SAM
Zeigefinger.
„Ich werde hier bleiben. Ich komme erst später nach. Und dann werden wir zunächst bei Margarete wohnen müssen. Ich habe mir zwar bereits einige Häuser angesehen, aber ich konnte nicht ahnen, dass wir doch so bald hier leben werden.“ Er sieht mich entschuldigend an.
„Du weißt aber schon, dass mich Margarete nicht mag und ich mich in ihrer Gegenwart nicht besonders willkommen fühle?“, funkel ich ihn böse an.
„Es geht nicht anders“, flüstert er zurück.
„Alex ich will nicht ohne dich sein. Du kannst mich nicht einfach in ein Haus mit Vampiren stecken, die ich kaum kenne und die mir nicht freundlich gesonnen sind.“ Meine Stimme hat fast schon einen hysterischen Ton angenommen.
„Sie werden dir nichts antun, hab keine Angst. Auch wenn ihr ein paar … Schwierigkeiten am Anfang hattet, Tante Margarete wird dich genauso beschützen, wie ich es tun würde“, versichert er mir. Ich schaue ihn mit entsetzten und traurigen Augen an. Ich habe ihm bisher nichts von der kleinen Auseinandersetzung mit Margarete gesagt und habe es eigentlich auch nicht vor. Das würde ja fast so aussehen, als würde ich mit solchen Dingen nicht auch alleine fertig werden. Natürlich ist mir auch klar, dass, wenn Alex sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ich keine andere Wahl haben werde, als mit seiner Familie nach Kanada zu gehen. Dennoch versuche ich noch eine letzte Chance zu ergreifen.
„Kann ich nicht bei dir bleiben? Bitte! Ich werde auch nichts sagen, dich nicht stören und mich absolut zurückhalten. Du wirst kaum merken, dass ich da bin. Bitte lass mich nicht allein mit Margarete. Alles was ich will, ist bei dir sein“, flehe ich ihn an und versuche wieder meinen Bettelblick aufzusetzen, was mir jedoch misslingt, da ich kaum noch die Augen aufhalten kann.
„Nein!“, ist seine unnachgiebige Antwort. Ich schaue in seine Augen und bin furchtbar enttäuscht und traurig. Er spürt es und fügt hinzu:
„Es ist zu gefährlich. Ich werde mich mit einigen unserer Art treffen, die ich noch nie zuvor kennengelernt habe. Außerdem wird Balthasar jeden meiner Schritte beobachten und versuchen mich zu jagen. Ich bin einfach schneller und besser vorbereitet, sollte ich auf ihn treffen, wenn ich alleine bin und nicht auf dich aufpassen muss.“
Das saß! Und es tat weh! Im Grunde hat er eben nichts anderes gesagt, als dass ich eine lästige Gefahr für ihn bedeute. Ich wende mich von ihm ab und ringe mit den Tränen. Gleichzeitig versuche ich meine Gedanken zu verschließen und meine Emotionen zu kontrollieren,…ganz schön viel auf einmal und erst recht, wenn man so verdammt müde ist, wie ich es bin.
„Es tut mir leid, Sam. Aber es ist wirklich zu deinem Besten…“ Ich drehe meinen Kopf schnell zu ihm und funkel ihn böse an: „Sag du mir nicht, was für mich am besten ist. Ich bin jahrelang alleine klar gekommen und weiß selbst, was für mich gut ist und was nicht.“ Ich schaue ihn lange an und der Blick aus meinen Augen muss eindeutig sein, denn er sieht betroffen nach unten. Ich drehe mich von ihm weg, nehme meinen IPod, stecke meine Kopfhörer in die Ohren und drehe die Musik auf volle Lautstärke.
„Mrs. DeMauriere, bitte, sie müssen sich anschnallen, wir werden jeden Augenblick landen.“ Ich schaue in das freundliche Gesicht der Stewardess und komme erst langsam wieder zu mir. Ich bin offensichtlich doch eingeschlafen. Ich richte mich auf und bemerke erst jetzt, dass ich in ein Kissen eingekuschelt war und jemand eine Decke über mich gelegt hat. Mein IPod liegt ordentlich auf dem kleinen Abstelltisch vor mir. Der Sitz neben mir ist leer. Ich schaue um mich und entdecke Alexander, wie er gerade aus der Toilette kommt. Als er vor mir steht und auf mich herab sieht, weiß ich sofort, wer sich so um meinen Schlummer bemüht hat.
„Geht es dir etwas besser?“, erkundigt er sich sofort.
„Ja, etwas“, ist alles, was ich zu sagen habe. Er setzt sich wieder neben mich und sieht mich von der Seite an.
„Was?“, zische ich ihn an, denn ich bin noch immer sauer auf ihn. Er sagt nichts, dreht sich zum Fenster und sieht hinaus. Ich starre auf den Bildschirm vor mir und verfolge den animierten Landeanflug auf den John F. Kennedy Airport. Aber meine Gedanken drehen sich immer noch um Alexanders Entscheidung, mich bei seiner Tante zu lassen. Ich kann, ich will dort nicht hin. Margarete hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie mich niemals als Alexanders Frau akzeptieren wird und
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