herz zerrissen, und dann war er fort.“
    „Nein. Wenn sie nichts weiter getan haben, als seinen Baum zu verbrennen, dann ist er nicht tot, er schläft nur tief. Seine Essenz ist noch da, wo sein Baum war, tief in der Erde. Wenn man ihm einen neuen Baum gibt, kann er wieder leben.“
    Sie blieb wie angewurzelt stehen, verlor die Verbindung zu ihm.
    „Du meinst, er hat all die Jahre über gelebt? Du willst sagen, ich habe um ihn getrauert, und dabei hätte ich nur einen Baum pflanzen müssen?“
    „Bist du denn je wieder zu seinem Ort gegangen?“
    „Wann immer es möglich war. Ich habe zu ihm gesprochen, auch wenn er nicht da war. Ich fühlte mich immer …“
    „Was du fühltest, war seine Präsenz.“
    „Er hat nie geantwortet.“
    „Er ruht. Er kann seine Umgebung beeinflussen, doch sich nicht als menschlich aussehendes Wesen materialisieren. Er ist Teil der Natur. So kann er lange aushalten.“
    „Also muß ich nur einen Baum pflanzen? Ist das alles?“
    „So einfach ist es nicht. Der Baum muß lange wachsen. Du müßtest schon etwas

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