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Samarkand Samarkand: Roman (German Edition)

Samarkand Samarkand: Roman (German Edition)

Titel: Samarkand Samarkand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Politycki
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ist kein Liebender, der nicht/den Mond vom Himmel rauben wollte.«
    Da fuhr der Fahrer vor, einer von Feisullas Männern sprang und öffnete den Schlag. Der General sah plötzlich müde und traurig aus.

    Die Fahrt ging nach Mugolon, schon in den Ausläufern des Turkestanrückens gelegen, die letzten Häuser fast am Grenzzaun der Russen. Weinrebenbedachte Vorplätze. Ansonsten die üblichen Barrikaden aus Containern und gefällten Bäumen, Sandsäcke, mit Brettern vernagelte Geschäfte. In einem halbhoch umzäunten Geviert sah man ein paar Männer mit riesigen Scheren bei der Schafschur, die Tiere lagen ganz ruhig und ließen’s geschehen. Dunkelbraune Wollvliese hingen überm Zaun. Wenige Meter dahinter lagerte ein schwarzweiß gefleckter Stier am Straßenrand, an einem Strommast angeseilt, mit Wiederkäuen beschäftigt.
    Der Fahrer kurbelte das Fenster herunter und rief nach Taifun. Schließlich kam ein junger Kerl aus einem Haustor, allerdings nur, um entschlossen auf den Stier zuzuhalten. Er schien in Eile, zog den Stier kräftig am Schwanz, auf daß er sich erhob. Nach kurzem Wortwechsel mit dem Fahrer verschwand er wieder in der Toröffnung, der Stier trabte munter hinter ihm her. »Bye-bye, gentleman!«, verabschiedete sich Kaufners Fahrer, brauste davon. Kaufner sah der Staubwolke hinterher, dann ging er dem Kerl nach ins Haus.
    Schritt einen dunklen Gang entlang, der nach wenigen Metern in einen Stall mündete. Obwohl alle Boxen leer waren, roch es darin nach Kühen und Heu, nahezu anheimelnd gemütlich. Direkt anschließend hinterm rückwärtigen Ausgang des Stalls ein niedriger Raum mit lehmgestampftem Boden, vielleicht fünf mal fünf Meter, von Glühbirnen befunzelt.
    Und da stand auch wieder der Stier, mit beiden Hörnern an Haken gefesselt, die aus der Wand ragten. Der Kerl und ein anderer waren bereits dabei, die Vorderbeine zusammenzubinden. Der Stier schiß vor Angst, brüllte aber nicht. Bald fiel er auf die Knie. Zwei weitere Jungs schleiften Messer, keiner grüßte oder nahm sonderlich Notiz von Kaufner. Als er nach Taifun fragte, wiesen sie kurz auf den, der den Stier geholt hatte; mittlerweile waren er und der andere dabei, die Hinterbeine aneinanderzubinden, ein paarmal bekam der Stier dabei ein Bein frei, schließlich fiel er um.
    Wenige Atemzüge später, man hörte ihn heftig schnaufen, waren alle vier Beine zusammengezurrt. Man schleifte ihn daran zu einer leidlich großen Grube im Boden, dort verschnürte man ihm noch das Maul. Ausgerechnet jetzt klingelte Taifuns Handy, irgendwer informierte ihn, daß er demnächst Besuch bekomme. Taifun brummte, der Besuch sei schon da, er wolle offensichtlich Blut sehen. Gelächter.
    Dann ging es sehr schnell. Taifun nahm das kleinste Messer und setzte damit einen tiefen Schnitt in der Gurgel des Stiers. Ein kräftiger Strahl, schoß das Blut hervor und an die Wand, pumpte einige Herzschläge lang heftig dagegen; erst als der Druck nachließ, sprudelte es gurgelnd in die Grube. Der Stier zuckte, grunzte, zitterte, bäumte sich noch einmal auf. Erst jetzt merkte Kaufner, daß er nach seinem Wolfszahn gegriffen hatte, daß er sich nach wie vor daran festhielt. Indem er die Hand langsam löste, lachten sie alle rundum auf, er hatte sich als Mann blamiert, würde es nie wieder gutmachen können.
    Die Wand war mannshoch voller Spritzer, das Loch randvoll mit dickem dunkelrotem Blut. Taifun trennte den Kopf vollständig vom Hals, die Nerven des Stiers zuckten noch. Dessen ungeachtet drehte man ihn mit vereinter Kraft auf den Rücken, schnitt ihm das Fell auf. Inzwischen waren sechs, acht Männer oder Halbstarke im Raum; tatsächlich arbeiteten, abgesehen von Taifun, immer nur deren zwei oder drei. Die meisten schauten zu oder warteten auf ihren Einsatz, Klingenwetzen, Wasserholen, Blutwischen, der eine oder andere gab sogar Erklärungen (die Gnade des Schlachters bestehe darin, das Messer im Rücken des Stiers zu schleifen, auf daß er’s nicht mitbekomme), obwohl Kaufner gar nicht darum gebeten hatte.
    Bevor der Stier zerlegt wurde, brach man ihm eines der hinteren Knie, schnitt es durch, warf den Unterschenkel in eine Ecke. Während der Oberschenkel an der Decke angeseilt wurde (damit man besser hantieren könne), brach man reihum die verbliebenen Knie. Bei den Vorderbeinen konnte man dazu den eignen Oberschenkel zu Hilfe nehmen. Dann hielt jeweils einer den Huf, ein anderer schnitt das Knie durch; die Unterschenkel warf man ins Eck (daraus würden die

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