SAM
Motor und löscht das Licht. Wir bleiben für einige Augenblicke still im Dunkeln sitzen.
„Okay, ich denke, wir können los“, gibt er leise das Kommando und schon öffnen wir gleichzeitig unsere Türen und steigen aus. Sofort umhüllt mich die Stille und die Kälte dieser Nacht. Alexander geht vor und gibt mir zu verstehen, dass ich hinter ihm bleiben soll. Langsam geht er auf das verfallene Haus zu und steigt die Treppe zum Eingang hinauf. Er öffnet lautlos die Tür und wir betreten einen dunklen Flur. Es ist unheimlich still. Mein Herz schlägt wild gegen meine Brust und mein Atem geht stoßweise vor Aufregung. Alle Nervenfasern sind aufs Äußerste angespannt. In dem Haus riecht es nach kalter, abgestandener Luft und verfaulendem Holz. Unter unseren Füßen knarren die verrottenden Dielenbretter, als wir uns langsam dem Wohnbereich nähern. In dem düsteren Raum rechts von uns, sehe ich eine große, dunkle Gestalt stehen. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich bin furchtbar angespannt. Alexander steht neben mir und hält mich für einen Augenblick an meinem Unterarm zurück.
„Ich bin zu spät gekommen“, höre ich eine mir bekannte Stimme resigniert sagen. Den Vampiren macht die Dunkelheit nichts aus, ich jedoch muss die Augen zusammenkneifen, um überhaupt etwas zu erkennen. Ganz langsam gewöhne ich mich an die Dunkelheit und erkenne jetzt deutlich Rhys, der inmitten des Raumes steht und den Kopf gesenkt hat. Alexander geht zu ihm und stellt sich neben ihn. Dadurch versperrt er mir den Weg und die Sicht auf das, was sich den beiden Männern offenbart. Ich nehme plötzlich diesen seltsamen Geruch wahr: süßlich, beißend und überaus unangenehm. Ich halte mir die Hand vor die Nase. Ich versuche mich an Alex vorbei zu drängen, denn ich vermute, dass meine ungute Vorahnung sich nun doch bewahrheiten wird. Alex hält mich jedoch zurück, in dem er sich zu mir dreht und leise sagt: „Es ist Francesca! Sie ist tot!“ Ich schüttle den Kopf, will es nicht wahrhaben. „Nein!“, rufe ich aus. „Nein, nicht Francesca!“ Entsetzen klingt in meiner Stimme. Alexander hält mich fest. Ich wehre mich, muss mit eigenen Augen sehen, was nicht sein darf, nicht sein kann.
„Nein, Sam, nicht!“, sagt er bestimmt, um mir den Anblick zu ersparen. Ich blicke mit Tränen in den Augen zu ihm auf. „Ich muss sie sehen, Alex, ich muss!“ Er zögert, sieht mich mit ernsten Augen prüfend an und nickt schließlich. Er geht einen Schritt zur Seite und lässt mich einen Blick auf das Unfassbare werfen. Vor mir auf dem Boden liegt ein Körper, soviel kann ich in der Dunkelheit erkennen. Ich gehe noch einen Schritt näher und schrecke sofort zurück, denn ich trete in eine Lache, die sich dunkel vor mir ausbreitet. Blut! Ich stehe in Francescas Blut! Mein Herz hämmert gegen meine Brust und meine Anspannung ist kaum noch auszuhalten. Ein entsetzter Schrei entfährt meinen Lippen, als sich mir der blanke Horror darbietet. Ich starre auf das leblose Etwas, das einmal meine Freundin war. Francesca liegt auf dem Rücken, ihre Kehle ist aufgerissen und ihre Gliedmaßen liegen unnatürlich verdreht um ihrem Körper. Ihre Augen sind geschlossen und liegen tief in den Höhlen und ihre Lippen sind zu schmalen Strichen zusammengepresst. Ihre Haut ist übersät von dunklen Flecken. Ihre Handgelenke sind ebenfalls aufgerissen und blutverkrustet. Ihre Haut sieht aus wie weißes Pergamentpapier und ist straff über ihren Körper gespannt. Die Knochen treten deutlich darunter hervor. Fast könnte man meinen, ihr Körper wäre mumifiziert. Jetzt ist es endgültig um meine Fassung geschehen. Ich taumle rückwärts hinaus aus dem Haus und übergebe mich sogleich neben den Stufen zum Eingang. Ich zittere am ganzen Körper und kann das Grauen, das sich meiner bemächtigt, kaum ertragen. Nach einigen Augenblicken kommt Alex zu mir. Immer noch am ganzen Körper zitternd, sehe ich ihn aus tränenüberströmten Augen an.
„Warum? Warum sie? Sie hat niemandem etwas getan!“ Heftiges Schluchzen begleitet meine Worte. Alexander nimmt mich in seine Arme und versucht mich zu trösten. Aber wie soll man Trost spenden in einer Welt, die so brutal und erbarmungslos ist. Schließlich bringt er mich zum Auto.
„Francescas Leichnam wird gleich abgeholt. Ich möchte, dass du hier auf mich wartest. Jetzt muss alles sehr schnell gehen.“ Er klingt gefasst und doch merke ich am leichten Zittern seiner Stimme, dass Francescas Tod ihm sehr
Weitere Kostenlose Bücher