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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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können ihn anfassen, ohne zu verbrennen. Ich nicht. Unten am Boden ist ein zweiter Riegel, den müssen Sie auch noch öffnen.“
    Der zweite Riegel bewegte sich nicht so einfach wie der erste, und sie unterdrückte einen Schmerzenslaut, als noch ein Fingernagel sich nach hinten bog und brach. Doch dann zog sie die Klappe auf.
    „Gutes Mädchen“, lobte er, und sie war plötzlich unbeschreiblich stolz. „Ich fürchte, Sie müssen mich herausziehen. Bitte seien Sie vorsichtig und kommen sie nicht mit mir an die Stäbe. Sonst halten Sie bald einen ziemlich toten Mann in Händen.“
    Er wand und schlängelte sich innerhalb des Käfigs herum und zischte dabei vor Schmerz. Er hörte auf, sich zu bewegen, als er mit dem Kopf in ihre Richtung lag.
    „Glauben Sie, Sie schaffen es? Sind Sie stark genug?“
    Sie holte tief Luft.
    „Ich bin nicht schwach, Graf Arpad“, antwortete sie. „Allerdings gebe ich zu, daß ich Angst habe, Sie dabei noch schlimmer zu verletzen. Doch wir haben nicht viel Zeit. Draußen war ein Posten. Ich habe ihn mit meiner Kohlenschaufel auf den Kopf geschlagen, aber ich weiß nicht, wann er wieder aufwachen wird.“
    Sie sah, wie ein leichtes Lächeln über seine Züge glitt.
    „Sie sind eine Frau nach meinem Herzen. Haben Sie keine Angst um meine Verletzungen. Solange Sie mich nicht mit dem Kalteisen in Berührung bringen, kann alles heilen.“ Er holte tief Luft, bereitete sich auf das Martyrium vor. „Jetzt.“

Kapitel 14
    Die Zeit hatte sich verändert. Er hatte die Fähigkeit verloren, sie zu bemessen. Vielleicht war die Meßgrundlage anders geworden. Anders und völlig unverständlich. Er hatte keine Ahnung, wie lange er schon im Dunkeln lag. Viel zu lange. Tage waren keine Einheiten mehr, definierten sich nicht ohne Licht. Sie bedeuteten nichts. Gott hatte als erstes Tag und Nacht erschaffen. Das ergab Sinn, wenn man darüber nachdachte. Ohne die Erfindung des Tages hätte man am siebenten nicht ruhen können.
    Diese Idee beunruhigte ihn, denn sie war weitaus blasphemischer, als er sein wollte. Was war nur geschehen, das ihn so despektierlich gemacht hatte? War er überhaupt je fromm gewesen?
    Dunkel konnte er sich erinnern, religiösen Unterricht erhalten zu haben, die Grundlage seines Glaubens, dessen er sich kaum noch entsann. Drei Frauengesichter lächelten seinen Anstrengungen zu. Sie waren attraktiv, alle drei, jede auf ihre Art, jugendfrisch und rein, innig und fürsorglich, alt und weise.
    Heilige? Dachte er an Heilige? Er war kein Papist. Heilige sagten ihm nichts. Er war das, was sein Vater auch mit Nachdruck war, ein eingefleischter ... irgendwas. Was, war ihm entfallen. Dabei hätte er sich gerne erinnert, war sich sicher, daß er – könnte er sich nur entsinnen – auch um göttlichen Beistand bitten konnte. So wie man das tat. So wie man ihn das gelehrt hatte.
    Sie waren nicht gekommen. Sie hatten ihn mit seinem schwindenden Leben allein gelassen, und er wäre im Salz vergangen, hätte er nicht ein Leben entleihen können. Er hatte es gefunden. Sie hatten einander gefunden, waren eins. Zwillingsbrüder, wie Tag und Nacht, zu einer Einheit zusammengezwungen.
    Er wußte nicht, was er da dachte. Unsinnige Gedankenfetzen jagten durch sein Hirn, spiegelten Bilder aus seiner Seele wider, die er nicht verstand, nicht zu ergründen vermochte. Er hatte keinen Verständnishorizont, sie zu begreifen.
    Manchmal schien ein Teil seiner selbst zu verschwinden, sich in den Schatten seiner nur noch saumselig flackernden Seele zu verkriechen. Wie eine erlöschende Kerzenflamme war er, eine Lampe, die nur dazu gut war, die Schatten zu betonen anstatt Licht zu geben, und in jedem dieser Schatten lag ein Teil von ihm und wartete auf etwas, an das er sich doch nicht erinnern konnte, oder versteckte sich vor etwas Grauenhaftem, das genauso wenig zu fassen war. Nur daß es ihn nicht finden sollte, war sicher.
    Wenn er die fremde Macht durch das Salz kriechen spürte, versuchte er, tot zu sein. Solange er tot war, war er in Sicherheit. Lebend würden sie ihn finden. Doch Salz lebte nicht. Es sah nur so aus, glitzerte im Dunkeln, leuchtete rot im Licht. Irgendwann einmal vor Äonen war er ein Meer gewesen. Das war lange her, so lange – und irgendwann einmal war er ein Junge gewesen. Das schien auch lange her zu sein, länger, als sein Gedächtnis reichte. Er war ein Gefäß für Sehnsüchte und unerwartete Einfälle gewesen, für Ideen und Eskapaden. Doch er war auch Teil des Berges. Seine

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