Samantha Dyson 02 - Verhängnisvolle Jagd
finden. Dabei wusste sie noch nicht einmal, was ihr genau fehlte, es war einfach ein unbestimmtes Gefühl, das sie immer weiterdrängte. Laurel tauchte aus ihren trüben Gedanken auf und bemerkte, dass Rey geduldig vor ihr stand und anscheinend auf eine Antwort oder eine Reaktion von ihr wartete.
Sie seufzte. »Sieht so aus.«
Mit den Fingerspitzen berührte er ihren Arm. »Versuchen Sie, die Unannehmlichkeiten zu ignorieren und nur diese grandiose Natur wahrzunehmen. Die Pflanzen und Tiere, die saubere Luft, den Gesang der Vögel. Es ist ein großes Privileg, hier sein zu dürfen und das alles zu genießen.«
Laurel zog eine Augenbraue hoch. »Was sind Sie, Werbetexter für Afrikareisen?«
Rey lachte überrascht auf. »Nein. Wahrscheinlich habe ich wieder ein bisschen dick aufgetragen, aber im Grunde ist es doch so: Nicht jeder hat die Möglichkeit, das hier zu erleben. Wir sollten froh sein, dass wir hier sind.«
Laurel nickte nachdenklich. »Sie haben recht, ich werde versuchen, Ihren Ratschlag zu beherzigen.« Sie setzte ihren Weg fort, um sich kurz darauf noch einmal umzudrehen. »Diese Toilette werde ich trotzdem nicht benutzen.«
Reys fröhliches Lachen folgte ihr zurück bis ins Lager. Merkwürdig, wie schnell sie sich an seine Gesellschaft gewöhnt hatte, entgegen ihrer anfänglichen Skepsis. Er brachte sie sowohl zum Nachdenken als auch zum Lachen, rückte vieles, worüber sie sich alleine wahrscheinlich furchtbar aufgeregt hätte, in eine andere Perspektive. Obwohl sie ihn kaum kannte, erschien er ihr wie der ruhende Gegenpol zu dem Nervenbündel, das sie war. Sie schüttelte den Kopf. So ein Unsinn, sie wusste weder genau, wer dieser Mann war, noch was er machte. Und wollte es auch gar nicht wissen. Oder?
5
»… an einigen Suhlplätzen vorbeigehen und versuchen, Tiere zu beobachten. Am späten Nachmittag treffen wir dann wieder im Camp ein. Wenn alles glattgeht.« Dabei grinste Jim. »Und denkt daran, das Gewehr haben wir nicht dabei, um die Tiere zu erschießen, sondern nur, um euch notfalls den Gnadenschuss zu geben.«
Laurel zog eine Grimasse. Sehr beruhigend! Vor allem, da man bei Jim nie genau wusste, ob er sich wieder einmal einen Scherz erlaubte oder es tatsächlich so meinte. Nachdem sie etwas getrunken und eine Kleinigkeit gegessen hatten, führte Jim sie, beladen mit kleinen Rucksäcken, wieder auf einem schmalen Trampelpfad vom Lager fort. Diesmal hatte er eine lange Hose angezogen, während die anderen, bis auf Laurel und Rey, immer noch ihre Shorts trugen. Es würde bestimmt nicht angenehm werden, durch die scharfkantigen Gräser und teilweise fingerlangen Dornen zu laufen, schon gar nicht in Shorts. Aber wahrscheinlich gehörte das für die anderen einfach zu einer Wandertour durch die Wildnis dazu.
Im Geiste ging Laurel die Formulierungen durch, mit denen sie das bisher Erlebte beschreiben würde. Sie unterdrückte ein Kichern, als sie feststellte, dass wohl eher eine Satire als ein ernst zu nehmender Abenteuerbericht daraus werden würde. Leider ging es ihr zu spät auf, dass sie für diese Art von Reportage wohl nicht unbedingt die geeignete Person war. Sie war ein Stadtmensch, um wilde, unberührte Natur machte sie gewöhnlich einen weiten Bogen. Ihre einzige Rettung für den Artikel und damit ihren guten Ruf als Journalistin wäre, wenn noch etwas Ungewöhnliches passierte.
»Was ist so lustig?«
Reys geflüsterte Frage ließ sie über die Schulter zurückblicken. Er folgte ihr wortwörtlich auf dem Fuß – noch ein Stückchen näher, und er würde ihr in die Hacken treten. »Nichts. Alles.«
»Aha.«
Erneut bekämpfte Laurel den Lachreiz. Erstaunt stellte sie fest, dass ihr die Unternehmung allmählich wirklich Spaß machte. Die Landschaft war reizvoll, die Gesellschaft kurzweilig, und sie hatte sich sogar mit der Toilettensituation abgefunden. Wahrscheinlich war es nicht zuletzt Reys Anwesenheit, die ihr half, sich an alle Gegebenheiten anzupassen. Ein seltsam entspanntes und unbesorgtes Gefühl machte sich in ihr breit. Und als sie sich kurz umschaute und Rey anblickte, kam ihr auf einmal der Gedanke, dass es wirklich sehr einfach wäre, sich auf eine kurze Affäre mit ihm einzulassen. Abrupt schob sie diese Idee jedoch wieder von sich. So etwas kam gar nicht infrage, sie war aus rein beruflichen Gründen hier.
Wie zuvor liefen sie einen schmalen Trampelpfad entlang, der sie über magere Grasflächen, durch lichte Wälder und dornige Büsche führte. Die Sonne
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