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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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besonders Schnellwüchsiges pflanzen, um ihn in deinem Leben noch sehen zu können. Doch er wäre gewiß glücklicher mit einer Zirbelkiefer oder einer Eiche – etwas, das Jahrhunderte lebt. Du mußt den Baum an der Stelle pflanzen, an der der alte war, und dann schenke ihm deine Empfindungen – Liebe, Mitgefühl, Vertrauen, was auch immer, und Wasser –, und vermutlich würde er sich auch über etwas Blut von dir freuen. Blut transportiert Leben. Das wird er verstehen.“
    Sein Geist faßte wieder nach ihrem, und sie gingen weiter. Dann konnte Charly plötzlich ein zartes Grau in all dem Schwarz erkennen. Ein berauschendes Gefühl von Erleichterung durchschoß sie, und sie jubelte vor Freude.
    „Arpad. Sieh! Licht!“
    „Ja. Hinter der nächsten Krümmung muß eine Öffnung nach draußen liegen.“
    Sie sehnte sich nach dem Tag, nach der Fähigkeit zu sehen. Fast begann sie zu rennen, doch er hielt sie zurück.
    „Langsam. Es wäre mehr als ärgerlich, wenn du dir auf den letzten Schritten noch etwas brichst.“
    Sie eilte weiter, Ermattung und Schwäche fielen von ihr ab, ein girrendes Lachen formte sich in ihrer Kehle, wartete nur darauf, ans Tageslicht zu dürfen. Gleich waren sie frei. Sie würde heimgehen. Sie würde etwas sehen, ihre Umgebung erkennen, sich orientieren können. Sie würde im Sonnenschein stehen und der Sonne Tribut zollen.
    Sie umrundeten einen Felsvorsprung und fanden sich in einer kolossalen, hohen Höhle wieder. Wie eine Säule aus Licht brach der helle Mondschein durch einen Spalt in der Decke und beschien ein Oval von etwa zwei Metern. Charly blieb unvermittelt stehen.
    „Oh nein!“ wisperte sie. „Nein. Bitte nicht!“
    Es waren fünfzehn Fuß bis zur Höhlendecke. Unerreichbar. Sie lief vor, trat in den Lichtfleck aus Mondschein, der ihr nach ihrer langen Blindheit so unendlich hell vorgekommen war.
    „Oh nein“, flüsterte sie nochmals. „Lieber Gott, nein.“
    Der Feyon kam ihr schweigend nach. Sie spürte seinen Blick und drehte sich zu ihm um. Er stand im Schatten, doch zum ersten Mal seit langem konnte sie seine ebenmäßigen Züge ausmachen.
    Er sah sehr besorgt aus. Eine Sekunde lang zeigte sein Gesicht Bestürzung, dann bemerkte er ihren Blick und lächelte sie an.
    „Wir finden einen anderen Ausgang“, sagte er, während er von ihr zum Mondstrahl blickte. „Keine Angst – und sei nicht traurig. Wo es eine Öffnung gibt, wird es auch andere geben. Wir müssen nur ein bißchen suchen.“
    Charly sank auf die Knie, sah empor, als könne die Helligkeit ihr etwas von ihrer Kraft und ihrem Lebensmut zurückgeben. Sie starrte auf die Öffnung im Berg, die so unzugänglich war. Sie fand keine Worte.
    „Komm“, sagte er. „Bleib nicht sitzen. Wir müssen weiter. Schau, da drüben gibt es einen Gang.“
    „Oh nein“, flüsterte sie und blickte unverwandt auf den kleinen Ausschnitt merkwürdig hellen Nachthimmels über ihr. Ihre Fassungslosigkeit saß wie ein Messer in der Kehle.
    „Warum?“ fragte sie schließlich. „Bitte! Warum? Was habe ich getan? Womit habe ich das verdient?“
    „Was meinst du damit?“ Der Mann im Schatten klang besorgt.
    „Womit habe ich das verdient?“ Ihre Stimme wurde höher, bekam einen beißenden Klang. „Was habe ich getan? Was ist meine Schuld?“
    Er trat ins Licht und griff nach ihr. Ehe sie es verhindern konnte, hatte er sie hochgehoben und trug sie ins Dunkel.
    Sie wehrte sich. Ein zweckloses Unterfangen. Er gab acht, ihr nicht wehzutun, doch er ließ sie nicht los. Nach einer Weile gab sie auf, und er stellte sie auf die Füße. Jetzt hätte es einen Grund zum Weinen gegeben, doch sie fand keine Tränen mehr, fühlte sich nur noch ausgehöhlt und leer.
    Selbst im dunkleren Teil der Höhle konnte sie noch etwas erkennen. Sie blickte in das wundervolle, wohlgeformte Gesicht vor ihr; es war so unglaublich attraktiv, aristokratisch und nobel, das Gesicht des Mannes, der sie umbringen würde. Er machte sich Sorgen. Die Sorgen galten ihr.
    „Es hat nichts mit ‚verdient‘ oder ‚nicht verdient‘ zu tun, mein Herz. Es ist einfach, wie es ist.“
    Sie schluckte und gestattete sich einen letzten Blick auf den Lichtstrahl. Dann drehte sie sich um und machte sich ohne ein weiteres Wort auf den Weg. Noch ehe die Welt wieder nachtschwarz wurde, war er schon in ihren Gedanken, und sie unterdrückte ein Seufzen. Seine Hand strich in einer winzigen Liebkosung über ihre Wange. Seine Stimme ertönte direkt an ihrem Ohr.
    „Mein

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