SAM
um dein und das Leben deiner Söhne. Oder kannst du es nicht ertragen auf ewig ohne einen Partner weiter existieren zu müssen, ohne Zukunft, allein und einsam? Wie sehr verabscheust du es, dass ausgerechnet Alexander seine Gefährtin gefunden hat, während deine Söhne immer noch unvermählt sind und deine Linie auszusterben droht. Wie tief sitzt der Stachel des Neides und der Missgunst, dass Alexander sein Glück gefunden hat, und wir in der Lage sind Nachkommen zu haben?“
Ich bebe vor Zorn und habe die Hände zu Fäusten geballt: „Nein, Margarete, ich werde Alexander nicht aufgeben! Niemals!“ Meine Augen brennen sich in die ihren. Ihr Gesicht ist starr und ausdruckslos wie immer, doch aus ihren Augen schießen Pfeile puren Hasses auf mich.
„Das wirst du noch bereuen“, zischt sie, bevor sie die Lippen fest aufeinander presst, sich umdreht und mit erhobenem Haupt mein Zimmer verlässt. Ich habe keine Ahnung, was in mich gefahren ist. Ich habe mich eben mit einem Vampir angelegt, für den es normalerweise eine Kleinigkeit wäre, mich für immer zum Schweigen zu bringen. Woher habe ich den Mut und die Unverfrorenheit aufgebracht, ihr derart gegenüberzutreten? Und dennoch hat sie mir nichts angetan. Ist ihr Respekt vor Alexander so groß oder warum hat sie die Demütigung, die ich ihr zugeführt habe, hingenommen? Ihre Drohung, dass ich es bereuen werde, ihr derart unverschämt Paroli geboten zu haben, ist gewiss nicht zu unterschätzen. Oder hat sie mit „bereuen“ gemeint, dass ich mein Bekenntnis zu Alexander bereuen werde? Schon einige Male habe ich gehört, wenn auch nur in Andeutungen, dass Alexander etwas Besonderes ist, ein Vampir mit außergewöhnlich ausgeprägten Fähigkeiten. Immer wieder wurde betont, dass er gefährlich, unberechenbar und stark ist. Mächtig, war eines der Worte, die in diesem Zusammenhang gebraucht wurde. Von Luca, Francesca, Jonathan, Madelaine…und hat Margarete durch ihr Verhalten eben diese Aussagen nicht auch bestätigt? Ich versuche diese Auseinandersetzung mit Margarete für ein paar Augenblicke aus meinen Gedanken zu verbannen. Dennoch bin ich auch jetzt noch innerlich aufgewühlt, von den Ereignissen des Tages und von dem, was mir die Zukunft bringen wird. Und mit einem tiefen Gefühl der Ungewissheit, wie es in einem Leben weitergeht, beginne ich schließlich zu packen…
Auf der Fahrt zum Flughafen spricht keiner von uns ein Wort. Erst als wir vor Lucas Privatjet vorfahren und uns von Francesca und ihrem Bruder verabschieden, bringe ich mühsam ein paar Worte hervor.
„Vielen Dank für alles“, sage ich mit tränenerstickter Stimme zu meiner Freundin. Sie nimmt mich in den Arme und drückt mich fest an sich.
„Pass auf dich auf, Sam. Es tut mir so schrecklich leid, dass deine Hochzeit so enden musste“, sagt sie leise gegen meine Schulter. Wir lösen uns voneinander und sie versichert mir: „Mach dir keine Gedanken um deine Freundinnen und den Priester. Ich werde mich um sie kümmern und lasse dich wissen, wie ich ihnen eure plötzliche Abreise erklärt habe.“
Ich bewundere Francesca. Sie ist so unglaublich gefasst und stark. Wir schenken uns noch ein allerletztes zaghaftes Lächeln und schon drängt mich Alex in den Jet. Ich schenke Luca noch einen letzten Gedanken, bevor sich die Kabinentür hinter mir schließt:
„Bitte pass auf deine Schwester auf, Luca. Ich habe Angst um euch und könnte es nicht ertragen, wenn euch etwas zustößt. Denk immer daran, ihr seid meine Familie. Ich liebe euch.“
Ich sitze am Fenster und werfe noch einen allerletzten Blick auf Luca, der seine Schwester liebevoll in den Arm nimmt und mir ein Lächeln zur Bestätigung schenkt.
„Du musst dich anschnallen, Sam“, werde ich von Alex ermahnt. Schon setzt sich die Maschine in Bewegung.
„Was wird uns in den Staaten erwarten?“, frage ich leise flüsternd meinen Ehemann, dessen Gesichtszüge ernst und sorgenvoll sind. Er dreht sich zu mir und versucht gar nicht erst die Wahrheit vor mir zu verbergen.
„Es wird Krieg geben, Samantha.“ Ich wende mich von ihm ab und starre hinaus in die Nacht. Leb wohl, mein wundervolles Italien. Auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen…“
Teil 3
Kapitel XIV
Ich sitze in der ersten Klasse einer Passagiermaschine der Canadian Airways nach
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