Sambanächte mit dem Playboy
so nicht erwartet hätte.
Und eine Warnung, weil es deutliche Parallelen zwischen ihm und ihrem Ex gab. Auch ihr Exfreund war sehr gutaussehend gewesen und hatte über ein gewisses Charisma verfügt – zumindest bis sie den Lack abgekratzt und den faulen Inhalt darunter freigelegt hatte.
„Ich besorge den Kaffee“, sagte er. „Suchen Sie doch in der Zwischenzeit einen Tisch aus, ja?“
Sie erschauerte, als er sie kurz an der Schulter berührte. Er musste es bemerkt haben, denn in seinem unverwandten Blick lag nun eine Spur Belustigung. „Vielleicht möchten Sie sich den Schlamm auf Ihrem Rücken erst ein wenig abwischen?“, sagte er diskret.
Holly verdrehte den Kopf und stöhnte.
„Die Damentoilette ist gleich dort drüben“, schaltete sich eine Kellnerin freundlich ein.
„Lassen Sie Ihren Koffer am besten bei mir.“
Holly blickte den Mann an und wägte ihre Möglichkeiten ab. Sie konnte ihr Gepäck bei jemandem lassen, den sie nicht kannte, oder sich mühevoll den Weg mit dem Koffer im Schlepptau durch das Café bahnen.
„Sie können mir vertrauen“, beruhigte er sie, so als habe er ihre Gedanken gelesen.
Man weiß doch ganz genau, was von Leuten zu halten ist, die einem sagen, man könne ihnen vertrauen, dachte Holly.
„In meinem Fall stimmt es“, fügte er hinzu, so als schaue er direkt in ihren Kopf.
Sie ließ den Koffer bei ihm.
Während sie die amüsierten Blicke der schicken Café-Gäste zu ignorieren versuchte, marschierte Holly auf die Damentoilette zu, wo sie sich rasch säuberte. Eigentlich hatte sie für solche Trendschuppen wie dieses Café nichts übrig, aber das war nun wirklich kein Grund, einen attraktiven Mann hängen zu lassen. Als sie zu ihm zurückkehrte, las er gerade den Wirtschaftsteil der Zeitung. Ihr Koffer stand zu seinen Füßen auf dem Boden. „Ich wusste nicht, was Sie bestellen wollen“, sagte er und legte die Zeitung zur Seite.
„Latte macchiato und ein Tomaten-Mozzarella-Ciabatta? Sie verwöhnen mich …“
„Nein“, widersprach er. „Ich habe mir nur einen Lunch bestellt und dachte, Sie hätten vielleicht auch Hunger.“
„Vielen Dank.“ Ein ehrlicher Mann war eine erfrischende Abwechslung. „Es sieht köstlich aus, Mr …?“
„Nennen Sie mich Ruiz“, half er ihr weiter und streckte quer über den Tisch die Hand aus.
„Holly.“
Ein Stromschlag durchfuhr ihren Arm, als sie die Hände schüttelten. Außerdem sollte sie ihn wirklich nicht so anstarren. „Ruiz?“, wiederholte sie. „Mir gefällt Ihr Name. Er ist so ungewöhnlich.“
„Meine Mutter hat während der Schwangerschaft zahlreiche Liebesromane gelesen. Vermutlich war es irgendein Held aus einer Mittelmeerromanze.“
„Ich bin an Weihnachten geboren. Deshalb wurde ich Holly genannt – der englische Name für Stechpalme.“
Sie lachten.
Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie sich nicht erinnern konnte, wann sie sich in der Gegenwart eines Mannes zum letzten Mal so wohl gefühlt hatte. Sein Blick wirkte warm und interessiert. Sie wollte mehr über ihn erfahren. „Ich schätze, Sie müssen gerade die Zwischensaison überbrücken und sind deshalb in London …“
„Zwischensaison?“, fragte Ruiz, der sich mit einem Stirnrunzeln zurücklehnte. „Was meinen Sie damit?“
„Skifahren und Surfen? Die Bräune, die Statur …“
„Falle ich wirklich so auf?“
„Ja, das tun Sie.“ Holly lächelte leicht, als Ruiz sich in dem Café umschaute. Er ragte aus der Masse der anderen Menschen eindeutig heraus. „Aber Sie haben einen Hund bei sich“, überlegte sie weiter, „also müssen Sie irgendwo in der Nähe wohnen.“
„Muss ich das?“, fragte Ruiz amüsiert. „Werden Sie immer zum Detektiv, wenn Sie jemanden gerade erst kennengelernt haben?“
„Tut mir leid – das geht mich wirklich nichts an.“
„Keine Ursache, Holly.“
Sie liebte die Art, wie er ihren Namen aussprach – zumindest hatte er ihn sich gemerkt – nicht dass sie ein hässliches Entlein gewesen wäre, aber wenn Schönheit eine Sache von Millimetern war, dann konnte sie einen Extrazentimeter gebrauchen.
Ruiz prostete ihr mit seiner Kaffeetasse zu, worauf Holly sich fragte, ob sie sich nicht zu entspannt fühlte mit einem Mann, von dem sie nichts wusste, und zwar nur, weil sie sich in einer sicheren Umgebung befanden. Das Beste wäre, auszutrinken und zu gehen, entschied sie.
„Ich sollte mich jetzt auf den Weg machen“, sagte sie denn auch, weil sie endlich wieder bei Vernunft war.
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