Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
hat mich gelehrt, Manipulationen zu bemerken. Meine Eltern haben ihn getötet. Diesen verfluchten Käfig haben sie für ihn angeschafft.“
Einen Moment lang herrschte Stille.
„Ich bin keine Dryade. Ich lebe nicht von Wasser, Licht und Fürsorglichkeit. Ich muß Blut trinken, um stark zu sein. Deshalb frage ich noch einmal: Wie groß ist Ihr Mut?“
Ihr Herz raste. Er wollte ihr Blut und war erstaunlicherweise höflich genug, darum zu bitten, obgleich der Versuch, ihren Geist zu beeinflussen, Beweis genug war, daß er höfliches Fragen nicht nötig hatte. Sie hatte einen Vampir befreit. Nur wirkte er gar nicht wie ein Unhold aus einer Schauergeschichte. Sein Körper fühlte sich warm und über alle Maßen, ja geradezu beunruhigend lebendig an. Sein Haar, das so nah an ihrem Gesicht war, duftete nach Kräutern. Er hatte ihre Gedanken freigegeben, als sie ihn darum gebeten hatte. Sollte dies ein Trick sein, damit sie ihm traute?
Doch sie hatte ihr Wort gegeben.
„Was werden Sie tun?“ fragte sie nervös, versuchte, ihren Argwohn zu verbergen und spürte doch, daß er ihre Angst lesen konnte.
„Ich werde von Ihrem Blut kosten, nur genug, um meine Kräfte zu wecken. Sie werden nicht in Gefahr sein, und ich werde nur gerade genug Magie auf Sie wirken, um Ihnen den Schmerz zu nehmen. Das verspreche ich.“
Sie atmete zitternd ein. Er würde sie beißen. Er würde ihren Geist festhalten. Ihre Angst war inzwischen zum körperlichen Schmerz geworden. Sie wollte in ihr Zimmer fliehen, die Tür wieder vernageln und sich unter dem Bett verstecken.
„Ich habe mein Wort gegeben, Ihnen zu helfen“, sagte sie und merkte, daß ihre Stimme bebte. „Ich halte meine Versprechen. Ich hoffe, Sie tun dasselbe.“
Sie lehnte sich zurück, legte sich nieder, mit ihm in den Armen. Er schien sich darin wie zu Hause zu fühlen, hatte keinerlei Hemmungen.
Alles, was diese Nacht geschehen war, war Wahnsinn. Vielleicht hatten die Leute ja recht. Vielleicht konnte man den Fey wirklich nicht vertrauen. Vielleicht würde er sie aussaugen und töten. Sie hörte ihren eigenen ängstlichen Atem laut in ihren Ohren, war sicher, daß er ihre Furcht genau fühlte. Sein Gesicht hatte ihre Kehle erreicht. Noch konnte sie es beenden. Er war wehrlos in seinen Ketten. Sie mußte nur mit ihm zum Käfig rollen, und er würde sterben.
Wie Sevyo.
Sie bewegte den Hals, um ihm den Zugang zu erleichtern. Dann stellte sie fest, daß er fast auf ihr lag. Sie spürte sein Gewicht, die Einzelheiten seines Körpers preßten gegen den ihren. Was für eine Situation! Das Blut saugte sich von seiner Kleidung in ihr Kleid. Seine langen Beine lagen schräg über ihren. Sie begann heftig zu zittern, hielt ihn jedoch weiter fest.
„Ich bewundere Ihren Mut, Fräulein von Sandling“, sagte seine Stimme ganz nah an ihrem Ohr. Seine Lippen glitten über ihren Hals. Er küßte sie sanft, und sie konnte sich einen kleinen Angstlaut nicht verkneifen. Dann spürte sie, wie er ihre Gedanken festhielt und streichelte. Sie haßte es. Er tat etwas mit ihr. Sevyo, das tue ich nur für dich, dachte sie. Seine Zähne sanken in ihr Fleisch. Sie zuckte zusammen.
Es tat kaum weh. Sie fühlte, wie ihr Blut mit einem Mal gegen den Strom floß, zu ihm. Sie schloß die Augen, versuchte, an Sevyo zu denken und an die Zeit, die sie mit ihm verlebt hatte, an ihre unschuldigen Kinderspiele. Ein schwindliges Summen erfaßte und irritierte sie, behinderte sie aber nicht. Sie fühlte ein Sehnen. Sie hatte sich noch nie so sehr gesehnt. Nur – wonach?
Fürsorglichkeit, hatte der Vampir es genannt. Er lebte nicht von Fürsorglichkeit. Er trank ihr Blut, nährte sich von ihr, sie spürte seine Zähne in ihrer Ader, den Rhythmus seines Saugens und nun auch deutlich seinen maßlosen Hunger, seine Gier, sein allzu großes Verlangen. Er lag schwer auf ihr, in ihren Armen. Wenn sie sich wehrte, konnte er tiefer in ihren Verstand eindringen und ihn unterwerfen. Sie bemerkte magische Beeinflussung, doch bekämpfen konnte sie sie nicht.
Sie fühlte, wie ihr Körper auf sein Eindringen reagierte. Ihr Atem ging in lauten Zügen. Er versuchte, ihr das Gefühl zu vermitteln, daß sie mochte, was er tat; sie bemerkte sein Bemühen, war aber hilflos, etwas dagegen zu unternehmen. Sie war nicht sicher, ob er das aus Anstand tat, um ihr das Unsägliche angenehmer zu machen, oder ob er sich einfach nur Freiheiten herausnahm. Die Reaktion ihrer eigenen Physis war ihr mehr als peinlich, und sie spürte,
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